Nach zwölf Zügen hat der aserbaidschanische Grossmeister Eltaj Safarli am Sonntagmorgen den Siegerscheck am Basler Schachfestival in der Tasche, wohingegen das Turnier für den Schweizer Vorzeigespieler Yannick Pelletier mit einer grossen Enttäuschung endet. Und Festival-Organisator Bruno Zanetti gibt das Festival in andere Hände.
Die Schach-Geschichte wiederholt sich – allerdings mit leicht verändertem Happy End: Wie beim Weihnachts-Open in Zürich treffen Nijat Abasow und Eltaj Safarli auch in Riehen aufeinander. Die beiden Grossmeister aus Aserbaidschan kommen am Sonntagmorgen zehn Minuten zu spät – und nach drei Minuten und zwölf heruntergespulten Zügen ist das Spektakel am Spitzenbrett auch schon wieder vorbei. Einziger Unterschied beim Schachfestival Basel: Diesmal gewinnt Safarli mit sieben von neun Punkten den mit 2500 Franken dotierten ersten Preis.
Zürich-Sieger Abasow muss sich mit dem Remis und 6,5 Zählern sowie 500 Franken für Rang sechs begnügen. «In Zürich spielte ich sehr schlecht. In Basel war es auch nicht viel besser, doch ich hatte in der vorletzten Runde Glück gegen Christian Bauer und gewann die entscheidende Partie», sagt Safarli zum Meisterturnier am Basler Schachfestival.
Auch für Jinshi Bai gibt es im «Landgasthof» in Riehen ein Happy End, wenn auch nicht ein ganz perfektes. Nach seinen Turniersiegen in Kroatien und im niederländischen Groningen zum Jahresende schliesst der Chinese durch seinen Erfolg über den jungen Franzosen Bilel Bellahcene zwar zu Safarli auf. Zum Hattrick fehlt ihm allerdings die bessere Punktesumme.
Der Blitzstart und die Feinwertung
Bei dieser Feinwertung unter Punktgleichen werden die Zähler des Spielers nach jeder Runde aufaddiert. Wer furios startet, hat stärkere Gegner und muss sich die Siege schwerer verdienen. Safarli kommt am Ende auf eine Punktesumme von 37. Bai schliesst mit 36 knapp schlechter ab, so dass er lediglich 2000 Franken Preisgeld erhält.
Der 17-Jährige ist dennoch froh: «Ich habe ein paarmal glücklich gewonnen», stellt der Chinese mit asiatischer Bescheidenheit fest. Seine langfristigen Ziele steckt der Grossmeister allerdings deutlich höher. Das Talent, das ungewöhnlicherweise mit fünf Jahren die Regeln der westlichen Schach-Variante lernte, weil er im Kindergarten zufällig die Figuren stehen sah und «sie mich sofort vom Aussehen her faszinierten», träumt langfristig von den Top Ten. Und zwar weltweit, nicht nur im Reich der Mitte, das auch im Schachsport des Abendlands zunehmend für Furore sorgt.
Bronze sichert sich in Basel Christian Bauer mit ebenfalls sieben Zählern. «Platz drei hätte ich sofort unterschrieben. Vor allem nach meinem Start mit nur einem Sieg und zwei Remis», gesteht der Franzose und erklärt damit, warum er nur eine Punktesumme von 35 nach seinem Fehlstart einheimst.
«Doppelrunden sind nichts für alte Männer mit 40»
Einen richtig schwachen Moment hat der 39-Jährige nur am Samstag. «Doppelrunden sind nichts für alte Männer mit 40», hatte Bauer kurz zuvor geunkt (die TagesWoche berichtete) und sich vier Tage vor seinem runden Geburtstag selbst bestätigt. In der achten Runde zog der Grossmeister aus Montpellier in der vorentscheidenden Partie gegen Safarli den Kürzeren.
Zuvor hatte der Franzose jedoch die beiden deutschen Grossmeister Rasmus Svane, der mit 6,5 Punkten Vierter wurde, und im Schlussdurchgang den 18-jährigen Alexander Donchenko in überzeugender Manier zurückgebunden. Platz fünf geht an den Chinesen Rui Gao. Hinter Abasow folgen noch der Inder Chakkravar Deepan und der Niederländer Jorden van Foreest (alle 6,5). Die Top Ten komplettieren die Grossmeister Nummer neun und zehn, Donchenko und Jan-Christian Schröder (Deutschland).
