Die Synthese zwischen Stadt und Club

Politisch, wirtschaftlich und emotional stellt der FC Porto In der zweitgrössten Stadt des Landes einen gewichtigen Faktor dar – und der Club ist sich dieser Macht bewusst. Für die anderen Fussballvereine bleiben nur Nischen.

Bildnummer: 13643932 Datum: 19.05.2013 Copyright: imago/GlobalImagens Porto 19/05/2013: Portistas invade the Avenue of Allies for winning the Tri National championship (Rui Oliveira / Global Images) I League: FC Porto party on Avenue of the Allies PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY ; Fussball Portugal 2012 FC Porto Meisterschaft Meister x1x xsk 2013 quer Aufmacher o0 Meister Feier Meisterfeier Fan Image number 13643932 date 19 05 2013 Copyright imago GlobalImagens Porto 19 05 2013 Invade The Avenue of Allies for Winning The Tri National Championship Rui Oliveira Global Images I League FC Porto Party ON Avenue of The Allies PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY Football Portugal 2012 FC Porto Championship Master x1x xsk 2013 horizontal Highlight o0 Master Celebrations Champion ceremony supporter (Bild: Imago/Rui Oliveira, Global Images)

Politisch, wirtschaftlich und emotional stellt der FC Porto In der zweitgrössten Stadt des Landes einen gewichtigen Faktor dar – und der Club ist sich dieser Macht bewusst. Für die anderen Fussballvereine bleiben nur Nischen. Teil 2 unserer Serie über den Champions-League-Gegner des FC Basel.

Vergangenes Jahr wurde Rui Moreira zum Stadtoberhaupt von Porto gewählt. Überraschend, denn der Geschäftsmann und ehemalige Präsident der lokalen Unternehmervereinigung trat als unabhängiger Kandidat an. Gewiss verdankt er die Mehrheit auch der Parteienverdrossenheit. Wichtiger ist jedoch seine Verbundenheit mit dem FC Porto.

In Talkshows und als Kolumnist der Sportzeitung «A Bola» war Rui Moreira ein intelligentes Sprachrohr des Vereins. Sein Vorgänger im Amt, der Sozialdemokrat Rui Rio, hatte mit einer Tradition gebrochen. Der FCP war ihm gleichgültig, also stellte er das Rathaus nicht mehr als Schauplatz für Titelfeiern zur Verfügung. Eine bevorzugte Behandlung sei aus politischer Sicht nicht zu verantworten.

Schliesslich gibt es in Porto auch noch Boavista, den Meister von 2001, Salgueiros, nach einem Absturz in die Kreisklasse zurück auf dem Weg in die zweite Liga, und mehrere Amateurklubs, die soziale Aufgaben erfüllen und Subventionen rechtfertigen. Der Ansatz mag korrekt sein, unterschätzt hat Rio allerdings die Emotionen. Je schlechter es vielen Leuten im Zuge der Wirtschaftskrise geht, desto mehr halten sie sich am Vorzeigeclub fest.



Bildnummer: 13644774 Datum: 19.05.2013 Copyright: imago/GlobalImagens Porto 19/05/2013: Festivities of the supporters of FC Porto for winning the Tri national championship (Rui Oliveira / Global Images) Port: Festivities of the supporters of FC Porto PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY ; Fussball Portugal 2012 FC Porto Meisterschaft Meister Meisterfeier Feier x1x xsk 2013 quer o0 Sieg, Sieger Fan Image number 13644774 date 19 05 2013 Copyright imago GlobalImagens Porto 19 05 2013 festivities of The Supporters of FC Porto for Winning The Tri National Championship Rui Oliveira Global Images Port festivities of The Supporters of FC Porto PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY Football Portugal 2012 FC Porto Championship Master Champion ceremony Celebrations x1x xsk 2013 horizontal o0 Victory Winner supporter

Den letzten Meistertitel 2013 feierte der FC Porto vor dem Stadion Dragao – das Rathaus wurde vom inzwischen abgewählten Bürgermeister nicht zur Verfügung gestellt. (Bild: Imago/Rui Oliveira, Global Images)

Der FC Porto ist eine Oase in der Wüste, ein Grund, stolz zu sein. Firmen geben nach und nach auf, andere verlagern ihren Sitz nach Lissabon, der Verein jedoch widersteht und zeigt den Hauptstädtern, wo der Hase läuft.

Kauft man sonntags morgens eine Zeitung und weiss noch nicht, wie die Blauweissen gespielt haben – an den Gesichtern ist es leicht abzulesen. Ein Sieg entspannt die Leute, erhöht die Gesprächsbereitschaft und kaschiert die Probleme.

Die Kultur, der Tourismus und der Sport

Ende Januar kündigte der Bürgermeister an, dass ein städtisches Symbol privatisiert wird. Die frühere Militäranlage Castelo do Queijo (Käse-Burg) liegt an einem schönen Strand, und bei Welt- und Europameisterschaften gibt es hier Public Viewing. Das Areal ist immer gut besetzt. Nun schrumpft der öffentliche Raum, die Instandhaltung von Infrastrukturen wird für den Staat zu teuer.

