Unter herzlicher Anteilnahme der Fans, des FC Basel, von ehemaligen und aktuellen Weggefährten sowie von Roger Federer wird Marco Streller vor dem Anpfiff der Partie gegen St. Gallen verabschiedet. Es ist grosses Gefühlskino im Joggeli.
Fussball-Basel ist ganz bei sich an diesem Abend des 29. Mai. Eine grosse Spielerkarriere beim FC Basel wird offiziell beendet, das Stadion mit fast 33’000 Menschen besetzt und die Gefühle sind eingetunkt in Rot und Blau.
Um 20.10 Uhr begrüsst FCB-Präsident Bernhard Heusler mit sich überschlagender Stimme eine «lebende FCB-Legende» und sagt: «Es gibt keine Zahl und keine Statistik, die Marco Streller gerecht wird. Du bist nicht nur ein grossartiger Fussballer und Mensch, du bist und bleibst einer von uns.»
Durch ein Spalier von Mitspielern und Trainerstaff und Betreuern kommt Marco Streller aufs Spielfeld. Im Trikot, das der FCB in der nächsten Saison tragen wird. Die Augen des Captains sind schon feucht, ehe er den Mittelkreis erreicht, wo ihn die Clubführung erwartet.
Eines der Geschenke ist ein Trikot mit der Zahl 199 – die Anzahl der Pflichtspieltore als Profi in Diensten des FC Thun, des VfB Stuttgart, des 1. FC Köln – und natürlich für den FC Basel. Und auf diesem Trikot sind auch sämtliche Namen der Torhüter aufgeführt, die Streller in seiner 15-jährigen Laufbahn bezwungen hat.
Die alten Weggefährten sind da
Das schönste Geschenk sind jedoch die Grussbotschaften von ehemaligen Mitspielern Strellers, zu denen er ein spezielles Verhältnis pflegt. Und noch besser: Granit Xhaka, Alex Frei, Yann Sommer, Valentin Stocker und Benjamin Huggel sind persönlich im Stadion zugegen und fallen Streller in die Arme.
Neben den besten Wünschen für die Gesundheit erhält Streller von Valentin Stocker – zusammen mit Yann Sommer und Alex Frei am inbrünstigsten im Stadion begrüsst – eine Notfallapotheke. Weil der bekennende Hypochonder Streller künftig seine Wehwehchen nicht mehr vom Mannschaftsarzt behandeln lassen kann.
Roger Federers Gruss aus Paris
Schliesslich gratuliert noch ein ganz Grosser des Weltsports dem grossen Captain des Basler Kosmos‘: Roger Federer, per Videoleinwand aus Paris zugeschaltet. «Eine unglaubliche Karriere» attestiert der Tennisstar dem Fussballhelden. Federer grüsste Streller auch via Twitter:
Dangge #MarcoStreller für alli die schöne Moment wo du uns @FC_Basel fans beschert hesch! pic.twitter.com/s1gFGhnEex
— Roger Federer (@rogerfederer) 29. Mai 2015
Und Yann Sommer liess sich auch nicht lumpen:
Alles gute Capitano & lasst es krachen heute Abend Basel ? #FCBasel pic.twitter.com/LB7yTHf26o
— Yann Sommer (@YannSommer1) 29. Mai 2015
Dann muss Marco Streller auch noch was sagen. Eine kleine Spitze gegen die pfeifenden Sankt Galler Fans im St.-Jakob-Park verkneift er sich nicht: In St. Gallen wurde Streller einst im Nationaltrikot vom Publikum niedergemacht, was bei ihm sogar zu einem vorübergehenden Rücktritt aus dem Nationalteam geführt hatte. «Habe die Pfiffe schon vermisst», meint er an die Gästekurve gerichtet.
«Ihr berührt mein Herz»
Viel wichtiger ist ihm an diesem, seinem Abend im Joggeli aber die Anwesenheit seiner Familie und vor allem seiner 99-jährigen Grossmutter. Strellers Stimme stockt ein erstes Mal. «Ihr berührt mein Herz», ruft er den Fans zu, dann versagt die Stimme unter Tränen vollends.
Die Muttenzerkurve weiss, wie sie ihren Captain aufbauen muss: «Pipi, ein‘ vo uns», singt sie, Streller fängt sich, bedankt sich bei Paulo Sousa und dem Trainerteam («It was a pleasure») und tritt ab. Auf dem Weg in die Kabine packt er seinen Sohn Sean Lionn auf den Arm.
Und mit ihm an der Hand kommt er wenig später zum letzten Mal zu einem Meisterschaftsspiel aufs Spielfeld. Begleitet von einer gewaltigen Choreografie mit dem Konterfei des Captains im Mittelpunkt. Das Abschiedsgeschenk der Kurvenaktivisten.
Streller macht die Zweihundert voll
Es dauert dann gerade mal etwas mehr als eine Viertelstunde, ehe Marco Streller seine Farben gegen den FC St. Gallen in Führung bringt. Tor Nummer 200 einer fabelhaften Karriere. Besser hätte die Dramaturgie dieses Abends nicht sein können. Und der FCB wird sein Abschiedsgeschenk noch mal überarbeiten müssen.
Aber das kümmert in diesem Moment nicht. Um 22.12 Uhr, die 82. Minute läuft, es steht 3:3, Marco Strellers letzte Tat als Fussballer in der Super League war eine Vorarbeit zu Luca Zuffis Ausgleichstor. Dann geht er vom Platz, er trägt ein Shirt mit «Dangge Basel». Er winkt ins Publikum, die Muttenzerkurve entzündet – was könnte angemessener sein – ein Feuerwerk. Und der für Streller eingewechselte Albian Ajeti macht fünf Minuten später das Siegtor. Was für ein schöner Schlussakkord an diesem Abend.
Makulatur: Marco Streller erhält von FCB-Präsident Bernhard Heusler ein Trikot mit der Nummer 199 für seine 199 Tore als Profi. (Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)
Grossartiger Rahmen im Joggeli zu Beginn des Spiels. (Bild: Andy Mueller/freshfocus)
Um 22.12 Uhr heisst es für Marco Streller Adieu, und er drückt bei seiner Auswechslung seine Gefühle mit einem «Dangge Basel» aus. (Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)