Erfolgreichster Spieler der Region ist Andreas Heimann. Der Weiler Grossmeister in Diensten des A-Nationalligisten SG Riehen verpasst mit ebenfalls sechs Punkten als Zwölfter den Sprung in die Geldränge.
Pelletier stürzt auf Platz 48 ab
Mit einer grossen Enttäuschung endet für Yannick Pelletier das stark besetzte Meisterturnier. Nach zunächst nur einem Sieg und fünf Remis kassiert das eidgenössische Aushängeschild von der SG Zürich zwei Niederlagen gegen Amateure. Ein Schlussrunden-Sieg stimmt den 40-Jährigen auch nicht mehr versöhnlich, schliesslich stand er in Basel auch schon ganz oben auf dem Treppchen. Was ist da nun ein 48. Platz mit kargen fünf Zählern?
Nach einem glänzenden Europacup-Ergebnis und zuvor einigen Achtungserfolgen über Asse wie Weltmeister Magnus Carlsen (Norwegen) oder den Amerikaner Hikaru Nakamura büsst Pelletier in Basel schmerzhaft viele Weltranglistenpunkte ein.
Nur die jungen Schweizer fehlen
«Für meinen alten Jugendfreund Yannick tut es mir schrecklich leid», sagt Organisator Bruno Zanetti, «aber es gibt eben immer Sieger und Enttäuschte.» Zufrieden ist der Birsecker Klubpräsident jedoch mit dem Endergebnis des 107-köpfigen Meisterturniers: «Ein schnelles Remis am Spitzenbrett ist normal. Safarli als Turniersieger steigert auf jeden Fall das Renommee des Turniers. Zudem ist es eine Riesensache für uns, dass so viele junge Teilnehmer aus China oder Indien, aus den Niederlanden und sogar aus Venezuela kamen.»
Einziger Wermutstropfen für ihn ist «das Fehlen von jungen Schweizern, die sich hier hätten beweisen können». Schliesslich gab es durch die Erhöhung von sieben auf neun Runden die Möglichkeit, Titel-Normen zu erwerben. Diese Gelegenheit packt der Singapurer Zhen Yu Cyrus Low beim Schopf und sichert sich dank einiger Sensationssiege mit 5,5 Punkten eine Norm als Internationaler Meister.
Im Amateur-Open über neun Runden kassiert Tobias Döhler (Calw/Deutschland) mit 6,5 Punkten nach sieben Runden 1000 Franken. Der Birsecker Laurids Stockert (6) wird unter 74 Teilnehmern Zweiter vor Raymond Peter (Lyss-Seeland) und Robert Engel (Deutschland/je 5,5). Im kleineren Amateur-Turnier ab Mittwoch (17 Teilnehmer) sichert sich die Lettin Elina Otikova mit sechs Zählern den Siegerscheck über 700 Franken.
Das Festival geht in neue Hände über
Das Blitzturnier am Freitagabend gewann Grossmeister Mihajlo Stojanovic (Reti Zürich), der diesmal auf das Meister-Open verzichtete und als Schiedsrichter und Mitorganisator fungierte, mit glänzenden 8:1 Punkten. 2018 wird er einen neuen «Chef» haben. Zanetti und sein Verein «Schachfestival Basel» geben das drittgrösste Schweizer Schachturnier an Claudio Boschetti ab.
Der Tessiner mit italienischen Wurzeln richtete bisher 13 kleinere Open als «Suisse Chess Tour» aus. Boschetti ging es bis dato in den 15 Jahren als Turnierorganisator darum, Schach mit «eleganten Hotels und schönen Schweizer Orten wie in Davos, Ascona, Locarno oder Luzern» zu paaren. Zwei der 13 Wettbewerbe richtet der 60-Jährige aus Melano auch in Italien aus.
Nun soll ein höherer sportlicher Stellenwert mit dem Schachfestival Basel das Portfolio erweitern. «Ich freue mich auf das Turnier», sagte Boschetti vor der Siegerehrung mit Safarli, Bai und Bauer. «Einen Spieler mehr wird es im Amateur-Turnier mit mir geben», kündigte derweil der scheidende Zanetti an.
Die Schlussrangliste des Schachfestival Basel: