Das erste Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf wurde nach elf Sprüngen abgebrochen. Starker Schneefall und unregelmässiger Wind verhinderten einen regulären Wettkampf.
Zumindest auf das obligate Feuerwerk mussten die durchnässten und unterkühlten Fans in der Skisprungarena von Oberstdorf dann doch nicht verzichten. Immerhin etwas. Als das Programm endgültig komplett durcheinander gewirbelt war und der Vierschanzen-Tourneestart auf Montag (17.30 Uhr) verschoben, da gingen über der Schattenbergschanze noch einmal die Lichter an und grelle Blitze zuckten durch den Nachthimmel.
Bei den hellen Köpfen in der FIS-Rennjury hatte es dafür lange gedauert, bis ihnen endlich gedämmert hatte, dass am Sonntag im Allgäu kein Flugwetter für Skispringer war. Der Wind stürmte mit einer Geschwindigkeit von bis zu acht Metern in der Sekunde, die Schneeflocken tanzten wie verrückt durch die Luft, doch es dauerte fast geschlagene drei Stunden, bis sich die Verantwortlichen nach zig Startversuchen, etlichen Unterbrechungen, Verschiebungen und elf Springern, die sich mehr gequält hatten, als dass sie richtig gesprungen wären, zu einem Abbruch des Auftaktspringens durchringen konnten.
Früher wäre ein Skispringen bei solchen Bedingungen erst gar nicht gestartet worden, heute erlaubt die Wind- und Gateregel auch Wettkämpfe bei stark wechselnden Windverhältnissen. Ohne die Möglichkeit, während eines Springens die Anlaufluken je nach Wind und Wetter beliebig zu variieren und mit Zusatzpunkten oder Verlustzählern zu jonglieren, rechnete FIS-Renndirektor Walter Hofer vor, müsste mittlerweile längst die Hälfte der Weltcupbewerbe abgesagt werden.
Zum Scheitern verurteilt
Wenn es aber so turbulent zugeht wie am Sonntag in Oberstdorf, dann kann die innovative Wind- und Gate-Regel auch schnell einmal zum Fluch für den Sport werden. Mit aller Hartnäckigkeit war da versucht worden, einen Wettkampf durchzuboxen, der eigentlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
Doch kann man den FIS-Veranwortlichen rund um Miran Tepes – der Slowene gibt das grüne Licht für die Springer – ihre Ausdauer und ihren Ehrgeiz wirklich verübeln?
Immerhin war in diesem Jahr der Tourneestart extra auf den 28. Dezember vorverlegt worden, um medien- und publicitywirksam an einem Sonntag in den Schanzenklassiker zu starten. Und immerhin warteten im Auslauf 24’500 Fans, die bei diesem Sauwetter geduldig stundenlang ausharrten, um den wagemutigen Adlern beim Fliegen zujubeln zu können.
Es muss bezweifelt werden, ob die Skispringer bei ihrem zweiten Anlauf in die 63. Tournee erneut so viel Aufmerksamkeit erhalten. Dass der gesamte Skisprung-Tross einen weiteren Tag in Oberstdorf anhängt, ist eine logistische Herausforderung. Am Montag wären alle nach Garmisch zur zweiten Tourneestation übersiedelt, einige Athleten und Verantwortliche hatten im ausgebuchten, tief winterlichen Oberstdorf nur Zimmer bis zum Sonntag.
Doch diesen Herausforderungen stellen sich die Teams und Athleten gerne. Nichts wäre schlimmer gewesen als ein Wettkampf, der unter irregulären Bedingungen durchgepeitscht worden wäre und der den Ausgang der Vierschanzentournee massgeblich beeinflusst hätte. «Ich bin schon erleichtert, alles andere hätte auch keinen Sinn gemacht», sagte der deutsche Cheftrainer Werner Schuster nach dem Abbruch. «Da hätten wir auch gleich würfeln können.»