Ein Minderjähriger, ein Angeschlagener und ein falscher Kopf auf dem Papier

Federers sechste Titel ist nicht die einzige Geschichte, die an den Swiss Indoors geschrieben wurde. Es gab einen 17-Jährigen Überraschungsmann, einen angeschlagenen Spanier und eine Fehlbesetzung in der Aussendarstellung des Turniers – ein Rückblick.

epa04456619 Switzerland's Stanislas Wawrinka sits down due to a blackout of the electric lighting during his first round match against Kazakhstan's Mikhail Kukushkin at the Swiss Indoors tennis tournament at the St. Jakobshalle in Basel, Switzerland, 21 October 2014. EPA/GEORGIOS KEFALAS (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Federers sechste Titel ist nicht die einzige Geschichte, die an den Swiss Indoors geschrieben wurde. Es gab einen 17-Jährigen Überraschungsmann, einen angeschlagenen Spanier und eine Fehlbesetzung in der Aussendarstellung des Turniers – ein Rückblick.

1. Warten auf Rafael Nadal

Die Meldung der Blinddarmentzündung war das, was die Verantwortlichen der Swiss Indoors nicht über den Spanier lesen wollten. Doch plötzlich machte sich Hoffnung breit. Und schliesslich war er da: Rafael Nadal betrat am Montag nach Paul Anka die St. Jakobshalle, zum ersten Mal seit 2004 und insgesamt dritten Mal. Er, Roger Federer und Stanislas Wawrinka vereinen 32 Grand-Slam-Titel: Das ATP-500-Turnier in Basel war somit eines der bestbesetzten Events dieser Turnierklasse.

2. Lichtgestalten: ja, Licht: nein

Doch was nützen dem Turnier und seinen Zuschauern die besten Spieler der Welt, wenn sie nicht spielen können? Dreimal fiel in der St. Jakobshalle, die ab nächstem Jahr bis 2018 für 107 Millionen Franken saniert wird, das Licht teilweise aus.

Fast zum Verhängnis geworden wäre ein solcher Ausfall David Goffin: Im Viertelfinal gegen Milos Raonic hatte er im ersten Satz beim Stand von 5:4 und 30:40 einem Breakball gegen sich, als genau in diesem Moment das Licht ausfiel. Zwar gewann Goffin nach einer Pause den Punkt, verlor wenig später aber den Satz. Die Partie entschied er schliesslich in drei Sätzen für sich, sein weiterer Turnierverlauf ist Geschichte. Beim ersten Lichtausfall stand übrigens Stanislas Wawrinka auf dem Platz.

3. Der falsche Kopf auf dem Cover

Dieser Stanislas Wawrinka zierte das Turnierheft 2014. Es war die falsche Wahl der Turnierorganisation, denn Wawrinka verlor in Basel nach Niederlagen in Tokyo und Shanghai zum dritten Mal in Folge.

Zudem war es Wawrinkas dritte Startniederlage in Basel und der Romand ist somit wahrlich nicht prädestiniert, in der Aussendarstellung des Turniers dessen Kopf zu sein – sein erster Grand-Slam-Titel an den Australian Open in Ehren.

4. Das Eis, das nicht schmilzt

Dass Federer zwar auch heuer die wichtigste Figur des Turniers war, aber in der Darstellung des Turniers nur eine Nebenrolle einnahm, hat mit der nicht enden wollenden Geschichte zwischen den beiden Rogers zu tun. Federer hat wie schon 2013 keinen Vertrag mit Roger Brennwald abgeschlossen. Dass Brennwald nun mit Infront Rinigier eine Partnerschaft eingegangen ist, bringt das Eis zwischen den beiden auch nicht gerade zum Schmelzen. Denn Federer sagt auf seine Gesprächsbereitschaft mit dem Turnier angesprochen: «Mal schauen. Ich weiss es auch nicht. Gespräche gibt es von meiner Seite nicht viele. Ich habe ganz ehrlich keinen grossen Grund, Gespräche zu suchen. Es ist, wie es ist.»

5. Der Minderjährige, der die Tenniswelt überrascht

Ins Gespräch gebracht hat sich ab der ersten Runde ein 17-Jähriger. Borna Coric, Kroate aus Zagreb, schlug zuerst den Letten Ernests Gulbis (ATP 13) und danach den Kasachen Andrey Golubev (ATP 66). Diese beiden Siege erlaubten dem erstaunlich gefassten Coric, im Viertelfinal gegen Rafael Nadal zu spielen. Gegen den Mann, mit dem er im Dezember in Mallorca noch ehrfürchtig trainieren durfte – um ihn dann in Basel aus dem Turnier zu werfen.

Ein Minderjähriger gewann gegen einen der Grössten der Tennisgeschichte. Und er beendete Nadals Saison.

6. Nadal, den Tränen nahe

Nadal gab nach der Niederlage gegen Coric bekannt, dass er auf die Turniere in Paris-Bercy und London verzichten werde. Zuerst wolle er sich am Rücken behandeln lassen, eine schmerzhafte Prozedur von sechs Tagen. Und am 3. November folgt endlich die Operation an seinem entzündeten Blinddarm. «Ich bin aktuell nicht in der Verfassung, ein Turnier zu gewinnen, es ist unmöglich», benennt Nadal den Grund für sein Saisonende. Und in diesen Momenten, in denen der Spanier über seine seit Jahren angeschlagenen Gesundheit spricht, kämpft er mit den Tränen. «Ich bin so müde, wenn ich spiele. Ich verliere meine Koordination. Und ich atme stärker als normal.»

7. Die ungeheure Gewalt in Karlovics Spieleröffnung

Stärker als normal schlug Ivo Karlovic im Halbfinal Roger Federer die Bälle um die Ohren. 33 Asse in 15 Aufschlagspielen hatte der 211 Zentimeter grosse Kroate am Ende der Partie auf dem Konto, was nicht zum Sieg reichte – aber die fabulöse Zahl von mehr als zwei Assen pro Aufschlagsspiel bedeutet. Das sah dann so aus:

8. Federers schnellster Finalsieg überhaupt

Das Turnier beendete Roger Federer in seinem schnellsten Finalspiel, das er nach knapp 52 Minuten gegen David Goffin mit 6:2, 6:2 gewann. Wer Federer sehen wollte, war am richtigen Ort. Wer sich für Tennis interessierte: nicht. Federer macht dank dieses Sieges einen Schritt in Richtung Weltranglistenspitze, die er bereits vor den World Tour Finals in London übernehmen könnte. Sollte ihm das gelingen, stünde er zum sechsten Mal am Ende einer Saison an der Spitze – diesen Rekord hält Pete Sampras. Basel würde somit zu einer Zwischenstation in einer Saison, in der Federer ohne Grand-Slam-Titel wieder an der Spitze der Weltrangliste stehen könnte.

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