Für die einen ist es der letzte Schritt zur Überkommerzialisierung des Sports, für die anderen willkommene Einkommensquelle oder Gelegenheit, die eigene Marke zu bewerben. Der Verkauf von Namensrechten ist für alle nicht frei von Risiken.
So hatten sich das weder der Veranstalter noch der Geldgeber vorgestellt. 2012 übernahm die Grosspeter Garage das Namenssponsoring des Basler Cup im regionalen Fussball – und erhoffte sich dadurch auch erhöhte mediale Präsenz. Herausgekommen ist in diesem Bereich so gut wie nichts. 2012 schaffte es der Name der Garage dreimal in die Printmedien. «Wir waren sehr unglücklich», sagt Nathalie Riggenbach, Leiterin Kommunikation bei Grosspeter.
Es war die erste Lektion, die die Garage und der Fussballverband Nordwestschweiz, der die Namensrechte am Basler Cup veräusserte, zu lernen hatten: Es reicht nicht, einen Anlass einfach umzutaufen. «Namenssponsoring macht nur dann Sinn, wenn es vom Unternehmen mit den eigenen Marketingaktivitäten vernetzt wird», sagt Peter Rohlmann, der mit seiner Agentur PR-Marketing seit zehn Jahren im Sportbereich tätig ist, «ein Unternehmen, das im Sport ein Namensrecht kauft, muss zusätzlich Geld investieren, um Aktivitäten rund um den sportlichen Anlass durchzuführen.»
Es ist kein Zufall, dass ein regionaler Fussballverband und ein regionales Unternehmen in der Schweiz im Bereich des Namenssponsorings Lehrgeld zahlen. In den USA konnten spätestens seit 1926 Erfahrung mit verkauften Namensrechten gesammelt werden. Damals taufte der Kaugummi-Produzent und Stadion-Besitzer die Baseball-Arena von Chicago in Wrigley Field um. Die Schweiz aber ist erst dabei, das Namenssponsoring abseits der traditionell nach Geldgebern getauften Fahrrad- und Automobil-Rennställe zu entdecken.
Die Unlust der Medien
Das Problem, mit dem nicht nur Grosspeter Bekanntschaft gemacht hat, ist dabei die Unlust der Medien, bei einem Namenssponsoring den Geldgeber auch zu nennen. «Journalisten haben grundsätzlich Mühe mit solchen Dingen», sagt Marcel Rohr, Sportchef der «Basler Zeitung». Und er erklärt auch warum: «Man erhält das Gefühl, dass man ein Stück weit kommerzialisiert wird.»
So ist bei den meisten Schweizer Zeitungen Usus, dass der Name eines Sponsors nicht oder höchstens einmal im Text genannt wird. Klare Richtlinien gibt es auf den Redaktionen allerdings kaum. Der «Tages-Anzeiger» nennt zum Beispiel die oberste Fussball-Liga in den Resultaten Raiffeisen Super League, nicht aber in den Texten. Die bei Umbenennungen bekannt renitente NZZ, die sich 2003 eine Saison lang geweigert hatte, den Wechsel von Nationalliga A zu Super League mitzumachen, nennt Raiffeisen nur, wenn der Sponsor explizit Thema des Artikels ist.
Wer zahlt, wird genannt
Die Sportinformation (SI) geht sogar so weit, Geld zu verlangen, wenn der Namenssponsor genannt sein will. Das ist auch deswegen speziell, weil die SI als Presseagentur eine Monopolstellung innehat, in der Schweiz so gut wie jedem Medium Sportmeldungen verkauft und praktisch jeder Online-Nachrichtenseite, TagesWoche inklusive, den Sport-Newsticker liefert – ebenfalls gegen Bezahlung.
«Transportgebühr» nennt Ueli Moser die finanzielle Forderung an die Sponsoren. Der Leiter Administration der SI macht einen Mehraufwand seiner Journalisten geltend: «Wir haben keinen Grund, das Wort Raiffeisen in unsere Artikel zu schreiben.»
Im Gegensatz zu Raiffeisen war Vorgänger Axpo bereit, die Agentur für die Nennung des Namens zu bezahlen. So wie auch die Post, die in jedem Eishockey-Telegramm der SI mit ihrem «Postfinance Topskorer» auftaucht. «Auch das rutscht nicht einfach so rein», sagt Moser.
«Das rutscht nicht einfach so rein»
Aber natürlich gibt es Möglichkeiten, auch die unwilligsten Journalisten ohne Bezahlung zur Nennung eines Sponsors zu bringen: Wenn der Name praktisch nur noch aus jenem des Geldgebers besteht. So, wie es in der Formel 1 und bei Velo-Teams längst gang und gäbe ist.
