Ein FCB ohne Stil, Statik und Biss

Spiel 1 unter dem neuen Trainer Murat Yakin endet mit einer herben Enttäuschung: Der FC Basel unterliegt in Luzern nach einer phasenweise miserablen Leistung beim Tabellenvorletzten mit 0:1. Ein Eigentor des Debütanten Arlind Ajeti in der 60. Minute entscheidet die Partie.

Grübelnd: Murat Yakin neben Assistenztrainer Marco Walker. (Bild: Reuters/PASCAL LAUENER)

Spiel 1 unter dem neuen Trainer Murat Yakin endet mit einer herben Enttäuschung: Der FC Basel unterliegt in Luzern nach einer phasenweise miserablen Leistung beim Tabellenvorletzten mit 0:1. Ein Eigentor des Debütanten Arlind Ajeti in der 60. Minute entscheidet die Partie.

Murat Yakin hätte es sich einfacher machen können. Er hätte – all der Miesmach-Versuche der vergangenen Tage zum Trotz – auf dem nicht gänzlich untauglichen Fundament aufbauen können, das ihm sein Vorgänger Heiko Vogel hinterlassen hat. Aber der neue Trainer des FC Basel sah vor der Partie gegen den FC Luzern offenbar die Notwendigkeit, etwas zu verändern. Vielleicht konnte er auch schlicht der Versuchung nicht widerstehen, sich im ersten Spiel als Neuerer zu profilieren.

Yakin stellte das System um, verwarf das bisherige 4-4-2 und brachte drei Innenverteidiger sowie fünf Mittelfeldspieler. Er holte Radoslav Kovac aus der Verbannung zurück, in die der Tscheche von Vogel geschickt worden war, weil er sich vom Ex-Trainer des FCB in Richtung  Watford verabschiedet hatte, um dann doch in Basel zu bleiben. Und Yakin verzichtete auf die zwei Verteidiger-Neuzugänge des Sommers. Fabian Schär sass auf die Bank und Gaston Sauro auf die Tribüne.

Erst langweilig, dann der Unfall

Die Wochendebatte: Ist der Trainerwechsel des FCB richtig?

Die TagesWoche hat den Sportjournalisten Michael Martin und den Theaterintendanten Roland Suter eingeladen, Pro und Contra der Entlassung von Heiko Vogel als Trainer des FC Basel zu beurteilen. Debattieren Sie mit.

Dafür durfte in der Innenverteidigung mit Arlind Ajeti ein 19-jähriges Eigengewächs seine Visitenkarte abgeben. Das war ja von Yakin bei der Präsentation durch den FCB-Präsidenten Bernhard Heusler halb durch die Blume, halb offiziell verlangt worden: Dass er auf den eigenen Nachwuchs setzen solle.

Das Resultat all dieser Umstellungen war ein in der ersten Halbzeit ziemlich langweiliges Spiel zweier mutloser, verunsicherter Mannschaften. Immerhin besass der FCB da noch zwei Chancen. Doch Alex Frei konnte beide Male seine Formbaisse nicht hinter sich lassen.

Was nach dem Seitenwechsel geschah, war der grösste anzunehmende Unfall für den FCB. Kaum hatte sich der FCL entschieden, sich im Offensiv-Fussball zu versuchen, verloren die Basler jegliche Ordnung. Defensiv stabiler habe Yakin das Team ausrichten wollen, erklärte Captain Marco Streller danach. Das Gegenteil war der Fall.

Das kuriose Eigentor von Debütant Ajeti

Weil kein Basler zu wissen schien, was er im Spielaufbau wann, wie, warum anzufangen hatte, wurde der Ball schneller verloren, als er erobert worden war. Also geriet der FCB defensiv immer mehr in Rücklage. In der 57. Minute kam er noch um ein Gegentor herum, als Dario Lezcano die Latte traf.

Drei Minuten später war es um die Basler geschehen. Ein grober Ballverlust von Fabian Frei, der in jener Szene an der linken Aussenlinie allerdings auch alleine gelassen wurde, leitete das Unheil ein. Adrian Winter brachte den Ball sofort zur Mitte, wo ihn FCB-Goalie Yann Sommer dem eigenen Mitspieler Ajeti ans Bein lenkte. Von dort hoppelte die Kugel zum Luzerner Siegtreffer ins Tor.

Kein Schuss aufs Tor – eine Bankrotterklärung

Danach öffneten sich beim FCB alle Schleusen. Yakin versuchte mit der Umstellung auf ein 4-4-2 noch zu retten, was nicht mehr zu retten war. Und die Luzerner fuhren praktisch im Minutentakt Konter, die gefährlich hätten sein können, wären sie nicht derart dilettantisch gespielt worden. Gegen einen Gegner, der mehr offensive Klasse aufweist als der Zweitletzte der Super League, hätten die Basler auch mit 0:3 oder 0:4 verlieren können.

Und offensiv, wo die Basler laut Yakin «flexibler» hatten werden wollen, ging gar nichts. Kein einziger Schuss aufs Tor gelang dem FCB in 94 Minuten. Eine Bankrotterklärung.

Yakin selbst zeigte sich nach dem Spiel «überrascht davon, dass die Zweikämpfe in dieser Häufigkeit nicht gewonnen wurden; und auch die zweiten Bälle». Die zweiten Bälle – Dieser Ausdruck muss beim FCB letztmals in der Ära Christian Gross gefallen sein.

