Es rumort im Kessel FCB

Spieler, die sich die Meinung geigen, ein Trainer, dem die Leidenschaft gefehlt hat und ein Präsident, der sich die Europacup-Kampagne nicht schlecht reden lassen will: Der FC Basel leckt die Wunden nach der Klatsche von Valencia und will am Sonntag in Sion ein Signal an die begehrlichen Grasshoppers aussenden.

Basel's Naser Aliji from Fyrom, right, and Mohamed Elneny from Egypt after losing to Valencia in the Europa League quarterfinal, second leg soccer match against Valencia at the Mestalla stadium in Valencia, Spain, on Thursday, April 10, 2014. (AP Photo/Al (Bild: Keystone/ALBERTO SAIZ)

Spieler, die sich die Meinung geigen, ein Trainer, dem die Leidenschaft gefehlt hat und ein Präsident, der sich die Europacup-Kampagne nicht schlecht reden lassen will: Der FC Basel leckt die Wunden nach der Klatsche von Valencia und will am Sonntag in Sion ein Signal an die begehrlichen Grasshoppers aussenden.

Eine gewisse Aufwallung, die Murat Yakin neben dem Spielfeldfeld registrierte und später in der Garderobe – Leidenschaft, wie er es nennt – die hat der Trainer des FC Basel beim Aus in Valencia vermisst. «Zu wenig» war es dem Trainer, was seine Spieler an Feuer in die Waagschale geworfen haben. Und als sie es im Tollhaus Mestalla doch taten, überborderten sie – wie Marcelo Diaz und Gaston Sauro, die mit Platzverweisen cash bezahlten.

Die Halbfinals im Europacup

Champions League
Atletico Madrid–Chelsea (22.4/30.4.)
Real Madrid–Bayern (23.4/29.4.)

Europa League (24.4./1.5.)
Benfica–Juventus
FC Sevilla–Valencia

«Unruhe von der Bank» sagt Yakin, sei ausserdem in der Schlussphase von der eigenen Bank auf die Mannschaft draussen auf dem Platz getragen worden. Was genau er damit meinte und wen, liess er offen.

Die Jungspunde, die im letzten Aufgebot des FCB für die Herausforderung, einen europäischen Halbfinal zu erreichen, noch übrig waren, können es kaum gewesen sein. Die Rotsünder wohl auch nicht, denn die verschwanden in der Kabine. Die Ausgewechselten also? Matias Delgado oder David Degen? Der Trainer wollte das am Tag nach dem Spiel nicht mehr öffentlich verhandeln. (Siehe dazu aktualisiert einen ergänzenden Beitrag am Ende dieses Textes)

«Frage mich immer, was man besser machen kann»

Dass er als Bankchef eigentlich dafür da ist, die letzten Prozente aus einer Mannschaft herauszukitzeln, also auch die von ihm vermisste Leidenschaft, will Yakin gar nicht in Abrede stellen: «Ich frage mich nach jedem Spiel, was man anders und besser machen kann.»

Die Marschroute, mit der er seine Mannschaft rausgeschickt hatte, ging nur eine gute halbe Stunde auf. Ein hohes Pressing, durchaus ein probates Mittel gegen eine keineswegs absolut sattelfest wirkende Abwehr der Gastgeber, trauten sich die Basler nur ein paar Mal. Als dann die eigenen Dämme gebrochen waren, hätte an diesem Abend nur das Wettkampfglück, in den zurückliegenden zwei Jahren durchaus in Anspruch genommen, noch etwas retten können.

Hässige Reaktionen in der FCB-Kabine

Später, nach dem Abpfiff der Partie, als die Spieler durch die verwinkelten Eingeweide des Altbaus Mestalla ihre Garderobe erreichten, kam es dort, wie der Trainer sagt, zu «hässigen Reaktionen» untereinander. «Deutliche Worte» seien gefallen, einige Spieler seien «aus sich herausgekommen», schildert Yakin. Womöglich mit jener Leidenschaft, wie es sich der Trainer zuvor im Spiel gewünscht hätte.

Was man sich genau (verbal) an den Kopf geworfen hat, überlässt Yakin der Intimität der Mannschaftskabine. So verhält es sich auch mit den Worten, die Bernhard Heusler an die Spieler richtete. Der Präsident war schon während der Verlängerung, nach Diaz‘ Platzverweis, von seinem Platz auf der steilen Tribüne nach unten in die Kabine zum Chilenen geeilt. Yakin findet: «Es bringt nichts, Schuldige und Opfer zu suchen.»

Was das alles über den Zustand der Mannschaft sagt? Sie pfiff jedenfalls aus dem letzten Loch, als sie im Mestalla mit Müh und Not die Verlängerung erreichte und dort endgültig unterging. Das war absehbar.

Das eine Spiel zu viel

Im Vorfeld schon verboten sich nicht einmal eingefleischte FCB-Fans dunkle Vorahnungen. Nicht, weil man dem FCB keinen weiteren Exploit und – auf welche Art und Weise auch immer – den erneuten Einzug in die Halbfinals zugetraut hätte. Sondern weil die Mannschaft mit der Reihe von namhaften Ausfällen den Plafond erreicht hat.

