Ein Hattrick, drei Punkte und 45’629 Stimmen für ein neues Stadion in Freiburg

Mit klarer Mehrheit stimmen die Bürger dem Neubau eines Stadions für den SC Freiburg zu, für den am Tag vor dem Urnengang das 4:1 gegen Frankfurt ein Steilpass im Abstiegskampf der Bundesliga war.

epa04597672 Freiburg's Nils Petersen cheers during the German Bundesliga soccer match SC Freiburg vs Eintracht Frankfurt at the Schwarzwald-Stadium in Freiburg, Germany, 31 January 2015. ..(ATTENTION: Due to the accreditation guidelines, the DFL only permits the publication and utilisation of up to 15 pictures per match on the internet and in online media during the match) EPA/PATRICK SEEGER (Bild: Keystone/PATRICK SEEGER)

Mit klarer Mehrheit stimmen die Bürger dem Neubau eines Stadions für den SC Freiburg zu, für den am Tag vor dem Urnengang das 4:1 gegen Frankfurt ein Steilpass im Abstiegskampf der Bundesliga war.

Um 18 Uhr 51 brandete in der Gerichtslaube des Freiburger Rathauses lauter Applaus auf. Zu diesem Zeitpunkt verkündete Andreas Kern vom Amt für Statistik das Ergebnis des 139. von insgesamt 147 Wahlkreisen. Eines von vielen, das mit 60 Prozent für den Stadionneubau ausgefallen war.

Das finanzielle Gesamtvolumen des Stadionprojekts wird vorläufig auf etwa 117 Millionen Euro veranschlagt. Die Stadt übernimmt rund 38 Millionen für Infrastrukturkosten. 11 Millionen soll es als Zuschuss vom Land Baden-Württemberg geben, knapp 13 Millionen als stille Einlage vom Sponsor und Getränkelieferant Staatsbrauerei Rothaus. Den Rest zahlt der SC unmittelbar (15 Millionen) und indirekt über jährliche Pachtzahlungen. Die Stadt steuert zudem das Grundstück bei.
» Das Stadion bei der Stadt Freiburg 

Der Rest war Formsache, denn nun stand fest, dass auch das Quorum erreicht war: Die 169’136 wahlberechtigten Freiburger Bürger ab 16 Jahren sind in ausreichender Zahl zur Wahl gegangen, und sie haben die Stadionpläne des SC mit einer satten Mehrheit ausgestattet. 45’629 Ja-Stimmen standen schliesslich 32’790 negativen Voten gegenüber,

Damit haben 58,2 Prozent (Wahlbeteiligung: 48 Prozent) dem Konzept für den Neubau im Freiburger Osten zugestimmt. «Das ist ein beeindruckendes Votum. Ein so deutliches Ergebnis ist in einer Neinsager-Gesellschaft wie der unseren bemerkenswert», sagte der SC-Vorsitzende Fritz Keller, der «überglücklich» vom «wichtigsten Sieg der letzten 20 Jahre sprach.

Scharfe Töne im Wahlkampf

Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon, der sich im Wahlkampf auf Seiten des SC engagiert hatte und die Gegner als «Pegida ohne Islamophobie» bezeichnet hatte, meinte, Freiburg könne stolz darauf sein, dass es in einem «jederzeit transparenten Verfahren» zu einer Entscheidung gekommen sei.




Choreografie im Schwarzwaldstadion am Tag vor dem Bürgerentscheid. (Bild: Imago)

Dass Teile der Gegner am Freitag in Sozialwohnungen Flugblätter verteilt hatten, in denen sie davor warnten, dass bei einem Erfolg der Stadion-Befürworter die Mieten erhöht würden, nannte der Grünen-Politiker «infam» und «geschmacklos.»

Ernüchtert zeigten sich hingegen die Stadiongegner: «Ich bin enttäuscht, und ich denke, das geht vielen so», sagte Ulrich Glaubitz von der Initiative «Freiburg lebenswert.» Er habe mit einem weniger klaren Ergebnis gerechnet.

Platz für 35’000 Zuschauer, 117 Millionen teuer

Aufgrund des deutlichen Votums kann der Sportclub nun in die detaillierte Planung des neuen Stadions einsteigen, das er selbst zu etwa zwei Dritteln finanzieren will, während etwa 40 Millionen Euro von der Stadt Freiburg bewilligt wurden. Inklusive Infrastrukturmassnahmen wird das Projekt auf 117 Millionen Euro veranschlagt und 2019 als möglicher Termin für die Eröffnung der neuen Arena in der Nähe der Autobahnzufahrt Mitte genannt. 

