Ein Naturereignis auf zwei Stürmerbeinen

Er ist ein 1,80 Meter grosser Muskelprotz, der sich in seiner persönlichen Weltauswahl selbst aufstellt: «Cristiano Ronaldo, Leo Messi – und ich.» Einige Umwege hat Hulk genommen, um in Europa zu einem der gefährlichsten und mithin gefragtesten Stürmern zu wachsen. Am Donnerstag ist er im St.-Jakob-Park zu besichtigen.

Zenit St. Petersburg's Hulk (front) celebrates his goal during the Europa League soccer match against Liverpool at the Petrovsky stadium in St. Petersburg, February 14, 2013. REUTERS/Alexander Demianchuk (RUSSIA - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/ALEXANDER DEMIANCHUK)

Er ist ein 1,80 Meter grosser Muskelprotz, der sich in seiner persönlichen Weltauswahl selbst aufstellt: «Cristiano Ronaldo, Leo Messi – und ich.» Einige Umwege hat Hulk genommen, um in Europa zu einem der gefährlichsten und mithin gefragtesten Stürmern zu wachsen. Am Donnerstag ist er im St.-Jakob-Park zu besichtigen.

Warum Givanildo Vieira de Souza den Übernamen Hulk trägt, darüber gibt es verschiedene Versionen. Die einen sagen, die Japaner hätten ihm dieses Pseudonym in Anlehnung an die Comicfigur verpasst, weil der Brasilianer sich in Tokio das grüne Trikot der Verdy über den muskelbepackten Oberkörper streifte.

Criscito: Kreuzbandriss

Zenit St. Petersburg hat am vergangenen Donnerstag bei einem Testspiel gegen die AC Siena Verteidiger Domenico Criscito verloren. Der 26-jährige italienische Nationalspieler zog sich einen Kreuzbandriss zu. Criscito war im Sommer 2011 für eine Ablöse von rund 19 Millionen Franken vom FC Genua zu Zenit gewechselt.

Er selbst hat unlängst die Geschichte so erklärt: Schon in seiner Kindheit habe er seine Kraft entdeckt und gesagt: «Papa, ich bin stark.» Worauf der meinte: «Okay, dann bis du der Hulk.» So wird Givanildo Vieira de Souza heute noch genannt, «und das Ganze wurde natürlich dadurch begünstigt», sagt der Spieler, «dass ich mich zu einem kräftigen Kerl entwickelt habe.»

Mit einem genialen linken Fuss gesegnet

Er zog früh aus von Campina Grande im Bundesstaat Paraiba. Mit 15 Jahren verbrachte er erstmals zwölf Monate in Portugal, spielte zurück in Brasilien nur 70 Minuten als Profi und wechselte 2005 nach Japan in die zweite Liga.

Obwohl von der bulligen Statur her dem überkommenen Bild eines Mittelstürmers entsprechend, begreift sich Hulk als anderer Spielertyp: «Ich war immer eher ein zweiter Stürmer, der über die Flanken kommt, sich den Ball holt und viel in Bewegung ist.» Das Kraftpaket mit dem kantigen Kinn wird auch bei Zenit meist auf dem rechten Flügel eingesetzt.

Technisch stark ist er und obendrein trotz Masse pfeilschnell, und einmal in Fahrt gekommen, zum Zentrum ziehend, ist er nur noch sehr schwer zu verteidigen mit einem linken Fuss, «gemacht für kunstvolle Schlenzer wie für knüppelharte Schüsse» (Spiegel online). So wie bei seinem Tor im Hinspiel gegen den FC Liverpool:

2008 wechselte Hulk für angebliche 24 Millionen Franken von Tokio zum FC Porto. Mit dem holte er fünf Titel (drei Meisterschaften), gewann die Europa League (2011) und war Torschützenkönig (2011/23 Tore in 26 Spielen). Mit einer Quote von 0,54 Toren pro Match, mit 54 Treffer in 99 Ligaspielen für seinen Club wurde er für die Fans des FC Porto zum «incrivel», zum Unglaublichen. Seine Karrierebilanz bis Spätsommer 2012: 203 Spiele, 92 Tore und 62 weitere Vorlagen.

