Die «Citizens» seien da gewesen, raunten sich einige Matchbesucher hinter vorgehaltener Hand noch zu, als andere schon damit beschäftigt waren, das Erlebte aus dem Gedächtnis zu tilgen. Himmelblau hätten sie getragen und gespielt wie auf Wolken. Es sei ein rundum magischer Abend gewesen, nur eben für jene, diese «Citizens», was übersetzt so bescheiden daherkommt wie «Bürger» oder «Städter».
Gemessen am Resultat dieser einseitig magischen Nacht und in Relation zur feinen Bürgerschar aus Manchester stand das Heimteam nach der Partie wie der Bauer mit der Mistgabel unter den Toren des eigenen Stadions: Die Basler waren bedient. Eine weitere «Night to remember» war es zwar schon geworden, aber halt weniger eine fürs Fotoalbum. Sondern eher eine fürs Lehrbuch.
Michael Lang beispielsweise eröffnete ohne Umschweife: «Dieses Manchester City ist die beste Mannschaft, gegen die ich in meiner Karriere gespielt habe.»
«Es ist praktisch unmöglich, einen solchen Gegner über 90 Minuten im Griff zu haben.»
Da durften weitere Attribute nicht fehlen: «Die Abstimmungsprobleme waren keine Frage der Personalwahl, sie wurden uns vom Gegner quasi aufgezwungen, weil bei ihnen immer Bewegung im Spiel war und sie grundsätzlich komplette Fussballer haben», sagte Lang. «Sie sind stark am Ball, sind schnell, sind wendig, haben Tiefe im Spiel und sind konsequent im Abschluss. Es ist praktisch unmöglich, einen solchen Gegner über 90 Minuten im Griff zu haben.»
Was schieflief
Lang stand sichtlich angesäuert vor der Medienschar. Nach dem letzten Manchester-Spiel, gegen United, bettete sie ihn, den einzigen Torschützen der Partie, auf Rosen. Jetzt piekten ihn die Fragen wie Nadeln ins geschundene Gemüt: Was war in diesem Spiel schiefgelaufen?
Zum Beispiel die Chancenverwertung. «In Momenten wie jenem mit der vergebenen Chance Oberlins in der 6. Minute wünscht man sich als Spieler zurück an den Start», sagte Lang bedauernd, «denn man erinnert sich an ähnliche Situationen wie beispielsweise jene im Spiel gegen Benfica. Damals gingen wir bereits in der 2. Minute in Führung.» Für den Treffer besorgt war: Michael Lang. Oberlin schoss danach die Tore Nr. 2 und 5. Damals.
Jetzt zeigte sich Lang unglücklich über die Entstehung der Tore der Himmelblauen:
«Es ist ärgerlich, dass wir durch einen Standard in Rückstand geraten. Dass sie uns durch ihr trickreiches Spiel und ihre Schnelligkeit überlisten können, damit mussten wir rechnen. Aber ein Rückstand durch einen Standard tut dann noch mehr weh, denn das sind Situationen, die wir verteidigen sollten, zumal mit Gündogan kein Zwei-Meter-Brocken per Kopf traf. Aber hätte er das Tor nicht gemacht, wäre womöglich zwei Minuten später ein anderer zur Stelle gewesen. Schlussendlich war das 0:1 nicht spielentscheidend.»
Immerhin: Lang ist keiner, der in der sogenannten dritten Halbzeit, also in der unmittelbaren Phase nach dem Abpfiff noch den Konjunktiv einwechselt, das muss man ihm lassen. Kein «hätte», «wäre» oder «könnte» war da zu hören, stattdessen dies: «Es gibt nichts schönzureden, das Duell ist entschieden, denn wir werden in Manchester (das Rückspiel ist am 7. März, Anm. d. Red.) kaum mit 5:0 gewinnen. Nichtsdestotrotz werden wir nochmals alles mobilisieren, um uns in Würde aus der Champions League zur verabschieden.»
Lacroix: «Wir werden das Trikot ehren»
So sieht das auch Champions-League-Debütant Léo Lacroix, der davon sprach, im Rückspiel das Trikot ehren zu wollen. Kopf hochhalten, Erfahrung sammeln, das waren Lacroix’ Prämissen nach den 92 Minuten aktiven Schaulaufens gegen Pep Guardiolas Passmaschine: «Sie hatten ihre Chancen und haben sie genutzt. Wir hatten unsere Chancen und haben sie nicht genutzt. Das sind eben die Unterschiede auf diesem Niveau.»
Der zwischen den Zeilen als Chancensünder mitgemeinte Oberlin erschien als Letzter, nachdem ihn erst die Dopingbehörde, dann der Physiotherapeut beansprucht hatte. Aber alle Zeitverzögerung nutzte nichts, die Journalisten standen noch immer da und warteten frech, als Oberlin scheu um die Ecke linste. Also stand er halt hin, blickte traurig und bedauerte die mangelnde Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor:
«Wir haben gewusst, dass der Gegner sehr stark ist, aber trotzdem habe ich früh diese riesige Möglichkeit. Das kann ich besser machen, und dann sieht das Spiel auch ganz anders aus. Dass ich nicht reüssiert habe, tut weh, aber ich bin noch jung. Ich muss daraus lernen und hoffen, dass ich es beim nächsten Mal besser mache.»
Hinter Oberlin schwebten derweil frischgeduscht die «Citizens» vorbei, im hochgeschossenen schwarzen Rollkragen, auf den nachtblauen Mänteln prangte edel das Wappen: die rote Rose, drüber gülden das Manchester-Schiff. Es hatte dem Heimteam, das sich bislang so erfolgreich gegen englische Mannschaften geschlagen hatte, in diesem Spiel den Wind aus den Segeln genommen.