Der SC-Trainer Christian Streich vor dem Abstimmung:

Auf Seiten der Befürworter wird der Neubau eines Stadion mit rund 35’000 Plätzen als Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit des Vereins in der Bundesliga erachtet. «Ohne ein neues Stadion wird es in Freiburg keinen Profifussball mehr geben», hatte Fritz Keller im Wahlkampf immer wieder gewarnt.

Die Steilvorlage auf dem Spielfeld

Schon der Tag vor der Abstimmung hatte sich aus Sicht des SC prima angelassen. Im angestammten Schwarzwaldstadion besiegte man Eintracht Frankfurt mit 4:1. Nils Petersen, von Werder Bremen in der Winterpause ausgeliehen, erzielte dabei nach seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit einen lupenreinen Hattrick und hatte danach seine liebe Mühe, sich von der Heldenverehrung nicht anstecken zu lassen. «Wenn ich so etwas vorher geahnt hätte, wäre ich kein Realist», sagte Petersen zu seinem hinreissenden Einstand.

epa04597673 Freiburg's Vladimir Darida, Nils Petersen and Admir Mehmed cheer during the German Bundesliga soccer match SC Freiburg vs Eintracht Frankfurt at the Schwarzwald-Stadium in Freiburg, Germany, 31 January 2015. ..(ATTENTION: Due to the accreditation guidelines, the DFL only permits the publication and utilisation of up to 15 pictures per match on the internet and in online media during the match) EPA/PATRICK SEEGER

Freuen mit dem Neuen: Vladimir Darida und Admir Mehmeti nehmen den Hattrick-Torschützen Nils Petersen in ihre Mitte. (Bild: Keystone/PATRICK SEEGER)

In der Hinrunde hatte der Sportclub in 17 Partien nur 17 Tore zu Wege gebracht – und davon nur eines, das von einem etatmässigen Stürmer erzielt wurde. Admir Mehmedi, für das Unikat verantwortlich, ist in dieser Saison noch nicht richtig in Tritt gekommen, auch gegen die Eintracht hatte der Schweizer Nationalspieler einige unglückliche Aktionen und wurde verletzt ausgetauscht.

Mehmedis Verletzung

Eine erste Untersuchung deutet auf eine Sprunggelenkverletzung hin, und es ist unklar, wie lange er ausfällt. Dabei soll gerade Mehmedi von Petersen profitieren, der mit seiner Grösse und Kopfballstärke Lücken für den ehemaligen Zürcher reissen soll.

Gegen Frankfurt behauptete Petersen vorne die Bälle, legte clever auf seine Mitspieler ab und schien überhaupt die ganze Elf mitzureissen. Vladimir Darida, der Elfmeter-Schütze zum zwischenzeitlichen 1:1 (62.), Felix Klaus, Mike Frantz und Jonathan Schmid blühten in der zweiten Halbzeit sichtlich auf.

Vor Petersens erstem Treffer (70.) legte Jonathan Schmid zentimetergenau auf, seinem zweiten (74.) und dritten Treffer (88.) gingen exakt getimte Flanken von Mike Frantz und Schmid voraus.

Petersen trifft gegen Förderer

Dabei hatte zur Halbzeit nichts auf ein Freiburger Erfolgserlebnis hingedeutet. Den ersten Durchgang hatte die Eintracht klar dominiert. Spielerisch, taktisch und läuferisch waren die Hessen klar überlegen gewesen, ehe nach dem Freiburger Ausgleichstor der Faden riss. «Völlig unverständlich», wie nicht nur Eintracht-Coach Thomas Schaaf fand.

Der ehemalige Werder-Coach, der 2012 Petersen von den Bayern nach Bremen geholt hatte, hatte schon vor der Partie vor Petersen gewarnt. Und das, obwohl der 26-Jährige in der gesamten Wintervorbereitung ohne Torerfolg geblieben war und noch vergangene Woche selbst sehr nachdenklich gewirkt hatte.

Wie Petersen auf seine Nichtberücksichtigung in der Startelf reagierte, hat Trainer Christian Streich gefallen: «Er hat das akzeptiert und seine Kollegen gepusht», berichtete Streich, «dass er so klasse reagiert, ist mir mindestens so wichtig wie die Tore.»

Wahlparty mit dem Weltmeistertrainer 

Gefeiert wurde am Wochenende in Freiburg – zumindest von den Fussballfreunden – also doppelt. «Ich bin sehr froh, dass sich Freiburg hinter den SC gestellt hat», sagte Trainer Streich am Sonntagabend bei der Wahlparty in der Theaterpassage, zu der sich auch Bundestrainer Joachim Löw gesellt hatte. Und Oberbürgermeister Dieter Salomon hob kurzerhand die Polizeistunde auf: «Feiert schön und feiert lang, ihr braucht gar nicht aufhören!»

 

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