Eine weitere magische Basler Nacht gegen Liverpool

Der FC Basel bestätigt mit dem 1:0-Sieg gegen den FC Liverpool seine blendende Bilanz gegen englische Teams. Marco Streller erzielt den Treffer in der 52. Minute nach einem Eckball Taulant Xhakas. Es ist vor 36’000 begeisterten Zuschauern der grösste Sieg unter Paulo Sousa. Ein Triumph, der dem Trainer den Rücken stärken wird.

Basel's Marco Streller cheers after scoring the 1-0 during an UEFA Champions League group B matchday 2 soccer match between Switzerland's FC Basel 1893 and Britain's Liverpool FC in the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, on Wednesday, October 1 (Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)

Der FC Basel bestätigt mit dem 1:0-Sieg gegen den FC Liverpool seine blendende Bilanz gegen englische Teams. Marco Streller erzielt den Treffer in der 52. Minute nach einem Eckball Taulant Xhakas. Es ist vor 36’000 begeisterten Zuschauern der grösste Sieg unter Paulo Sousa. Ein Triumph, der dem Trainer den Rücken stärken wird.

Vielleicht waren es die wenigen Augenblicke zwischen Behrang Safaris Verletzung gleich zu Spielbeginn und der Auswechslung, die Paulo Sousa vornehmen musste. Wenig Zeit blieb dem Basler Trainer, um seine Entscheidung zu treffen. Davide Calla lief sich schon warm, um den schwedischen Aussenverteidiger zu ersetzen, der sich in einem Laufduell mit Mario Balotelli ohne gegnerische Einwirkung eine Verletzung am Knie zugezogen hatte und in der sechsten Minute am Arm von Teamarzt Felix Marti vom Platz humpelte.

Paulo Sousa warf seine Überlegungen kurzentschlossen über den Haufen. Er schickte Derlis Gonzalez auf den Platz, und vielleicht war das ein nicht unbedeutendes Signal an seine Mannschaft. Ein nach vorne gerichtetes, das Signal, sich von der frühen Unbill nicht vom Weg abbringen zu lassen. «Ich wollte unserem Spiel geben, was es benötigt», sagte Sousa später zu seinem Entschluss.

Sousas Vabanquespiel

Der Portugiese hatte schon mit seiner Startelf einmal mehr für eine Überraschung gesorgt. Mit Xhaka, Schär, Suchy und Safari in der Abwehr war zu rechnen gewesen, mit Frei und Elneny im Mittelfeld ebenso. Dazu gruppierte er Serey Die sowie – und das erstaunte doch sehr: den 17-jährigen Embolo und den Ägypter Hamoudi. Und auf der Ersatzbank sass kein einziger gelernter Verteidiger.

epa04427194 Basel's Portuguese head coach Paulo Sousa (C) celebrates with his players Marco Streller (R) and Breel Embolo (L) after the UEFA Champions League group B soccer match between FC Basel 1893 and Liverpool FC at St. Jakob-Park stadium in Basel, S

Wie eine Befreiung feiert Paulo Sousa nach Spielschluss den Triumph gegen Liverpool und prüft die Standfestigkeit seines Captains Marco Streller. (Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)

Das glich schon einem Vabanquespiel gegen einen Gegner mit grossem Namen. Ohne Safari und mit Gonzalez und Hamoudi an den Seiten ging Sousa auf volles Risiko. Die beiden Flügel beschäftigten bei Ballbesitz zwar Liverpools Abwehr, bekundeten jedoch ihre liebe Mühe, nach hinten die Räume mit richtigem Stellungsspiel zu schliessen. Sie bewerkstelligten dies mit grossem Einsatz und orchestriert von Sousa von der Coachingzone aus.

Die Rechnung ging auch deshalb auf, weil diese FCB-Mannschaft höchst solidarisch auftrat, kämpfte, rannte und immer wieder kluge Stafetten spielte. Nach Safaris Ausscheiden war die Abwehr ein tadelloser Dreierblock, der Mario Balotelli neutralisierte, Raheem Sterling kontrollierte und Lazar Markovic bremste.

Dem Trainer muss das Herz gehüpft sein vor Freude

Im Zentrum wurde dieses Team angeführt von einem hinreissenden Mohamed Elneny, von einem grossartigen Geoffroy Serey Die, von einem omnipräsenten Fabian Frei. Mitte der ersten Halbzeit wies die Ballbesitzquote 70 Prozent für den FCB aus – Paulo Sousa muss das Herz gehüpft sein vor Freude.

Es entwickelte sich eine sehr intensive Partie, in der Liverpool weit entfernt war von der Ausstrahlung, von der Gefährlichkeit und der Effizienz, mit der Real Madrid vor 14 Tagen den FCB in seine Schranken verwiesen hatte. Es war nicht so, dass die Engländer nicht ihre Möglichkeiten besessen hätten, aber die besseren hatte der FCB. So wie Serey Die, der nach einem starken Solo und Doppelpass mit Streller an Torhüter Simon Mignolet scheiterte.