Die Basler Einflugschneisen weidlich ausgenutzt: Der Valencia CF mit dem Dreifach-Torschützen Paco Alcacer (links). (Bild: Keystone)

Die Basler Einflugschneisen weidlich ausgenutzt: Der Valencia CF mit dem Dreifach-Torschützen Paco Alcacer (links). (Bild: Keystone) (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

«Es war das eine Spiel zu viel», sagt Yakin angesichts der personellen Situation – eine, in der er als Trainer nur noch reagieren könne. Gestaltungsmöglichkeiten, die auch die Tagesform beinhalten, hat er zur Zeit so gut wie keine.

Auch wenn der Schlusspunkt ein schwarzer Tag für Basel in einer rauschenden valenzianischen Nacht war, auch wenn das 0:5 als zweithöchste Niederlage in den Europacup-Statistiken festgehalten wird (nach dem 0:7 in München 2012 und neben dem 0:5 daheim gegen Barcelona 2008), so wollen sich die Basler ihre internationale Saison nicht in die Tonne treten lassen.

Im Viertelfinal zu scheitern – dafür braucht man sich nicht zu schämen

Präsident Heusler spricht von einer «riesigen Kampagne». Fabian Frei sagt: «Ich mache mir nicht die ganze Europacup-Saison mit dem Ergebnis von Valencia kaputt». Und Yann Sommer meint: «Schade, dass es so geendet hat. Aber wir schauen auf tolle internationale Spiele zurück, die uns viele Emotionen gegeben haben.»

Und noch ist es ja so, dass ein Schweizer Club in einem europäischen Viertelfinal scheitern darf, ohne dass er sich dafür schämen müsste. Auch der FC Basel nicht mit seinen hohen Ambitionen und seiner Fangemeinde mit hohen Ansprüchen.

Und dennoch: Das Aus in Valencia trug phasenweise debakulöse Züge. Der Trainer wollte noch am Freitagnachmittag seinen Spielern aufzeigen, was aus seiner Sicht nicht gestimmt hat. Keine grosse Sache wollte er daraus machen, schon gar kein Donnerwetter und er will niemanden auf den Scheiterhaufen führen. «Aber ein paar Sachen werde ich deutlich ansprechen», sagt Yakin, «und wenn keine Einsicht herrscht, muss ich Konsequenzen ziehen».

Was das wiederum bedeutet, wollte er auch nicht näher skizzieren.

Die Furcht der Fans ist auch die des Clubs

«So blöd es klingt», sagte Fabian Frei unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Valencia, «aber am Sonntag geht es schon weiter. Und das Spiel in Sion wird schwer genug.» Denn: die Meisterschaft ist das grosse Ziel, das war sie auch während des neuerlichen, langen Ritts durch den Europacup. Die Frage wird sein, wie viel Substanz, körperlich wie mental, der Tanz auf den drei Hochzeiten gekostet hat.

«Wir müssen in Sion ein Zeichen setzen», fordert der Trainer. Präsident Bernhard Heusler rückt die Meisterschaft – neben dem Cupfinal am Ostermontag – ebenfalls zurück ins Zentrum und verlangt: «Volle Konzentration auf diese beiden riesigen Ziele und nicht nicht gross heulen.»

Denn was die Anhängerschaft noch weit mehr schmerzt als ein geplatzer Traum in Valencia, ist die Vorstellung, dass die Grasshoppers dem Titelverteidiger den Meisterkübel entreissen und auf direktem Weg in die Champions League einziehen. Auch für die Clubleitung ist das kein schöner Gedanke.

Quelle: uefa.com
Fakten zum Spiel Valencia CF–FC Basel 5:0
  Valencia FC Basel
Ballbesitz 69 31
Pässe 678 304
Angekommene Pässe (%) 584 (86,1) 212 (69,7)
Torschüsse total 33 6
Torschüsse auf das Tor 13 3
Torschüsse am Tor vorbei 9 2
Abgeblockte Schüsse 11 2
Aluminiumtreffer 3 0
Corner 15 6
Gelbe Katen 6 7
Rote Karten 0 2
Begangene Fouls 12 23
David Degen war es

Der «Blick» berichtet anhand von Bilder des Tessiner Senders RSI, dass es David Degen war, der nach seiner Auswechslung für Hektik in Murat Yakins Coachingzone gesorgt hat. Der Trainer des FC Basel schickte Degen daraufhin in die Kabine.

Dem RSI sagte Yakin gemäss «Blick»: «Das Spiel war sonst schon hektisch in der Phase. Da muss sich ein Spieler, der ausgewechselt wird, einfach ruhig auf die Bank setzen. Er hat das Spiel und die Spieler von der Ersatzbank aus noch nervöser gemacht. Deshalb habe ich ihm gesagt, er soll in die Kabine gehen.

Das tat Degen dann auch, wie Augenzeugen der TagesWoche schildern. Eine kleine FCB-Fangruppe sass nur wenige Reihe hinter der FCB-Trainerbank im Mestalla. Degen, so beschreiben sie, sei wiederholt aufgesprungen und habe mit der ihm eigenen, aufgeregten Körpersprache in Richtung Spielfeld gestikuliert. Offenbar auch an die Adresse von Taulant Xhaka, der irgendwann energisch zurückgab. Daraufhin schickte Yakin Degen weg.

Zum Beginn der Verlängerung tauchte Degen wieder aus der Kabine auf, um den Rest der Partie zu verfolgen – gezügelt und Taulant Xhaka unterstützend, wie es die Augenzeugen empfunden haben.

Artikelgeschichte

Aufgrund eines Augenzeugenberichts einer der Redaktion bekannten Person, wurde die Passage zu den Unruhen an der Trainerbank während des Spiels ergänzt.

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