Phantastische Exkursion ins ägyptische Totenreich

So faszinierend, brisant und lehrreich kann eine Ausstellung zum ägyptischen Altertum sein: Das Antikenmuseum Basel feiert und fördert mit der Ausstellung «Scanning Sethos» die «Wiedergeburt eines Pharaonengrabes».  

Ausschnitt aus der «Hall of Beauty» (Bild: © Ruedi Habegger, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig)

Vor ziemlich genau 200 Jahren ereignete sich in der Altertumsforschung eine Sensation: Der italienische Jahrmarktkünstler, Ingenieur und Abenteurer Giovanni Battista Belzoni entdeckte im ägyptischen Tal der Könige das erste und zugleich grösste sowie prächtigste der berühmten Pharaonengräber. Weil Hieroglyphen damals noch nicht entziffert werden konnten, wurde der Name des dort beigesetzten Pharao Sethos I. erst später bekannt.

Die Endeckung beflügelte die Ägyptomanie in den Metropolen Europas. Doch die Geburtsstunde der wissenschaftlichen Ägyptologie läutete auch die schleichende Zerstörung der phantastischen Grabanlage ein. Denn die grossen Museen in Berlin, London und Paris befanden sich im Wettstreit, wer die spektakulärsten Funde präsentieren konnte. Wandbilder wurden abgespitzt und – sofern sie nicht in Trümmer zerfielen – abtransportiert.

Der Grabentdecker Giovanni Battista Belzoni (rechts) neben einem anderen grossen Entdecker der Zeit: Johann Ludwig Burckhardt alias Scheich Ibrahim.

Unsachgemässe Abgussversuche bei Reliefbildern sowie ungünstige klimatische Bedingungen hinterliessen weitere gravierende Schäden. 1990 wurde das 117 Meter lange Felsengrab deshalb für das Publikum geschlossen.

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Was hat das alles nun mit Basel zu tun? Sehr viel, wie die wunderbare und ausgesprochen lehrreiche Ausstellung im Antikenmuseum Basel zeigt:

  • Erstens kann man durch die schönsten der vielen Räume der Grabanlage schreiten – unter anderem durch die hinreissende «Hall of Beauty» oder die spektakuläre Säulenhalle, die mit ihrer Bemalung einzigartige Einblicke in die damaligen Vorstellungen des Totenreichs gewähren. Natürlich steht im Museum nicht das Original, sondern ein Nachbau, der sich aber erst als solcher offenbart, wenn man an die Wände klopft und merkt, dass sie aus Kunststoff bestehen.
  • Zweitens dokumentiert die Ausstellung minutiös die Entdeckungsgeschichte, den Prozess der Zerstörung und nicht zuletzt auch die Bemühungen, dieses Highlight der Kunst- und Kulturgeschichte wissenschaftlich aufzuarbeiten, wieder zusammenzusetzen und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Und hier spielt Basel, namentlich das Ägyptologische Seminar der Universität Basel, eine massgebliche Rolle. Im Rahmen des «University of Basel Kings‘ Valley Project», sammeln Forscher in den Trümmerhaufen seit Jahren Fragmente der abgeschlagenen Wandbilder, um sie wie Puzzleteile so gut wie möglich wieder zusammenzusetzen. Diese Grundlagenarbeit macht sich die Factum Foundation Madrid zunutze und schafft mit modernsten Reproduktionstechniken ein massstabgetreues Faksimile der Grabanlage.

In der Ausstellung ist live zu erleben, wie die Kunstwerke von der Factum Foundation Madrid gescannt werden.

Diese ist nun in ihren prächtigsten Teilen in Basel zu sehen und soll dereinst vervollständigt im Tal der Könige zum Besuchermagnet werden.

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Das Faszinierende an der Basler Ausstellung ist, dass sie nicht nur Einblicke in die Grabkammern gewährt, sondern auch die gesamte Geschichte darum herum auf sehr anschauliche Weise präsentiert.

Auch Originalfragmente zu sehen

So ist die rundum mit wunderbaren menschengrossen Figuren bemalte «Hall of Beauty» in dem Zustand zu sehen, wie sie sich präsentiert hat, bevor die Grabräuber ans Werk gingen. Möglich wurde das, weil Museen wie der Louvre in Paris oder das British Museum in London die einst aus Ägypten geraubten Fragmente zum Scannen zur Verfügung gestellt haben.

Als Gegenstück dazu ist die Säulenhalle im heutigen Zustand zu sehen – also mit all den Lücken und Zerstörungen. Als eines der Highlights der Ausstellung ist als Leihgabe des Ägyptischen Museums Berlin eines der einst entfernten Originale zu sehen. Zusammen mit Faksimiles von anderen geraubten Fragmenten aus weiteren Museen.

Blick in die Säulenhalle, wie sie sich heute präsentiert.

Die Basler Ausstellung zeigt auch, wie sorgsam die damaligen Entdecker ihren Fund dokumentiert haben: mit wundervollen Aquarellen, von denen nicht wenige Belzoni selber geschaffen hat. Zu sehen ist aber auch, wie den reliefartigen Bemalungen durch Abdrucke mit Wachs, Stuck oder feuchtem Papier grosse Schäden zugefügt wurden. Und wie es die Factum Foundation mit modernsten Scanningmethoden schafft, solche Schäden zu vermeiden.

Die Sonderausstellung «Scanning Sethos. Die Wiedergeburt eines Pharaonengrabs» ist in mehrfacher Hinsicht ein Glücksfall und ein vorbildliches Beispiel, wie ein Museum Themen aus der Antike präsentieren kann: mit spektakulären Ausstellungsräumen und -objekten einerseits. Aber auch mit faszinierenden und allgemeinverständlichen Einblicken in die Art und Weise, wie Abenteurer von einst und Wissenschaftler von heute mit diesen Schätzen der Frühzeit umgegangen sind und umgehen.

Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig: «Scanning Sethos. Die Wiedergeburt eines Pharaonengrabs». Bis 6. Mai 2018.


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