Djordje Nikolic bringt das Torhüterkarussell des FC Basel in Bewegung

Kein Gegentor und ein glatter Sieg seiner Mannschaft – viel schöner hätte das unverhoffte Debüt von Djordje Nikolic im Tor des FC Basel nicht verlaufen können. Der junge Serbe erweitert das Feld der Spekulationen auf einer Position, bei der vieles unklar ist.

Soll Spielpraxis beim FC Schaffhausen sammeln: Djordje Nikolic, 20-jähriger Torhüter aus Serbien. (Bild: Andy Mueller/freshfocus)

Kein Gegentor und ein glatter Sieg seiner Mannschaft – viel schöner hätte das unverhoffte Debüt von Djordje Nikolic im Tor des FC Basel nicht verlaufen können. Der junge Serbe erweitert das Feld der Spekulationen auf einer Position, bei der der Meister noch nicht weiss, ob Tomas Vaclik, die Nummer 1, über den Sommer bleiben wird, und sich die Frage stellt, was mit dem ausgeliehenen Mirko Salvi passieren wird.

Vor schwierige Aufgaben ist er gegen ein bestürzend harmloses St. Gallen nicht gestellt worden. Aber Djordje Nikolic darf sich für sein zartes Torhüteralter zugute halten, dass er seine Super-League-Premiere im Trikot des FC Basel anstandslos bewältigt und obendrein eine reine Weste behalten hat. 

Es war ein Kaltstart für den knapp 20-jährigen Serben, der vergangenen Sommer vom FK Jagodina nach Basel gekommen war. Tomas Vaclik fiel krankheitsbedingt kurzfristig aus und für die nominelle Nummer 2 beim FCB, Germano Vailati, war nach einer Wadenverletzung eigentlich ein Aufbauspiel in der U21 vorgesehen. So erfuhr Nikolic am Morgen des Matchtages, dass sich Urs Fischer dafür entschieden hatte, ein Greenhorn ins kalte Wasser zu werfen.

Während Routinier Vailati auf der Bank Platz nahm, schwamm sich Nikolic frei. Eine Unsicherheit zeigte er, nach nur zehn Sekunden, als er beim ersten Rückpass auf dem in der abendlichen Aprilfrische feucht gewordenen Rasen des Kybunparks ausrutschte und den Ball unkontrolliert den Gastgebern in den Fuss spielte. Später unterlief ihm noch ein missglückter mittellanger Ball auf Blas Riveros, der über den Scheitel des Aussenverteidigers ins Aus fiel.

Erstaunliche Ruhe und Unaufgeregtheit beim Debüt

Darüber ärgerte sich Nikolic kurz. Aber ansonsten? Das wenige, was die Sankt Galler in Richtung auf sein Tor brachten, behändigte er mit erstaunlicher Ruhe und Unaufgeregtheit. Den Rest blockten seine Vorderleute mit gebotenem Einsatz weg, als ob sie ihren Novizen im Tor beschützen wollten. Und die einzige hochkarätige Chance des Gegners durch Yannis Tafer, als schon die 89. Minute lief, parierte Nikolic mit einer unerschrockenen, starken Reaktion.



St.Gallen, 01.04.2017, Fussball Super League - FC St.Gallen - FC Basel, St. Gallens Yannis Tafer scheitert am Torhueter Djordje Nikolic (FCB) (Gonzalo Garcia/EQ Images)

Mit dieser Parade gegen Yannis Tafer in der 89. Minute hielt Djordje Nikolic bei seinem Debüt für den FC Basel seinen Kasten sauber. (Bild: Gonzalo Garcia/EQ Images)

Mit seinen 1,95 Metern Körpergrösse und einer Schulterbreite, die ebenso imposant wirkt, trat Nikolic anschliessend in den Katakomben vor die Medien. Er sprach auf Englisch von einem «grossen Tag», was man angesichts der Umstände gut verstehen kann, freute sich über den Sieg und darüber, ohne Gegentor geblieben zu sein. Von Nervosität wollte er nichts gespürt haben: «Ich war entspannt.»

Das Problem mit den praxisfernen Regulierungen

Zuvor ist Nikolic lediglich in fünf Testspielen in der Mannschaft von Urs Fischer zum Einsatz gekommen, und dass er in der U21, die eigentlich die Praxissammelstelle für die Talente sein sollte, auch nur zwei Partien bestritten hat, geht auf die Restriktionen für Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen in der Schweiz zurück.

Demnach dürfen Spieler, die nicht aus einem EU- oder EFTA-Staat kommen, zwar in der Super- und Challenge League eingesetzt werden. Aber zum Beispiel nicht in der 1. Liga Promotion, wo der FCB mit seinem Nachwuchsteam aktuell den dritten Platz belegt.

Die Regulierungen sind für einen Proficlub und seine Ausbildungsarbeit zwar praxisfern, das Problem ist bekannt und benannt. Aber die Gespräche zwischen der Swiss Football League und dem Staatssekretariat für Migration harren seit Monaten einer Lösung.