Für Sponsoren kann diese Verschmelzung mit einem Anlass oder einem Team durchaus lohnend sein. Die Website «Cyclingnews» hat in diesem Jahr die Medienpräsenz der Hauptsponsoren von Rad-Teams erhoben und umgerechnet, wie viel es gekostet hätte, im selben Rahmen Werbung zu schalten. Demnach erhalten die Hauptsponsoren der zur höchsten Kategorie gehörenden ProTeams für jeden in ihren Rennstall investierten Dollar im Schnitt 5,4 Dollar an Medienpräsenz zurück.
Die fehlende Fan-Bindung
Der Radsport zeigt aber auch, welche Probleme entstehen, wenn Teams ganz auf ihren Hauptsponsor ausgerichtet sind. «Weil die Sponsoren häufig wechseln, werden die Teams gezwungen, ihre Identität immer wieder von null an aufzubauen», schreibt der Sponsorenreport von «Cyclingnews». Und stellt fest, dass einige Rennställe aus diesem Grund daran seien, «sich selbst als Marke zu positionieren». Denn nur so kann eine längerfristige Bindung zu den Sportfans hergestellt werden.
Wo bereits eine solch feste Bindung zu einer Fanbasis besteht, ist ein Namenssponsoring besonders heikel. Eines der bekanntesten Beispiele ist die Umbenennung des SV Austria Salzburg in Red Bull Salzburg 2005. Als Reaktion auf den Verlust von Vereinsname und -farben gründeten enttäuschte Austria-Anhänger einen neuen Club. Der spielt unter dem alten Namen und im traditionellen Violett-Weiss inzwischen in der dritthöchsten Liga Österreichs und zieht stets über 1000 Fans an.
Der Zuschauerschnitt von Red Bull Salzburg ist von 16’500 in der Saison nach der Übernahme auf zuletzt 8500 gesunken. Was der Einsicht von PR-Fachmann Rohlmann entspricht, dass Fans bei der Umbenennung einer Mannschaft zwar nicht einfach so verschwinden: «Aber es kann sein, dass sie sich vom Club zurückziehen, dass ihre Unterstützung schwindet.»
Zwei Marken im Wettstreit
Kommt dazu, dass ein Sportclub für sich selbst eine Marke ist, die durch eine Umbenennung an Wert verlieren kann. Kein Zufall, dass es unter den Basler Spitzenclubs der FC Basel ist, der eine Sicherheitsklausel gegen eine Umbenennung kennt, während sich alle anderen Vereine mit weniger Markenwert grundsätzlich offen zeigen (siehe unten), dafür aber für Sponsoren wegen ihrer geringeren Medienpräsenz weniger interessant sind.
Der goldene Ausweg aus diesem Dilemma scheint für potente Unternehmen das Namenssponsoring von Sportstadien oder Ligen zu sein, das auch in der Schweiz Einzug gehalten hat. Wobei es sich bei Ligen ähnlich verhält wie bei Clubs: je kleiner, um so mehr wird die eigene Identität zugunsten von Sponsorengeldern aufgegeben. So wie im Unihockey, wo die oberste Liga fünf Jahre lang Swiss Mobiliar League hiess.
Im Sommer lässt Mobiliar den Vertrag auslaufen. Und auch wenn Swiss Unihockey dies bedauert, so ist der Verband doch nicht nur unglücklich, dass der Liga-Name nun nicht mehr vom Sponsor vorgegeben wird. «Es ist für die Bedeutung der Sportart nicht schlecht, wenn das Wort Unihockey im Liganamen auftaucht», sagt Pressesprecher Daniel Bollinger.
Neu erfundene Namen verwirren den Kunden
Zumal komplett neu erfundene Liganamen auch die Orientierung erschweren. Das war der Hauptgrund, weswegen die Schweizer Fussball-Liga aus ihrer Super League nicht eine reine Raiffeisen League machen wollte: «An etwas muss erkennbar bleiben, dass es sich um die höchste Spielklasse des Landes handelt», sagt Ligasprecher Philippe Guggisberg, «nun, da auch die Challenge League einen Namenssponsor hat, würde die Übersichtlichkeit leiden.»
Denn wer würde auf Anhieb wissen, ob nun die Raiffeisen League oder die Brack.ch League die höhere Liga ist? Also bleibt Raiffeisen und Brack.ch bloss, als Anhängsel vor den eigentlichen Liganamen gepappt zu werden. Um trotzdem möglichst viel Medienpräsenz zu erhalten, wird stark mit visuellen Elementen gearbeitet. So schafft zumindest Raiffeisen ins Fernsehen, die wichtigste mediale Werbeplattform.