Auch im Kulturbereich ist unter Rios Ägide massiv der Rotstift angesetzt worden. Dass die Kultur als Wirtschaftsfaktor Bedeutung hat und in Verbindung mit dem Tourismus zu einer Aufwertung der Stadt beitragen kann, glaubt die neue Exekutive und fördert Projekte. Gäste, die mit ihren Clubs zur Champions League angereist sind, kommen vielleicht wieder, wenn sie das Angebot überzeugt.

Im laufenden Wettbewerb brachte Athletic Bilbao viele Fans mit, vergangene Saison in der Europa League Eintracht Frankfurt. Noch stärker war die Resonanz bei den Gastspielen von Schalke 04 und Manchester United. Fast 10’000 Anhänger kamen jeweils nach Porto, die der Schalker Knappen aus vielen Teilen Deutschlands. Eine Kölner Gruppe traf ich zufällig auf der «Empore» eines winzigen Lokals beim Fischessen. Glücklich flogen sie zurück, weil Manuel Neuer die Portugiesen zur Verzweiflung gebracht hatte.

Portuenses, Portistas und Boavisteiros

Es gibt auch in Porto Leute, die mit dem FCP nichts am Hut haben. Zwischen Portuenses und Portistas wird unterschieden, zwischen Stadtbewohnern und Clubfans. Als verkappter Boavisteiro galt Rui Rio. Legt man die englisch-elitären Wurzeln des Vereins in bester Lage und die Präferenz des Politikers für Wirtschaftseliten zugrunde, scheint die Vermutung nicht aus der Luft gegriffen.

Die Titel des FC Porto

Meisterschaften (30) 1922 | 1925 | 1932 | 1937 | 1939 | 1940 | 1956 | 1959 | 1978 | 1979 | 1985 | 1986 | 1988 | 1990 | 1992 | 1993 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2003 | 2004 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2011 | 2012 | 2013

Pokalsiege (16) 1956 | 1958 | 1968 | 1977 | 1984 | 1988 | 1991 | 1994 | 1998 | 2000 | 2001 | 2003 | 2006 | 2009 | 2010 | 2011

Pokal der Landesmeister, Champions League (2) 1987 | 2004

Uefa-Cup, Europa League (2) 2003 | 2011

Freilich hat sich Boavista nach der Euro 2004 drastisch gewandelt und gleicht heute einem verarmten Aristokraten. Das neue Trainingszentrum und der Umbau des Bessa-Stadions überstiegen die finanziellen Möglichkeiten, ein Bankrott drohte. Als die «Zebras» wegen Schiedsrichterbestechung auch noch zwangsrelegiert wurden, sah es ganz trüb aus. Doch der Prozess wurde neu aufgerollt, Verfahrensfehler wurden festgestellt.

Ein administrativer Entscheid katapultierte Boavista aus der dritten in die höchste Liga, wo sich das Team seit August erstaunlich gut schlägt und den Klassenerhalt schaffen dürfte. Höchst erstaunlich war das torlose Remis im Drachen-Stadion gegen den FC Porto. Hinter Benfica, Porto, dem Sporting Clube de Portugal, dem Sporting Clube de Braga und Vitoria de Guimaraes steht Boavista bei den Zuschauerzahlen auf Rang 6.

Salgueiral – mit der Kraft des Kollektivs

Eine Vielzahl Fans hat auch der Sport Comercio e Salgueiros aus einem Stadtteil von Porto. Proletarisch verwurzelt, verschwand er vorübergehend von der Bildfläche und wurde als Salgueiros 08 neu gegründet. Das Stadion Vidal Pinheiro gibt es nicht mehr, gespielt wird zur Miete auf verschiedenen Plätzen. Junge Familien und Rentner sorgen für Stimmung.

Stadionlandschaft von Porto: Das Estádio Engenheiro Vidal Pinheiro (links) des S.C. Salgueiros gibt es nicht mehr, das Antas (Mitte) wurde abgerissen und für den FC Porto das Dragao (Mitte, Hintergrund) gebaut, und Boavista spielt im Estádio do Bessa (rechts).

Stadionlandschaft von Porto: Das Estádio Engenheiro Vidal Pinheiro (links) des S.C. Salgueiros gibt es nicht mehr, das Antas (Mitte) wurde abgerissen und für den FC Porto das Dragao (Mitte, Hintergrund) gebaut, und Boavista spielt im Estádio do Bessa (rechts).

Den guten Ruf verdanken die Rotweissen ihrer Nachwuchsschulung. In Kneipen sind die jovialen Anhänger leicht zu identifizieren. Bau- und Transportunternehmer hielten den Club über Wasser, bis die Krise auch ihre Möglichkeiten einschränkte. Nun trifft man sich mit Boavista in Bescheidenheit und erfreut sich an der Konsolidierung.

In einem Stammlokal wird sofort das Thema Salgueiros angeschnitten. Es gäbe in der Jugend herausragende Talente, sagt der Salgueiros und Porto gleichermassen zugetane Wirt. Zum kleinen Rivalen passt das Bild einer Kooperative. Technische Finessen und Spielkultur sind gefragt, während Boavista rustikaler auf Kampfgeist setzt. Man wird vom «Salgueiral», der 1990 in der ersten Uefa-Cup-Runde scheiterte und einige Nationalspieler ausgebildet hat, wieder hören.

Lesen Sie morgen: Pedroto – Meister mit Porto und Revolutionär des portguiesischen Fussballs

__

Bisher erschienen:

Nächster Artikel