Die schlagartige Zuspitzung

So früh wie nie zuvor kann der FC Basel den Sprung in die K.o.-Phase der Champions League schaffen. Dafür muss er am Dienstag sein Heimspiel gegen ZSKA Moskau gewinnen. Eigentlich spricht wenig dagegen, dass es den Baslern gelingen sollte.

Eine prächtige Ausgangslage hat sich der FC Basel mit Albian Ajeti und Taulant Xhaka (rechts) durch den Sieg in Moskau für das Rückspiel in Basel geschaffen. (Bild: Reuters/Grigory Dukor)

Der FC Basel hat schon manche schöne Episode geschrieben im Europacup. Ganz frisch sind die beiden Siege gegen Benfica Lissabon und ZSKA Moskau, und diese eröffnen ihm nun die grosse Chance, sich bereits im vierten der sechs Gruppenspiele für die K.o.-Phase zu qualifizieren. Dafür muss er am Dienstag (20.45 Uhr) Moskau ein zweites Mal schlagen und Benfica darf bei Manchester United nicht gewinnen.

Damit erfährt diese Saison, noch bevor es November wird, eine Zuspitzung, mit der wahrlich nicht zu rechnen war, als Ende August die Gruppen ausgelost wurden und sich Basel selbst gegen den aus dem vierten und letzten Topf gezogenen russischen Vizemeister höchstens knapp auf Augenhöhe wähnte. Oder, wie es FCB-Trainer Raphael Wicky ausdrückt: «Wenn das damals jemand vorausgesagt hätte, hätte ich unterschrieben.»

Nun ist es so, dass die Basler gegen Moskau auch verlieren können und je nach Ergebnis in Manchester dennoch das europäische Überwintern so gut wie auf sicher haben. Es sei denn, man hält es für realistisch, dass der FCB im schlechtesten Fall mit einer Niederlage mit sechs Toren Unterschied in Lissabon in der letzten Runde noch den besseren direkten Vergleich aus den Händen geben würde.

Das aktuelle Szenario sieht jedoch so aus: «Die Mannschaft hat sich eine unglaublich gute Ausgangslage erarbeitet, erkämpft und erspielt», sagt Wicky. Die vierte Runde, das Heimspiel gegen ZSKA, erfährt eine unverhoffte Brisanz, einen endspielähnlichen Charakter, was sich auch auf den Vorverkauf niederschlägt: 32’500 Zuschauer, darunter 1000 ZSKA-Fans im Gästesektor, wollen im St.-Jakob-Park dabei sein.

«Wir haben noch eine Aufgabe zu erledigen» – Raphael Wicky, hier nach dem Sieg in Moskau, der dem FCB die Chance zum vorzeitigen Sprung in die Achtelfinals der Champions League eröffnet.

Gewinnt der FCB, schafft er etwas, was ihm noch nie in der Champions-League-Gruppenphase gelungen ist: drei Siege in Serie. 2011/12 gewann er auch drei Mal hintereinander, erst zwei Mal in der Gruppe, in Bukarest gegen Otelul Galati und daheim gegen Manchester United, sowie im Achtelfinal-Hinspiel gegen Bayern München.

Der ZSKA mit einer entgegengesetzten Formkurve

Während der FC Basel Kraft aus einer Serie von acht Spielen ohne Niederlage mit lediglich zwei Gegentoren schöpft, zeigt die Formkurve des ZSKA in die entgegengesetzte Richtung. Die Mannschaft des weissrussischen Trainers Viktor Goncharenko hat nur eines der letzten acht Pflichtspiele gewonnen und dabei bloss zwei Tore erzielt.

Alan Dzagoev (hinten, hier gegen Manchester United und Henrikh Mkhitaryan).

Eine Hoffnung setzen die Moskauer auf den hochgelobten Kreativspieler Alan Dzagoev (27), der an Achillessehnenproblemen laboriert und nun ins Mannschaftstraining zurückgekehrt ist. «Auf ihn müssen wir aufpassen», sagt Wicky, «er ist ein Spieler, der in jedem Moment den Unterschied ausmachen kann mit einem genialen Pass.»

Klar ist: Wenn die Russen, am ersten Spieltag Überraschungssieger in Lissabon, ihre Chance auf die Achtelfinals wahren wollen, müssen sie in Basel gewinnen. Wicky erwartet sie in ihrem eingespielten 3-5-2-System und rechnet nicht damit, «dass sie kopflos alles nach vorne werfen werden».

Wicky warnt: «Noch ist nichts erreicht» 

Seine eigene Mannschaft kann Wicky in der erfolgreichen Formation von Moskau aufs Feld schicken. Vermutlich wieder im auf internationalem Level bewährten Dreierblock in der Abwehr, womöglich aber mit der kleinen Retouche, dass Marek Suchy wieder zentral zwischen Manuel Akanji und Eder Balanta agiert.

Eine mögliche Aufstellung des FC Basel für die Champions-League-Heimpartie gegen ZSKA Moskau.

Vorne ist damit zu rechnen, dass Dimitri Oberlins Stunde wie schon in Moskau eher als Ergänzungsspieler von der Bank schlägt. Dann, wenn ZSKA irgendwann in dieser Partie alles auf eine Karte setzt und Räume öffnet.

Das wäre der Idealfall. Es kann sich aber auch ein ganz anderes Spiel entwickeln, das weiss FCB-Trainer Wicky. Dafür hat er den nüchternen Blick auf das 5:0-Spektakel gegen Benfica einerseits, an einem Tag, an dem alles für den FCB lief. Und andererseits auf das 2:0 in Moskau, wo die Basler ebenso von einer optimalen Spielentwicklung profitierten. Und daraus einen Auswärtssieg machten, für dessen Abgeklärtheit die Mannschaft viel Lob einheimste – und auch für sich selbst reklamierte.

Deshalb muss Wicky auch warnen vor dem Dienstagabend: «Noch ist nichts erreicht. Wir haben noch eine Aufgabe zu erledigen.» Schafft der FC Basel bei seiner achten Champions-League-Teilnahme zum vierten Mal den Sprung über die erste Gruppenphase hinaus, wäre die erste Saison nach dem Umbruch im Club von einem Ausreisser nach oben gekennzeichnet, der die durchwachsene Saison in der Super League überstrahlt. «Dann», sagt Raphael Wicky, «wären wir alle sehr glücklich.»

Und die nächste Zuspitzung folgt sogleich. Fünf Tage nach dem ZSKA Moskau empfängt der FC Basel die Young Boys zum nationalen Gipfeltreffen.

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