Nach der ersten WM-Teilnahme vor zwei Jahren in Kanada kommt die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg nun auf Kontinentalebene zu ihrer Premiere an einer Endrunde. Die Zielsetzung ist klar: Platz 1 oder 2 in der Gruppe mit Österreich, Island und Frankreich und damit die Qualifikation für die Viertelfinals. «Im Gegensatz zur WM haben wir nun erstmals etwas zu verlieren. Damit müssen wir umgehen können», sagt die Nationaltrainerin.
Die Erfahrungen der WM in Kanada, als die Schweizerinnen in den Achtelfinals dem Gastgeber 0:1 unterlagen, soll der SFV-Auswahl an der EM helfen. «Die WM war für uns alle eine Reise ins Ungewisse», sagt Lara Dickenmann, die Mittelfeldspielerin vom VfL Wolfsburg. Die Grösse eines solchen Turniers, die mediale Aufmerksamkeit, die Stadien, die Zuschauermassen, die Städte Vancouver und Edmonton. «Wir waren alle geflasht und haben uns zu fest ablenken lassen», erinnert sich Vanessa Bernauer.
In der Analyse der WM reifte bei den Schweizerinnen die Einsicht, dass sie sportlich nicht das Maximum herausgeholt hatten. Dies soll nun in den Niederlanden nicht mehr passieren. «Jetzt haben wir diese Erfahrung gemacht und besitzen mehr Selbstvertrauen», sagt Dickenmann. Und Bernauer ergänzt: «Wir fahren nicht nach Holland, nur um dabei zu sein.»
Drei Spielerinnen des FC Basel sind dabei
Rachel Rinast hat noch keine Partie für den FC Basel bestritten, gehört aber zu den drei Spielerinnen, die im EM-Kader die rotblauen Farben vertreten. Die 26-Jährige, die neben der deutschen auch die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt, ist gerade mit Bayer Leverkusen aus der Bundesliga abgestiegen und verteidigt kommende Saison für den FCB.
Ebenfalls Abwehrspielerin ist Jana Brunner (20). Die 20-Jährige aus Altstätten wechselte im Januar zum FCB. Torhüterin Stenia Michel (29) aus Uster spielt seit 2016 in Basel.
Das Schweizer EM-Aufgebot im Überblick
Dass die Schweizerinnen in ihrer Entwicklung einen Schritt weitergekommen sind, bewiesen sie in der Qualifikation, als sie ihre Gruppe ohne Verlustpunkt gewannen. Beim Cyprus Cup im Frühjahr feierten sie den ersten internationalen Turniersieg einer Schweizer Frauen-Nationalmannschaft. «Wenn wir alle gesund sind und unsere bestmögliche Leistung abrufen, sind wir nur schwer zu besiegen», sagt Nationaltrainerin Voss-Tecklenburg.
Dämpfer in der Vorbereitung
Dass die Bäume aber noch nicht in den Himmel wachsen, weiss die 49-jährige Deutsche, die seit fünf Jahren die Verantwortung für das Team trägt. Zum Auftakt des Jahres setzte es im Trainingslager in Spanien gegen den Gastgeber in einem internen Testspiel eine herbe Schlappe ab, das letzte offizielle Testspiel verloren die nicht in Bestbesetzung angetretenen Schweizerinnen Anfang Juni gegen England in Biel 0:4.
Spanien und England, die beide zu den Titelanwärtern zählen, sind mögliche Gegner der SFV-Auswahl in den Viertelfinals.
Der Stamm des Schweizer Teams hat sich im Vergleich zur WM vor zwei Jahren nicht verändert. Dickenmann, Bernauer, Captain Caroline Abbé, Lia Wälti, Ana-Maria Crnogorcevic, Martina Moser und Ramona Bachmann sind die bekanntesten Namen im 23-Frau-Kader. Sie alle waren mit ihrem Wechsel ins Ausland Wegbereiterinnen für die neue Generation um Cinzia Zehnder, Jana Brunner, Sandrine Mauron oder Fabienne Reuteler.
Lia Wälti ist eine der Leistungsträgerinnen in der SFV-Auswahl
«Wir haben einen sehr guten Kern und verstehen uns gut», sagt Dickenmann, die mit Wolfsburg das Double gewann, «wir sind reifer geworden und haben nun mehr Spielerinnen, die Verantwortung übernehmen.» Die Gruppenphase an einer EM zu überstehen, sei im Vergleich zu einer WM zwar nicht einfacher. «Aber unser Anspruch ist, dass wir gegen Österreich und Island gewinnen», so Dickenmann, «und wenn wir die Gruppe überstehen, kann alles passieren.»
Deutsche Nullnummer
Eröffnet wurde die EM am Sonntag mit einem 1:0-Sieg der Gastgeberinnen gegen Norwegen. Favorit auf den Titel ist Olympiasieger Deutschland, das erstmals an einem grossen Turnier von Steffi Jones trainiert wird. Seit 1995 ging der EM-Titel immer nach Deutschland. Vom Olympia-Finalisten Schweden trennten sich die deutschen Frauen zum Auftakt torlos.
Als grösster Herausforderer des Titelverteidigers gilt Frankreich. Die Französinnen sind die Nummer 3 der Welt und stellen mit Lyon und Paris Saint-Germain die beiden Champions-League-Finalisten. Auf ihren ersten Titel wartet die talentierte Equipe von Olivier Echouafni aber noch immer.
Die Spiele der Schweiz sind live bei SRF zu sehen: am Dienstag, 18. Juli, 18 Uhr, geht es in Deventer gegen Österreich, am Samstag, 22. Juli, 18 Uhr, in Doetinchem gegen Island und am Mittwoch, 26. Juli, 20.45 Uhr in Brede gegen Frankreich.
Die wichtigsten Fakten und der Spielplan zur EM in den Niederlanden.