Dortmund legt sensationell vor

Das Fussball-Märchen von Borussia Dortmund geht weiter: Robert Lewandowski schiesst vier Tore beim Halbfinal-Heimspiel gegen Real Madrid (4:1). Damit wird die Wahrscheinlichkeit eines rein deutschen Finals immer grösser.

Robert Lewandowski trifft vier Mal und verhilft Borussia Dortmund zu einem grosszügigen Polster fürs Rückspiel in Madrid. (Bild: Frank Augstein)

Das Fussball-Märchen von Borussia Dortmund geht weiter: Robert Lewandowski schiesst vier Tore beim Halbfinal-Heimspiel gegen Real Madrid (4:1). Damit wird die Wahrscheinlichkeit eines rein deutschen Finals immer grösser.

Ein paar Pfiffe waren tatsächlich zu hören in jener achten Minute, als Mario Götze auf an der rechten Aussenlinie von Real Madrid an den Ball kam. Aber nur wenige Augeblicke später übertönte dieses erwartungsfrohe Dröhnen, das es nur in Fussballstadien gibt, die Störenfriede: Der Ball flog gefährlich in den Strafraum, Robert Lewandowski kam angesprintet und traf zum 1:0. Spätestens jetzt war klar, dass es eine unverantwortliche Verschwendung gewesen wäre, dieses wunderbare Fussballspiel mit dem Ärger irgendwelcher Nebenkriegsschauplätze zu vergeuden. Das hatten die Dortmunder ja befürchtet, nachdem bekannt geworden war, dass Götze zum FC Bayern wechselt. Am Ende des Abends stand es 4:1 (1:1) für den BVB, Robert Lewandowski war mit vier Treffern der Superheld des Abends, und das Publikum hatte ein atemberaubendes Halbfinal-Hinspiel erlebt.

Ehrfürchtige Madrilenen

Während der Gruppenphase spielten bei den Erfolgen des BVB gegen die Giganten aus Madrid ja wahrscheinlich auch Faktoren wie eine gewisse Leichtfertigkeit der Spanier und die Routine der Weltstars eine Rolle, die es gewohnt sind, in der Frühphase des Wettbewerbs die eigenen Leistungsgrenzen noch nicht bis in alle Winkel auszureizen. Dass die Dortmunder von diesem Effekt auch in einem Halbfinale profitieren könnten, war nicht zu erwarten, doch nun war das Spiel der Mannschaft von José Mourinho von einer anderen Zutat geprägt: Respekt, der in manchen Momenten gar wie Ehrfurcht wirkte.

Real hatte grösste Mühe, ja eigentlich waren die Spanier ausser Stande, die wilden Angriffe des BVB unter Kontrolle zu halten. Lewandowski agierte als Schrecken Reals. Die erste Chance der Partie hatte aber Marco Reus: Sieben Minuten waren verstrichen, da fand er mit dem Ball am Fuss einen Weg durch die gesamte Verteidigung der Spanier, schoss klug auf die lange Ecke, aber Diego Lopez konnte den Ball gerade noch abwehren. Nur eine Minute später flankte Götze und Lewandowski grätschte den Ball zum 1:0 ins Tor.

Ehrgeizige Dortmunder

Der Hunger, die Gier, die Abenteuerlust dieser Mannschaft war wieder einmal in voller Blüte zu bestaunen, und selbst als Real irgendwann ungestörter kombinieren konnte, schien das wie ein geplanter Rhythmuswechsel. Bis auf ein paar hohe Bälle in den Strafraum und einen eher harmlosen Freistoss von Christiano Ronaldo (24.) erzeugte der Gigant aus Spanien keine Gefahr. Bis Mats Hummels sich einen schlimmen technischen Fehler leistete und den Gästen das kostbare Auswärtstor schenkte. Gonzalo Higuain schnappte sich den Ball, hatte Platz, legte quer und Cristiano Ronaldo musste nur noch einschieben (43.).

Es war ein schwerer Aussetzer, unmittelbar nachdem Reus in einem Zweikampf mit Raphael Varane im Strafraum zu Fall gekommen war, und das Publikum vehement einen Elfmeter forderte. Zwar lag der Schiedsrichter wohl richtig, diesen nicht zu geben. Aber von nun an war endgültig ein anderer der Bösewicht auf dem Rasen. Der Götze-Ärger war nicht einmal mehr ein leises Rauschen im Hintergrund.

Die Frage war nun, wie sich dieser Treffer kurz vor der Pause auswirken würde. Aber der BVB hat ja zwei Tage lang geübt, Ärgernisse wegzustecken. Und so machte die Mannschaft unbeirrt weiter wie in der ersten Hälfte: entschlossen, leidenschaftlich, gut sortiert und effizient. Es dauerte lediglich fünf Minuten, da hatte Lewandowski seinen zweiten Treffer erziel, ein missratener Schuss von Reus landete im Fuss des Polen, sechs Meter vor dem Tor. Souverän verwandelte er die Vorlage zum 2:1.

Gedemütigte Spanier

Von nun an war es eine Fortsetzung der Demütigung des spanischen Fussballs, mit der die Bayern am Abend zuvor begonnen hatten. Madrid agierte gelähmt, zerfahren, ohne Strategie im Angriffsspiel und hatte auch noch ein bisschen Pech. Nach 55 Minuten flog eine abgefälschte Flanke Marcel Schmelzers in Reals Strafraum, natürlich war Lewandowski zur Stelle, spielte Pepe aus – und es stand 3:1. Zehn Minuten später rempelte Xabi Alonso Reus im Strafraum um, Schiedsrichter Björn Kuipers pfiff Elfmeter, Lewandowski traf ein viertes Mal (67.).

Real fiel nichts weiter ein, als hohe Bälle in den Strafraum zu kicken, die die Dortmunder allesamt klärten. Und mit etwas Glück hätten Ilkay Gündogan und Lewandowski sogar noch einen fünften Treffer erzielen können. Lopez hielt die gefährlichen Schüsse (62., 78.), aber auch so ist die Wahrscheinlichkeit eines rein deutschen Finales erstaunlich gross nach dieser Nacht.

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