Eine schwer verletzte Urlauberin und ein weiterer verletzter Mann sind das Resultat von Werbeaufnahmen der deutschen Nationalmannschaft mit Hauptsponsor Mercedes-Benz am Rande des WM-Trainingscamps in Südtirol. Statt schnittiger Bilder von einer rasanten Fahrt mit Profipiloten und Nationalspielern gibt es jetzt nicht nur menschlichen sondern auch einen Imageschaden.
Eine ganze Reihe von Leistungsträgern, die nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte sind, von Neuer über Lahm bis Schweinsteiger, ein Bundestrainer, der wegen Verkehrsverstössen seinen Führerschein für ein halbes Jahr abgeben muss, dazu der Dortmunder Nationalspieler Kevin Grosskreutz, der nach dem Pokalfinale ins Hotel-Foyer gepinkelt hat – die Vorbereitung der deutschen Auswahl auf die WM in Südtirol hat schon einige Aufreger produziert. Nun kommt ein Unfall bei Werbeaufnahmen eines Sponsors hinzu, bei dem zwei Menschen verletzt wurden.
Die Schocknachricht von einem möglicherweise leichtsinnig herbeigeführten Autounfall machte in St. Martin und den umliegenden Gemeinden am Dienstag wie ein Lauffeuer die Runde, und erreichte auch Joachim Löw in Windeseile. Zwei Urlauber sind betroffen, eine Frau wurde schwer und ein Mann mittelschwer verletzt.
Zwei Mercedes AMG-Wagen, die an dem Unfall beteiligt waren, wurden für eine PR-Aktion gesteuert von Formel-1-Fahrer Nico Rosberg und dem jungen DTM-Piloten Pascal Wehrlein, der die beiden Personen anfuhr. Beifahrer von Wehrlein war der Schalker Nationalspieler Julian Draxler, Co-Pilot von Rosberg war Benedikt Höwedes (ebenfalls Schalke). Die Sportler blieben unverletzt.
Die Frau aus Deutschland, die als Gast ihren Urlaub in einem Hotel oberhalb des DFB-Teamquartiers verbrachte, wurde mit dem Rettungshubschrauber aus dem Passeiertal ins etwa 50 Kilometer entfernte Bozen transportiert. Der Mann, der als Angestellter der Gemeinde als Streckenposten eingesetzt worden war, wurde nach Meran ins Krankenhaus gebracht.
Werbeaufnahmen mit Nationalspielern
Für einen Werbetermin mit Beteiligung der Fussball-Nationalmannschaft und Mercedes Benz, dem Generalsponsor des Deutschen Fussball-Bundes (DFB), wurde eine Strecke im Umfeld des DFB-Quartiers abgesperrt. Es ging darum, die Fahrten in hohem Tempo auf einer kleinen Strasse von aussen, aber offenbar auch innen in den Autos zu filmen.
Laut Augenzeugen soll eine Frau versucht haben, dem ersten, von Rosberg gesteuerten Wagen zuzuwinken, indem sie sich zur Strasse vorbeugte. Ein Streckenposten wollte sie zurückhalten. Rosberg, der am Sonntag das Formel-1-Rennen in Monaco gewann, könnte die Aktionen der beiden Personen für gefahrvoll gehalten haben und bremste stark ab. Der dicht folgende Wehrlein mit Draxler an seiner Seite wich aus und erfasste laut Augenzeugenbericht die Frau und den Mann.
Junger Fahrer, hohes Tempo
Der 19-jährige hatte zusammen mit Rosberg (28) und Golf-Profi Martin Kaymer (29) sowie Oliver Bierhoff, Teammanager der Nationalmannschaft, am Mittag im DFB-Medienzentrum in St. Martin an der täglichen Pressekonferenz teilgenommen. Danach fanden wie vor zwei Jahren im EM-Trainingslager im französischen Tourrette, als Rosberg mit Rekord-Weltmeister Michael Schumacher ein paar Rennen mit den Nationalspielern fuhr, rasante Fahrten durch das Passeiertal statt.
Bei den Rennwagen handelt es sich um die neue Mercedes-Benz C-Klasse, die aktuell beworben wird, auch in Verbindung mit dem deutschen WM-Team unter dem Motto: «Bereit wie nie.» Das Modell ist von Tuning-Spezialist AMG renntauglich aufgedonnert hat rund 400 PS, eine Spitzengeschwindigkeit von 250 km/h und beschleunigt von Null auf 100 in 4,4 Sekunden. Wehrlein ist ein früherer Formel-3-Fahrer, den Mercedes als jüngsten Piloten der DTM-Geschichte unter Vertrag nahm. Wehrlein stammt vom Bodensee und war als Jugendlicher ein sehr guter Fussballer.
Das abgesagte Testspiel und der Imageschaden
Der DFB sagte nach dem Unglück das für den frühen Abend angesetzte Testspiel gegen die eigene U-20-Mannschaft ab. Offiziell hiess es, dies geschehe wegen schlechter Platzverhältnisse. In einer Erklärung zeigte sich der Verband bestürzt: «Unsere Gedanken sind bei den Verletzten.»
In Südtirol hatte es bis 15 Uhr heftig geregnet, danach liess der Regen nach und das Spielfeld befand sich eigentlich in einem guten Zustand. Ob die schlechten Witterungsbedingungen mit einer nassen Strasse und beeinträchtigter Sicht durch Nebel an den Berghängen eventuell auch den Unfall beeinflusst haben, ist ungewiss.
Fest steht, dass für Mercedes Benz und für den DFB der Unfall entgegen der Hoffnung nach einem Werbewert ein Imageschaden bedeutet. Bewohner des Passeiertals kritisierten, dass Rennfahren auf der kleinen Bergstrasse völlig unvernünftig und eigentlich fahrlässig sei.
Mercedes-Benz bedauert
Auch Mercedes-Benz verbreitete eine Erklärung: «Im Rahmen des Besuchs des Trainingslagers der deutschen Fussball-Nationalmannschaft kam es zu einem Unfall: Der DTM-Rennfahrer Pascal Wehrlein verletzte beim Befahren einer abgesperrten Strecke zwei Personen, die sich unerwartet auf der Fahrbahn befanden. Über die Schwere der Verletzungen können wir momentan keine Auskunft geben, beide Personen befinden sich in ärztlicher Behandlung. Pascal Wehrlein blieb unverletzt. Wir bedauern diesen Unfall und wünschen den Verletzten gute Besserung. Selbstverständlich unterstützen wir die Behörden bei der Aufklärung des Unfallhergangs.»