NZZ bricht Experiment ab
Etwas weniger Aufwand braucht es da beim Sponsoring von Stadionnamen, sagt Rohlmann: «Man erhält sehr schnell Medienpräsenz.» Tatsächlich musste sogar die NZZ aus praktischen Gründen das Experiment schnell abbrechen, die neuen Stadionnamen durch die alten zu ersetzen.
Doch auch bei Namensrechten von Stadien gibt es Unterschiede. Wird ein Stadion neu gebaut, so bürgert sich der gesponserte Name meist schnell ein. So, wie bei der Allianz-Arena in München, die seit der Grundsteinlegung diesen Namen trägt. «Aber je älter ein Name ist, umso länger geht es, bis sich der neue Name etabliert», sagt Rohlmann. Deswegen müssten sich Namenssponsoren grundsätzlich langfristig engagieren: «Drei oder vier Jahre machen keinen Sinn, weil die ersten zwei Jahre allein dafür benötigt werden, um den Namen zu etablieren.»
Grosspeter und der Basler Cup stehen erst im zweiten Jahr. 2013 hat die Garage an den Finals stärker auf visuelle Präsenz gesetzt – und sich auf anwesende Zuschauerinnen und Zuschauer fokussiert. So sagt Nathalie Riggenbach zur Austragung 2013: «Wir sind sehr zufrieden.» Und das, obwohl ihr Arbeitgeber in den Printmedien noch dreimal weniger genannt wurde als ein Jahr zuvor: exakt einmal.
So stehen die regionalen Clubs zu Namenssponsoring
FC Basel
Gross war die Angst der FCB-Fans vor einer möglichen Namensänderung, als die Profiabteilung vom Club in die AG verschoben wurde. Um dieser Furcht Rechnung zu tragen, besteht in der AG ein Minderheitenschutz: Nur wenn die Clubmitglieder des FCB einer Namensänderung zustimmen, kann die AG den Namen der ersten Mannschaft ändern. So ist ein Red Bull Basel also nicht komplett unmöglich, aber doch unrealistisch.
Die Namensrechte des Stadions St.-Jakob-Park liegen bei der Stadiongenossenschaft. Dort will Präsident Thomas Meyer «nichts ausschliessen, wenn jemand mit dem ganz grossen Köfferchen kommt». Trotzdem ist eine Namensänderung sehr unwahrscheinlich. «St.-Jakob-Park ist ein etablierter Name, den wir nicht kaputtmachen wollen», sagt Meyer, «ausserdem müsste ein Sponsorname Sinn machen. Eine Zürich-Arena wäre wohl nicht so gut.»
Starwings
Die regionalen Basketballer sind offen, wenn es um Namenssponsoring geht. «Wenn wir jemanden finden würden, wären wir bereit», sagt Vizepräsident Pascal Donati. Die Starwings haben ihren bestehenden Sponsoren die Namensrechte sogar offeriert, doch weder Novartis noch Endress und Hauser wollten die Umbenennung. Gegen 150 000 Franken müsste wohl jemand investieren, der die Starwings nach seiner Firma benennen möchte.
Sm’Aesch-Pfeffingen
Präsident Werner Schmid hat schon überlegt, ob er seine Volleyballerinnen unter anderem Namen starten lassen soll: «Aber die Gemeinden helfen uns sehr und wären kaum glücklich, wenn sie nicht mehr im Clubnamen vorkämen.» Ein Namenssponsor kommt für ihn nur dann in Frage, «wenn es finanziell und von der Namensgebung her Sinn macht». Kostenpunkt: Wohl rund 100 000 Franken.
EHC Basel
Der EHC hat bereits ein paar Namensänderungen hinter sich. Von EHC-Basel-Rotweiss über EHC Basel Kleinhüningen Dragons bis zum heutigen EHC Basel Sharks. Über einen Namenssponsor hat sich der fürs Marketing verantwortliche Stefan Voegele bislang aber keine Gedanken gemacht. Ein grosser Fan ist er nicht: «Aber wenn Red Bull mit zwei Millionen kommt, darf man nicht gleich abwinken.»
RTV Basel
Dem RTV ist die Tradition zwar insofern wichtig, als er sein Gründungsjahr 1879 in jeder Pressemitteilung nennt. Trotzdem würde Alex Ebi einen Namenssponsor mit offenen Armen empfangen, so er genügend Geld mitbringt. «Es müsste reichen, um an der Spitze der NLA mitzuspielen», sagt der Präsident. Was bedeutet, dass ein Engagement beim RTV eine Million und mehr kosten dürfte.
Quellen
Die Wikipedia (Englisch) über Namensrechte.
Dazu Telefongespräche mit allen regionalen Clubs, Vertretern von Swiss Football League, Raiffeisen, Swiss Unihockey, Peter Rohlmann von PR-Marketing, Grosspeter und verschiedenen Journalisten anderer Medienhäuser.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.06.13