Diego Benaglio, die bisherige Nummer 1 im Tor der Schweizer Nationalmannschaft, hat überraschend seinen Rücktritt bekannt gegeben. Damit müsste der Weg frei werden für Yann Sommer, der den FC Basel eben erst in Richtung Mönchengladbach verlassen hat.
Es ist ein merkwürdiger Start, den Vladimir Petkovic als Nationaltrainer der Schweiz hinlegt. Oder hingelegt bekommt, je nach Sichtweise. Erst ist schon längst vor seiner Verpflichtung klar, dass Petkovic bloss die zweite oder gar dritte Wahl des Schweizerischen Fussballverbandes SFV ist, da erst Lucien Favre als Wunschkandidat gehandelt wird – und der Verband danach in aller Öffentlichkeit um Marcel Koller buhlt, ehe doch Petkovic zum Handkuss kommt.
Dann wird bekannt, dass der vom SFV bereits offiziell als Petkovics Konditionstrainer angekündigte Paolo Rangoni nun doch keine Lust auf die Schweiz hat und in Rom bleibt.
Und jetzt gibt Diego Benaglio seinen Rücktritt aus der Schweizer Nationalmannschaft bekannt. «Nach reiflicher Überlegung», wie es in der offiziellen Mitteilung des SFV heisst. Vor allem aber auch drei Wochen, nachdem Petkovic an seiner ersten Pressekonferenz als Nationaltrainer bekannt gegeben hat, dass Benaglio im Schweizer Tor weiterhin unbestritten sei. «Diego Benaglio bleibt die Nummer 1. Er hat gezeigt, dass er ein absoluter Leader ist», sagte Pektovic am 31. Juli.
Wer redet da wann mit wem?
Da stellt sich unwillkürlich die Frage: Redet Vladimir Petkovic auch manchmal mit den Leuten, die er gerne zu den Stützen seiner Amtszeit als Nationaltrainer machen würde? Oder warum sonst weiss er jeweils nicht im Voraus, dass wichtige Männer keine Lust auf die Nationalmannschaft haben?
Der Keeper des VfL Wolfsburg selbst begründete seinen Rücktritt mit persönlichen Motiven: «Zum einen bin ich nicht mehr der Jüngste und möchte mich noch stärker auf meine Aufgabe beim Verein fokussieren, zum anderen spielt auch mit, dass ich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen möchte. Ich bin zwar kerngesund, aber als über 30-jähriger Torhüter brauche ich auch etwas mehr Zeit zur Regeneration als früher.»
Das mag alles stimmen. Überraschend ist Benaglios Rücktritt trotzdem, denn mit 31 Jahren ist er in einem für Torhüter noch keineswegs fortgeschrittenen Alter.
Yann Sommer dürfte die neue Nummer 1 im Schweizer Tor werden. (Bild: Nils Fisch)
Benaglios Rücktritt wird zur Chance eines Baslers. Yann Sommer, nach dem Meistertitel 2014 zu Borussia Mönchengladbach gewechselt, hat nun gute Aussichten, am 8. September im St.-Jakob-Park gegen England zwischen den Pfosten zu stehen. Für die Schweiz ist das erste Spiel unter Petkovics Ägide auch gleich der Auftakt zur Qualifikation für die Europameisterschaft 2016.
«Schlechte Nachricht, schlechter Zeitpunkt»
Petkovic selbst spricht mit Blick auf Benaglios Rücktritt von einer «schlechten Nachricht zu einem schlechten Zeitpunkt». Er ist aber mit Blick auf die möglichen Ersatzleute auch zuversichtlich: «Ich bin ja in der glücklichen Lage, dass wir auf der Torhüter-Position sehr gut aufgestellt sind.»
Neben Yann Sommer wäre derzeit am ehesten Roman Bürki ein Kandidat für den Posten im Schweizer Tor. Der Berner ist in diesem Sommer ebenfalls in die Bundesliga gewechselt, von den Grasshoppers zum SC Freiburg.
Die Liste aller 61 Länderspiele von Diego Benaglio auf der Website des SFV.