Mehr Fragen als Antworten

So bleibt nach einem fragwürdigen Trainerwechsel ein Startspiel des neuen Trainers, das neue Fragen aufwirft. Warum Murat Yakin die Grundordnung des Teams über den Haufen warf, ist das eine. Die Ergebnisse in dieser Saison unter Vogel mögen nicht den Erwartungen des Clubs entsprochen haben, der Auftritt der Mannschaft zuweilen glanz- oder gar farblos gewesen sein. Doch in Luzern geriet die Mannschaft nach dem Seitenwechsel auf dem Platz völlig aus den Fugen.

Dass in Luzern, nach nur fünf Trainingstagen, keine Wunder zu erwarten waren, darf Yakin ins Feld führen. Es standen am Sonntag jedoch auch lediglich zwei Spieler auf dem Platz (Sommer, Dragovic), die nach ihren Nationalmannschaftsreisen erst Mitte der Woche voll ins Training einsteigen konnten.

Zehn Millionen auf der Bank und Tribüne

Einige andere Kandidaten sassen auf der Bank, wie Mohamed Salah oder Marcelo Diaz, den Yakin am Freitag eigentlich nicht vorgesehen hatte für Luzern, oder Gaston Sauro, der sich unvermittelt aus dem Aufgebot gestrichen wiederfand. Damit verzichtete Yakin in der Startelf auf jene drei Spieler, die der FCB im Sommer für rund zehn Millionen nach Basel transferiert hat.

Aber Yakin tat auch den anderen Spielern mit der Systemumstellung keinen Gefallen. Eine Umstellung, die Vogel auch im Schilde geführt hatte. Was er aber verwarf, wie er in einem Interview mit der TagesWoche kurz vor seiner Entlassung dargelegt hatte. Weil er die Mannschaft damit im Moment nicht überfordern wollte. Yakin hat hoch gepokert bei seinem Premierenspiel – und verloren.

Nach einer lauen ersten Halbzeit, in der die Dreierlinie nicht gross gefordert worden war und zumindest Philipp Degen – im Gegensatz zu seinem Bruder David auf der anderen Seite – in neuer Rolle auf dem rechten Flügel ein paar gute Offensivszenen hatte, genügte eine kleine Tempoverschärfung der Luzerner und eine etwas aggressivere Gangart im Zweikampf, um den FCB in Bedrängnis zu bringen.

Stil und Statik – alles durcheinander

Erst einmal in Rückstand liegend hatte die Mannschaft nicht mehr die Ruhe, ihr Spiel aufzuziehen, besass sie nichts mehr von einer gewissen Überzeugung, die sie in den zurückliegenden Wochen immerhin noch phasenweise ausgestrahlt hatte, als sie Spiele wie gegen Genk oder Servette mehr oder weniger aus dem Feuer gerissen hatte.

46 Prozent Basler Ballbesitz wies eine von den Luzernern geführte Statistik am Ende aus, Schüsse aufs Tor des FCB-Gegners gar keine – da hat sich innerhalb einer Woche etwas merkwürdig gewandelt. Erst in Statik und Stilistik eines Teams ablesbar, und schliesslich in einer Tagesform mündend, die nichts von dem hielt, was sich die Basler wohl als Nebeneffekt des Trainerwechsels versprochen hatten: eine andere Einstellung.

Den Weg zurück zum Erfolg führe «über den Kampf» sagte Yakin nach seinem Debüt als FCB-Trainer noch. «Zweikampf» war das von ihm am häufigsten bemühte Wort nach dem Schlusspfiff in Luzern. Es folgen nun zwei weitere Auswärtsspiele, am Donnerstag erst in der Europa League gegen Videoton, dann beim FCZ.

Bis dahin bleibt festzustellen: Aus einer grübelnd wirkenden, etwas pomadig und zu wenig zupackenden Mannschaft unter Heiko Vogel ist vorerst eine geworden, die jedes Selbstverständnis vermissen lässt.

Super League, 13. Runde
FC Luzern–FC Basel 1:0 (0:0)
Swissporarena. – 16‘253 Zuschauer. – SR Grobelnik (Österreich).

Tore: 60. Ajeti 1:0 (Eigentor; drückt den Ball bedrängt von Hyka über die Linie; dies nach Ballverlust Fabian Frei und flacher Hereingabe von Winter, die Sommer nicht klären kann).
Verwarnungen: 40. Cabral (Foul; im nächsten Spiel in Zürich gesperrt), 42. D. Degen (Reklamieren), 44. Puljic (Foul), 49. Dragovic (Foul).

FC Luzern (4-4-2): Zibung; Thiesson, Stahel, Puljic, Lustenberger; Hyka (82. Sarr), Wiss (69. Hochstrasser), Muntwiler, Andrist; Winter, Lezcano (73. Kryeziu).
FC Basel (3-5-2): Sommer; Ajeti, Kovac (75. Zoua), Dragovic; P. Degen, F. Frei, Cabral (58. Salah), Yapi, D. Degen (69. Steinhöfer); A. Frei, Streller.

Bemerkungen: Luzern ohne Renggli, Gygax, Sorgic, Bento (verletzt), Rangelov (krank), Luqmon, Urtic (ohne Aufgebot). FCB ohne Stocker (gesperrt), Jevtic (verletzt), Voser (krank), Sauro, Grether, Vuleta, Pak (ohne Aufgebot). – 57. Kopfball Lezcano an die Torlatte. – 75. FCB mit der Hereinnahme von Stürmer Zoua für Verteidiger Kovac in einem 4-4-2-System.

 

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