Xhakas Corner, Strellers Tor

Dieser FC Basel bereitete den 36’000 Zuschauern im ausverkauften St.-Jakob-Park, so sie denn rotblau ticken, grossen Spass. Die Mannschaft nahm die Anhänger mit auf eine Reise, und zur Pause war es zu spüren: Ein Erfolg gegen einen der schillerndsten Clubnamen im Fussball ist möglich. So wie im Jahr 2002 gegen den gleichen Gegner, als das 3:3 gegen Liverpool den Einzug in die nächste Runde der Champions League bedeutete und als magische Nacht in die FCB-Geschichte einging. 



FC Basel's Marco Streller (R) scores a goal against Liverpool's goalkeeper Simon Mignolet during their Champions League Group B match at St. Jakobs-Park stadium in Basel October 1, 2014. REUTERS/Arnd Wiegmann (SWITZERLAND - Tags: SPORT SOCCER)

Strellers Tor: Im Fallen schiesst er seine Mannschaft zum Sieg. (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Für das entscheidende Tor brauchte es eine Standardsituation. Ausgerechnet, könnte man sagen, denn Taulant Xhakas Eckbälle und Freistösse waren von mediokerer Qualität gewesen. Bis zur 52. Minute und Xhakas achtem Corner für den FCB. Verteidiger Martin Skrtel lenkte den nach innen gedrehten Ball ab, Mignolet konnte darauf noch reagieren, doch im Fallen setzte Marco Streller nach und traf aus kurzer Distanz zur Führung.

Gerrard: «Haben nichts verdient»

«Wir haben es ihnen einfach gemacht», maulte Liverpool-Captain Steven Gerrard nach dem Spiel und ging mit sich und seiner Mannschaft hart ins Gericht: «Wir haben nichts verdient in diesem Spiel.»

Die letzte halbe Stunde war zwar kein Sturmlauf des Liverpool FC, die eine oder andere brenzlige Situation hatten die Basler aber zu bereinigen. Sie taten es wie zuvor: Mit grossem Einsatz und grosser mannschaftlichen Geschlossenheit. Unter dem Strich steht ein Sieg, der Bedeutung in mehrfacher Hinsicht hat.

Zum einen sind die Chancen auf ein Fortkommen in der Champions League intakt. Real Madrid gewann in Sofia gegen Razgrad zwar nur knapp mit 2:1, aber es deutet sich an, dass Platz 2 in Gruppe B im Rückspiel am 9. Dezember in Liverpool vergeben wird.

Sousa und der perfekte Abend

Zum anderen war an Paulo Sousas Reaktion nach Spielschluss abzulesen, was der Triumph für den Trainer des FCB bedeutet: Er rannte auf Marco Streller zu, sprang seinem um einen guten Kopf grösseren Captain um den Hals und schien ihn nicht mehr loslassen zu wollen. «Es war ein perfekter Abend», sagte Sousa, wohlwissend, dass es ein solches Spiel gebraucht hat bei der Umsetzung seiner Ideen. Ein Erweckungserlebnis gleichsam für seine Spieler wie die Fans.

Fakten zum Spiel FCB-Liverpool 1:0
  FCB Liverpool
Ballbesitz (total) 55% 45%
Ballbesitz Halbzeit 58% 42%
Angriffe 33 35
Schüsse 11 15
Schüsse aufs Tor 5 5
Aluminiumtreffer 0 0
Eckbälle 8 4
Abseits 2 7
Fouls 9 10
Gelbe Karten 1 3
Pässe 392 286
angekommene Pässe 336 235
Passquote 86% 82%
gelaufene Meter (Team) 113’213 109’765

«Wir sind sehr enttäuscht», räumte Sousas Kollege Brendan Rodgers ein, «sehr enttäuscht darüber, wie wir das Gegentor kassiert haben. Und wenn man so ein Tor bekommt, gerade gegen eine Mannschaft wie Basel, die gegen englische Teams immer gut spielt, dann wird es schwer.»

Die Serie des FCB gegen englische Teams

Der FC Basel hat seine erstaunliche Serie gegen englische Teams fortgesetzt. In der Champions League hat er nur einmal verloren – im Dezember 2002 zum Auftakt der Zwischenrunde daheim gegen Manchester United (1:3). Seither ist der FCB in der Königsklasse fünfmal ungeschlagen geblieben gegen Gegner von der Insel.

«Solche Siege geben Selbstsicherheit und den Glauben an das, was man macht», sagt Paulo Sousa, «die Jungs haben ein phantastisches Level gezeigt und an einem historischen Abend einen historischen Sieg errungen.»

Ein Sieg– mehr wert als drei Punkte

So gesehen könnte dieser Triumph mehr bedeuten als die drei Punkte, die er in der Tabelle wert ist. Er könnte den Prozess, in dem der FCB steckt, beflügeln. Sousas Team trat jedenfalls phasenweise als jenes spielbestimmende Team auf, als das der Trainer es sehen will. Es kämpfte gross, war angriffslustig und glaubte an sich. «Ich bin glücklich», sagte Sousa, «glücklich wie auch die Spieler.»

 

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