«Djordje Nikolic ist ein kompletter Goalie.»
Torhütertrainer Massimo Colomba 

Somit bleibt Nikolic nur das Training mit der ersten Mannschaft. Und die Junioren-Nationalmannschaft Serbiens. Im Tor der U20 bestritt er während der Länderspielpause just zwei Partien, was Goalietrainer Massimo Colomba ein gutes Gefühl gab, als sich am Samstagmorgen Tomas Vaclik krank abmeldete.

Colomba war im Spätherbst seiner Karriere in der gleichen Situation wie Germano Vailati – als klare und klaglose Nummer 2 im FCB-Tor. In der Zeit von 2009 bis 2012 kam Colomba auf 29 Einsätze in allen Wettbewerben, ehe er in die Rolle als Torhütertrainer wuchs und diese nun, 39-jährig, auch schon seit fast fünf Jahren ausfüllt.



16.06.2016; Basel; Fussball Super League - Training FC Basel; Torhuetertrainer Massimo Colomba (Basel) Torhueter Djordje Nikolic (Basel) (Andy Mueller/freshfocus)

Torhüter bei der Fussarbeit: FCB-Goalietrainer Massimo Colomba (links) mit der Goaliehoffnung Djordje Nikolic. (Bild: Andy Mueller/freshfocus)

Man sei vergangenes Jahr nicht ausdrücklich auf der Suche nach einem jungen Torhüter gewesen, erläutert Colomba den Weg von Nikolic zum FCB. Aber als das Video auf dem Tisch lag und sich Nikolic eine Woche im Probetraining präsentiert hatte, war man von Qualität und Potenzial überzeugt. «Wobei», sagt Colomba, «die Entwicklung ist bei einem jungen Spieler immer schwierig abzuschätzen.»

Nikolic, der aus Belgrad stammt, hat mit 18 Jahren bereits in der höchsten serbischen Liga für den FK Jagodina gespielt. Dann warf ihn eine Verletzung aus dem Rennen und der Provinzclub stieg ab. Nach einem dreiviertel Jahr Trainingsarbeit mit Nikolic sagt Colomba: «Er ist ein kompletter Goalie, und seine Postur gibt ihm eine natürliche Ausstrahlung.»

Nikolic musste sich an den Stil des FCB gewöhnen

Weil es Nikolic in Serbien gewohnt war, in Mannschaften zu spielen, die mit langen Bällen operieren, musste er sich an den Stil des FC Basel gewöhnen. Dabei kommt ihm zugute, dass er als Rechtsfüsser den Ball auch mit dem linken Fuss verarbeiten kann. Colomba schildert den jungen Mann in der täglichen Arbeit als «ruhig und aufmerksam».

Das Debüt in der Super League ist Nikolic also gelungen, und obwohl es nicht wirklich viel zu halten gab, bekam er von Colomba ein Lob dafür: «Er hatte im Spielaufbau viel zu tun, und das ist auf dem Platz in St. Gallen nicht einfach.»

Und wer weiss: Vielleicht muss auch Urs Fischer je nach Genesungszustand von Tomas Vaclik für den Halbfinal am Mittwoch in Winterthur erneut zwischen seinem Cup-Torhüter Vailati, der in drei von vier Wettbewerbsspielen zwischen den Pfosten stand, und dem Newcomer entscheiden.

Das reich besetzte Goaliekarussell

Das Goaliekarussell ist jedenfalls reich besetzt beim FCB. Hinter der Nummer 3 Nikolic gibt es noch den 20-jährigen Dario Thürkauf, der Stammtorhüter der U21 ist, sowie den U17-Nationalspieler Jozef Pukaj. Der hat neben Thürkauf (sechs Einsätze) auch ein Spiel in der Uefa Youth League bestritten und wird auf dem Campus von Ex-Nationalgoalie Jörg Stiel unter die Fittiche genommen.

Und dann ist da noch einer, der aus dem unmittelbaren Fokus geraten ist: Mirko Salvi. Erst war er an den FC Biel ausgeliehen und seit Jahresbeginn 2016 an den FC Lugano. Im Tessin hat Salvi seinen Erfahrungsrucksack mit insgesamt 34 Super-League-Einsätzen gefüllt, und sein Vertrag mit dem FC Basel hat sich jüngst um ein Jahr bis 2018 verlängert.

Die neue sportliche Leitung des FCB wird also nur schon auf der Torhüterposition bald einmal Entscheidungen treffen müssen: Holt man den 23-jährigen Salvi zurück und wenn ja, mit welcher Perspektive? Ist dann noch Bedarf für einen routinierten Backup wie Vailati? Das hängt auch davon ab, ob Tomas Vaclik im nächsten Transferfenster tatsächlich zu einem Subjekt der Begierde wird.

So wurde Djordje Nikolic im Juni 2016 beim FCB begrüsst:

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