Ein Leberhaken für den kratzbürstigen Kater

22. Sieg im 22. Profikampf für Arnold «the cobra» Gjergjaj vom Boxclub Basel. Doch der Prattler Schwergewichtler muss gegen den Argentinier Nelson Dominguez für einmal improvisieren, um zum K.o. in der dritten Runde zu kommen.

Nicht einfach zu treffen. Nelson «Chatran» Dominguez macht sich gegen Arnold «the cobra» Gjergjaj ganz klein. Doch das … (Bild: Florian Raz)

22. Sieg im 22. Profikampf für Arnold «the cobra» Gjergjaj vom Boxclub Basel. Doch der Prattler Schwergewichtler muss gegen den Argentinier Nelson Dominguez für einmal improvisieren, um zum K.o. in der dritten Runde zu kommen.

Nelson Dario Dominguez ist ein Mann mit vielen Eigenschaften. Der Argentinier kann zum Beispiel zwischen zwei Lungenzügen blitzschnell seine beiden linken oberen Schneidezähne nach vorn schnellen lassen. Untrügliches Zeichen dafür, dass er in seiner Karriere als Schwergewichtsboxer bereits einiges eingesteckt hat.

Knapp eine Stunde erst ist vergangen, seit Dominguez das zweifelhafte Vergnügen hatte, als 22. Profigegner von Arnold «the cobra» Gjergjaj im Ring zu stehen. Jetzt lehnt sich der 35-jährige Schwergewichtsboxer neben dem Eingang des Casino Hotels Basel an die Wand, raucht und ärgert sich noch immer darüber, dass er Gjergjajs 16. K.o.-Opfer geworden ist.

Für Dominguez steht fest, dass er durch einen unsauberen Schlag verloren hat. Bereits im Ring hat er wütend angezeigt, Gjergjaj habe ihn von hinten getroffen. Kurz schien er sich gar einen zweiten Kampf vorstellen zu können – gegen den Ringrichter. Jetzt ist Dominguez etwas abgekühlt, schnippst die Zigarette weg und sagt: «Mann, ich hätte gewinnen können.»

Ein Büsi? Wohl eher ein Strassenkater

Diese Einschätzung darf zwar bezweifelt werden. Die Kondition gehört sicher nicht zu seinen Stärken, Dominguez hätte von Runde zu Runde kaum an Kraft und Geschwindigkeit zugelegt. Aber der Glaube an sich selbst machte ihn an diesem Samstagabend durchaus zu einem Gegner, der den Lokalmatadoren Gjergjaj etwas kitzeln konnte.

«Chatran» lautet Dominguez’ Spitzname. Wer auch immer auf die Idee gekommen ist, ihn nach einem niedlichen Tigerkätzchen aus einem japanischen Film zu benennen, er lag knapp daneben. Dominguez kämpfte nicht wie ein Büsi – er gebärdete sich von Anfang an wie ein kratzbürstiger Strassenkater, der es gewohnt ist, um jede Fischgräte in den Strassengräben seines Quartiers zu kämpfen.

Und er vermochte Gjergjaj mit seiner furchtlosen Art durchaus zu beeindrucken. So sehr, dass der Prattler seine zurechtgelegten Pläne bald einmal ad acta legen musste. «Aus der Distanz» habe er kämpfen wollen «und mit vielen Haken von unten», sagte Gjergjaj nach dem Kampf in seinem Zimmer im neunten Stock: «Aber das hat sich dann nicht so ergeben.»

Pläne sind da, um geändert zu werden

Das wiederum lag an Dominguez’ Kampfstil. An die zwanzig Zentimeter kleiner gewachsen als der 1,97 Meter grosse Gjergjaj machte sich der Argentinier bei jedem Angriff des Prattlers noch kleiner. Dazu suchte er mit unorthodoxen Schwingern den Weg zu Gjergjas Kopf – und fand ihn auch. Vor allem in Runde zwei, als Gjergjaj unkonzentriert wurde: «Da machte ich einen Fehler. Ich wollte nach einem Treffer nachsetzen – aber da hatte er schon gekontert.»

So sah sich Gjergjaj gezwungen, im Kampf seinen Plan zu ändern, zu improvisieren. Und der 28-Jährige vom Boxclub Basel tat das Richtige. Er bemerkte, wie sein Gegner nach jedem Körpertreffer ächzte, also schlug er mehr gegen den Torso. Und er tat das in der dritten Runde mit solcher Wucht, dass «Chatran» bis zehn nicht mehr auf die Beine kam: K.o.

Im Hotelzimmer wird der Schlag kontrolliert

Ganz sicher, wo er Dominguez getroffen hatte, war sich Gjergjaj danach nicht. Die Vision der Bilder des kosovarischen TV-Teams in seinem Zimmer aber zeigten: Es war kein Treffer von hinten. Sondern ein klassischer Leberhaken. Dieser Schlag mag im Schwergewichtsboxen selten zum vorzeitigen Kampfende führen. Doch er hat auch schon Karrieren beendet. Wie 2008, als Luan Krasniqi nach erlittenem K.o. gegen Alexander Dimitrenko erklärte: «So einen höllischen Schmerz habe ich noch nie erlebt, es brennt, die Luft bleibt weg

Dominguez’ Gesichtsausdruck nach Gjergjajs Schlag in der dritten Runde sagte Ähnliches aus. Zuletzt hatte er gegen Francesco Pianeta, der danach Wladimir Klitschko unterlag, eine Niederlage in der ersten Runde erlitten. Aber das war ein technischer K.o. «Bamm», zeigt Dominguez Pianetas Schlag an seine Augsbraue an, «das hat geblutet. Musste operiert werden.»

Wie Klitschko, einfach langsamer

Und Gjergjaj? Wie sind dessen Schläge? «Diese Kraft», sagt Dominguez, bevor er sich wieder ins Hotel verzieht, «brutal.» Der Jab, der sei vielleicht mit dem von Wladimir Klitschko zu vergleichen: «Einfach noch etwas langsamer.»

Gjergjaj wird das Lob gerne hören. Doch er wird es auch richtig einzustufen wissen. Denn seine Ziele, die sind hoch gesteckt. Um einen WM-Titel soll es dereinst gehen, hatte Gjergjajs Trainer und Manager Angelo Gallina vor dem Kampf erklärt.

Bis dahin aber ist noch viel Arbeit gefragt. Darüber machen sich Gallina und sein Schützling keine Illusionen. Als nächstes auf dem Fahrplan: Arnold Gjergjaj soll in einem Trainingslager in den USA seinen Körper stählen.

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