Fabian Frei: «Es ist ein Ausscheidungsrennen»

Der FC Basel, seine Jugendarbeit und der neue Campus: Der 24-jährige Fabian Frei erzählt, wie er über Frauenfeld und Winterthur zum Nacheuchs des FCB gekommen ist und wie er zum Profi und Nationalspieler gebrcht hat. Aufgezeichnet von Florian Raz.

Fabian Frei: «Früher habe ich mich nach jedem Match gefragt: Reicht es dir überhaupt? Heute weiss ich, was ich kann.» (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der FC Basel, seine Jugendarbeit und der neue Campus: Der 24-jährige Fabian Frei erzählt, wie er über Frauenfeld und Winterthur zum Nachwuchs des FCB gekommen ist und wie er es zum Profi und Nationalspieler gebracht hat. Aufgezeichnet von Florian Raz.

Mit dem Fussball begonnen habe ich zuhause in Frauenfeld. Aber bereits mit zehn oder elf Jahren ging ich zum FC Winterthur ins Training. Wenn ich zurückdenke, waren meine Eltern ziemlich mutig. Die Gegend um den Bahnhof zählt man abends ja nicht zu den angenehmsten Orten. Aber wie mir mein Vater erzählt, ist er mit mir bloss einmal nach Winterthur gefahren. Danach habe ich gesagt, er müsse ab jetzt nicht mehr mitkommen.

Ich war anscheinend bereits damals sehr selbstständig. Darum wollte ich auch unbedingt nach Basel kommen, als mich Peter Knäbel gefragt hat. Er war 2003 von Winterthur zum FCB gegangen, wo er Nachwuchs-Chef wurde. Und er wollte mich gleich mitnehmen. Aber damals hatte ich noch ein Jahr obligatorische Schulzeit vor mir – und dieses wollte ich zuhause absolvieren.

Also bin ich erst ein Jahr später gegangen. Der FCB bot mir die Möglichkeit, parallel zum Fussball die Handelsmittelschule zu machen, da konnte ich es mit mir vereinbaren, nach Basel zu gehen. Ich war 15 Jahre alt. Eigentlich verdammt jung!

Das FCB-Wohnheim war damals noch im Experimentalstatus

Ich war jedenfalls mit Abstand der Jüngste auf dem FCB-Stock im Wohnheim Aprentas. Und der Einzige, der Deutsch sprach. Okay, es gab welche, die in der U21 waren, aber die gaben sich doch nicht mit einem aus der U16 ab! Da lernst du halt, dich auf Französisch zu unterhalten. Ich war deswegen mündlich so gut, dass ich im letzten Jahr an der HMS nicht mehr in den Unterricht musste und mich nur noch auf die Prüfungen vorbereitet habe.

Ich glaube, das FCB-Wohnheim war damals noch ziemlich im Experimentalstatus. Zu Beginn hatten wir keine eigene Bezugsperson. Die drei Betreuer, die auch für die restlichen fünf Stockwerke zuständig waren, haben zu uns geschaut. Aber da ging es nur darum, ob abends die Zimmer aufgeräumt waren. Essen haben wir auf Rechnung gekauft und die Quittungen beim Club eingereicht. Da gab es natürlich welche, die im Coop die Quittungen sammeln gingen und diese dann abgegeben haben.

In so einer Umgebung lernst du, dich in eine Gruppe zu integrieren – aber auch, dich durchzusetzen. Wir waren ja ein wild zusammengewürfelter Haufen. Später hatten wir dann eine eigene ­Bezugsperson und schliesslich auch eine Köchin. Aber irgendwie hat mir die Eigenständigkeit gefallen, die wir uns zu Beginn aneignen mussten.

«Wer U16-Trainer Werner Mogg überlebt, den schreckt nichts mehr. Und das meine ich absolut positiv.»

Ich kann heute auf jeden Fall dank dieser Zeit selbst kochen und waschen. Das ist doch nur von Vorteil. Aber es gab schon auch welche, die mehr Mühe hatten als ich, die eigentlich nur zum Essen aus ihren Zimmern gekommen sind und dann gleich wieder verschwanden.

Als ich aus Winterthur in die U16 des FCB kam, war das ein richtiger Kulturschock. Nach zwei Trainings wollte ich gleich wieder nach Hause. Es war viel härter als in Winterthur. Aber im Nachhinein denke ich, es hat mir nicht geschadet. Wer U16-Trainer Werner Mogg überlebt, den schreckt so schnell nichts mehr! Und das meine ich absolut positiv. Bei ihm werden eben Disziplin und Kampfgeist hoch eingeschätzt.

Klar, die Nachwuchsabteilung ist ein Ausscheidungsrennen. Aber ich habe mir nie Gedanken ­darüber gemacht, wie es mit mir weitergeht. Ich ging am Morgen in die Schule, danach ins Training, habe mir etwas gekocht – und ab ins Bett. Am Wochenende bin ich meist zu den Eltern. Ich hatte gar nie die Zeit, um ins Grübeln zu kommen. Und ich hatte immer Spass an der Sache.

Das Gefühl, auf der Kippe zu stehen, hatte ich erst bei den Profis

Ausserdem ging es ja auch stets vorwärts: Von der U16 an war ich immer in den Schweizer Nachwuchs-Nationalteams. Und in der U21 des FCB hatte ich ein fantastisches Jahr. Heinz Hermann war der perfekte Trainer. Er hatte keine einfache Aufgabe, denn alle, die im Team waren, wollten in die erste Mannschaft – schwierig, da ein funktionierendes Team hinzubekommen. Aber er hat es geschafft. Auch wenn es natürlich Spieler gab, die immer geschossen haben, anstatt abzugeben. Ich bin ja mehr der mannschaftsdienliche Spieler.

Das Gefühl, dass ich auf der Kippe stehen könnte, hatte ich erst in der ersten Mannschaft. Vor allem, als ich 2009 nach St. Gallen ausgeliehen wurde. Es nagt, wenn dir der Trainer sagt, er sehe Spieler vor dir, die du weit hinter dir siehst. Da musste ich mich mit Dingen auseinandersetzen, die ich so nicht kannte.

Früher habe ich mich schon nach jedem Match gefragt: Reicht es dir überhaupt? Heute weiss ich, was ich kann. Das soll nicht arrogant klingen. Aber wenn du über 150 Spiele in der Super League gemacht und ein Tor im Old Trafford geschossen hast … Das sind Dinge, die dir ein sicheres Gefühl geben.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02.08.13

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