Der siebtteuerste Spieler

Das macht ihn interessant genug für einen der grössten Transfers in den letzten Jahren. Kurz nach den Olympischen Spielen, wo es für Hulk und Brasilien nach einer 1:2-Finalniederlage gegen Mexiko (mit einem Hulk-Tor) Silber gab, setzte sich Zenit St. Petersburg im Tauziehen mit Chelsea, Paris St. Germain und Anschi Machatschalka durch.

Für kolportierte 69 Millionen Franken sicherte sich Zenit Anfang September das Naturereignis auf zwei Stürmerbeinen. Im Ranking wurde Hulk damit zum siebtteuersten Spieler, die im Profifussball transferiert wurden – wenn man denn den kursierenden Zahlen Glauben schenken mag (siehe Grafik).

Der Rest ist ein Kinderspiel

Der Wechsel in den kalten Norden des Kontinents hat Hulk nicht abgeschreckt: «Wenn man es geschafft hat, sich im Alter von 18 Jahren in Japan einzugewöhnen», sagte er, «ist alles Weitere ein Kinderspiel.» Für Zenit hat Hulk in 18 Spielen sechs Mal getroffen – allerdings nur zwei Mal in der russischen Premier Liga, wo der Titelverteidiger nach etwas mehr als der Saisonhälfte auf Platz 3 rangiert.

So einfach war es dann eben doch nicht mit der Akklimatisierung und der Integration in einen Club, der sich mit einem Budget, das allein aus Sponsoring, Merchandising und TV-Rechten 110 Millionen Franken veranschlagt, höchste Ziele setzt. In einem Club, dessen Fans mit unverhohlenem Rassismus abschrecken, und in einem Club, in dem Hulks Jahressalär von angeblich fast zehn Millionen Franken Zwietracht säte.

Die Kollegen meuterten wegen der Gagen der neuen Stars

Wegen der hohen Gagen für Hulk und den Belgier Axel Witsel (Benfica), den sich Zenit nur wenige Tage nach Hulks Verpflichtung für weitere 40 Millionen Euro gönnte, soll der russische Nationalspieler Igor Denissow die interne Meuterei so auf die Spitze getrieben haben, dass er kurzzeitig suspendiert wurde.

Nachdem Zenit in der Champions League unter den (eigenen) Erwartungen blieb, als Dritter in der Gruppe hinter Malaga und Milan, und als Hulk wiederholt ausgewechselt wurde, rumorte es weiter. Der Brasilianer drohte mit Abgang im Januar, was Zenits italienischen Trainer Luciano Spalletti aber nicht gross kratzte: «Alle grossen Spieler reagieren nicht gut, wenn sie ausgewechselt werden. Er liegt falsch, wenn er denkt, dass er immer 90 Minuten spielt.»

Mit Hulks Toren in die Achtefinals

Der Ärger ist inzwischen verflogen. Hulk hat mit zwei Toren in den beiden Sechzehntelfinals gegen den FC Liverpool das europäische Fortkommen und die Achtelfinals gegen den FC Basel gesichert, und Dietmar Beiersdorfer, der Deutsche auf dem Sportdirektorensessel von Zenit, meint im Interview mit der «Aargauer Zeitung»: «Als klar wurde, dass die beiden ganz hervorragende Spieler sind und charakterlich gut zu uns passen, war das schnell kein Thema mehr. Hulk und Witsel haben gute Leistungen abgeliefert. Ihre Integration ist abgeschlossen, und sie werden gewiss noch stärker aufspielen.

Mit Hulk möchte man es sich ja auch nicht verscherzen. Wie warnt die nuklearverstrahlte Comicfigur Bruce Banner, bevor sie sich in den grossen, grünen Muskelberg Hulk verwandelt: «Mach‘ mich nicht wütend, du würdest mich wütend nicht mögen.» Und so sagt der Wahlrusse Hulk höfliche Sätze wie: «Ich habe in St. Petersburg hervorragende Strukturen und ein ehrgeiziges Projekt vorgefunden. Ich bin sicher, dass Zenit in der Zukunft zu den ganz grossen Teams Europas gehören wird.»

Die 50 teuersten Transfers der Geschichte (Quelle: transfermarkt.ch)

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Von Anelka (1999) bis Lucas (2012)

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