Für die beginnende Tennissaison holen sich die Profis Unterstützung bei den grossen Spielern von früher. Neuer Mann an der Seite von Federer ist der Schwede Stefan Edberg, sechsfacher Grand Slam-Sieger und Federers einstiges Jugendidol.
Als vor rund 23 Jahren die Australian Open in ihre spannungsgeladene Endphase gingen, waren auch drei der beherrschenden Spieler jener Epoche noch in der Pokalverlosung. Das erste Halbfinale gewann Ivan Lendl in der Melbourner Gluthitze gegen Stefan Edberg, das zweite Halbfinale entschied Boris Becker gegen den jüngeren McEnroe-Bruder Patrick für sich. Später holte sich Becker auch noch den Titel und sprang damit erstmals auf Platz 1 der Weltrangliste.
Nicht nur ihn, den deutschen Großmeister vergangener Tage, und Andy Murrays schon länger amtierenden Coach Lendl wird man bald wieder in Melbourne wiedersehen. Sondern auch Edberg, den schwedischen Gentlemanspieler, den vorerst letzten Neuzugang in der Ehemaligencombo mit hohen Trainerämtern.
Federer sorgt für Schlagzeilen
Edberg ist, bestenfalls, der kongeniale Impulsgeber im Hintergrund bei Roger Federers Mission, verlorengegangenes Terrain in der absoluten Weltspitze der Professionals zurückzuerobern. «Er ist mehr Inspiration als Trainer», sagte Federer am Tag vor dem offiziellen Saisonstart der ATP-Tour. Der 32-jährige Seniorpräsident unter den Top Guns der Branche geht erstmals in Brisbane in eine neue Tennisspielzeit, das Turnier in der fast schon subtropischen Metropole Australiens gilt inzwischen als wichtigster Vorbereitungswettkampf auf das Australian Open.
Stanislas Wawrinka, der Ende der vorigen Serie sportlich auf Augenhöhe zu Federer aufgerückt war, schlägt die ersten offiziellen Bälle der Saison im indischen Chennai. Beim Einladungsturnier in Abu Dhabi hatte der Romand beide Schaumatches verloren, sowohl gegen den Spanier David Ferrer wie auch gegen Wimbledonsieger Murray.
Ohne zu spielen, lieferte Federer indes die größeren Schlagzeilen über die Weihnachtsfeiertage. Mit der Ankündigung, zum zweiten Mal Vater zu werden und seine vierjährigen Zwillingstöchter zu «älteren Schwestern» zu machen. Und mit der Verpflichtung von Edberg, dem sechsmaligen Grand Slam-Sieger, einem der dominierenden Spieler Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre. So schlüpft der diskrete und dezente Skandinavier nun heraus aus den Gedenk-Bildern, die sich an jedem der vier Grand Slam-Schauplätze in Galerien und Clubräumen befinden, und taucht ein in die hektische Realität dieser modernen Tennistage.
Auch Djokovic mit neuer Allianz
In eine Welt, in der die Besten der Besten im Zielsprint um die Titel auf die Weisheit der Legenden vertrauen, auf die dezenten Tipps, auf die besondere persönliche Ansprache, vielleicht aber auch einfach auf ihre pure Präsenz in der Spielerbox – Schub-Kräfte fürs Selbstvertrauen und Ego zu entwickeln, darum geht es auch bei Federer. Minimal zehn Wochen soll der Schwede Edberg als Unterstützer das Team Federer bereichern, im Winter-Trainingslager des Schweizers in Dubai war der Deal andiskutiert worden.
Verkündet wurde die Partnerschaft dann aber erst, nachdem Djokovic sich sensationell die Dienste Beckers gesichert hatte. «Es sah fast aus, als schlüge Federer einen Return von Djokovic zurück», bemerkte Australiens Altmeister Pat Cash süffisant.
In jedem Fall deuten die neuen Promi-Allianzen in der Tennisspitze auf das heftige Machtgerangel hin, das die am Montag beginnende Saison 2014 bestimmen wird. Zwar verfügen die meisten der Spitzencracks inzwischen über eine vielköpfige Dienstleistungsabteilung, in der längst auch Ernährungsberater und Mentalcoaches vertreten sind. Doch trotz aller hochprofessionellen Planung und Assistenz müssen sie zuletzt alle das Gefühl gehabt haben, dass ihnen noch das gewisse Extra fehlt, jener kleine, vielleicht aber doch ausschlaggebende Unterschied, der am Ende Sieg und Niederlage in den großen Duellen ausmacht.
Eine Kampfansage fürs neue Jahr
So kam denn auch Edberg ins Spiel, eine personelle Kampfansage zugleich von Federer, der 2014 eine wieder tragendere Rolle im großen Tennistheater spielen will. Angedeutet hatte er eine Formverbesserung ja schon auf der Zielgeraden 2013, auch beim Tour Finale in London, nun sollen aber noch größere Taten folgen.
Ganz nebenbei haben auch viele Verfolger den Anpassungsdruck zur personellen Veränderung gespürt: Der Franzose Jo-Wilfried Tsonga etwa geht mit einem neuen Trainerteam in die Saison – nämlich mit den Exprofis Thierry Ascione und Nicolas Escude. Selbst der spanische Marathonmann David Ferrer trennte sich nach 15 Jahren gemeinsamen Weges von Coach Javier Piles und wird nun von Jose Altur betreut.
Wawrinka indes sah keinen Grund zur Neuaufstellung, wieso und warum auch nach der besten Spielzeit überhaupt in seiner Karriere. Wawrinka will an der Seite von Coach Magnus Norman ehrgeizige Ziele realisieren: Stabilisierung auf hohem Niveau. Und in den richtigen und wichtigen Momenten der Frontalangriff auf die Asse da oben in der nächsthöheren Liga.
Täuscht der Eindruck nicht, dann tritt Federers Verbündeter Edberg im richtigen Moment auf die schillernde Bühne zurück. Denn nach der jahrelangen Verlangsamung der Bodenbeläge soll das Spiel in diesem Jahr wieder schneller werden – und mit ihm auch die Abwicklung der Partien. Gerade Edberg steht für Angriffsdenken, Attacke und Risiko in seinem Sport. Genau das, was Arbeitgeber Federer braucht, um sich durchzusetzen im harten Auslesekampf der Saison 2014.