FC Basel: Wärmelampen im Packeis

Willkommen im Packeis: St. Petersburg ist festgefroren, wenn der FC Basel heute Abend versucht, seinen Vorsprung aus dem Hinspiel (2:0) gegen Zenit St. Petersburg über die Runden zu bringen. Das Spiel könnte durchaus hitzig werden.

Training in Eiseskälte: Der FC Basel am Vorabend des Spiels. Man beachte Cabral in Vollvermummung. (Bild: Keystone/STEFFEN SCHMIDT)

Willkommen im Packeis: St. Petersburg ist festgefroren, wenn der FC Basel heute Abend versucht, seinen Vorsprung aus dem Hinspiel (2:0) gegen Zenit St. Petersburg über die Runden zu bringen. Das Spiel könnte durchaus hitzig werden.

Fünf Millionen Einwohner soll St. Petersburg haben. Empirisch belegen liess sich das am Mittwoch, dem Anreisetag des FC Basel, nicht. Die Bewohner haben sich zurückgezogen, in die U-Bahn, ihren SUV, ihr Eigenheim. (Nur 20 Prozent der Russen sind Mieter, was auf die Art und Weise, wie die Entstaatlichung des Eigentums nach der Wende durchgeführt wurde, zu tun hat, aber das zu erklären würde jetzt zu weit führen …)

Europa League, Achtelfinal-Rückspiel

Zenit St. Petersburg–FC Basel (18 Uhr MEZ)
Petrowski. – SR Pawel Gil (Polen).
Mögliche Aufstellung FCB: Sommer; P. Degen, Schär, Dragovic, Park; Cabral, Elneny; Salah F. Frei, Stocker; Streller.
Basel ohne Serey Die (gesperrt), Bobadilla (nicht spielberechtigt), D. Degen und Jevtic (beide verletzt).

Die Leute lassen sich draussen nicht blicken, sie haben sich dem zähen Winter gebeugt. Was aus prinzipieller Sicht fragwürdig erscheint – man soll sich niemanden unterwerfen, auch nicht einer Jahreszeit –, ergibt auf der Ebene des persönlichen Energiehaushalts durchaus einen Sinn: Es ist verflucht kalt in Petersburg.

Auch das kleine Stadion Petrowski, in dem der FC Basel heute Abend (18 Uhr Schweizer Zeit) zum Rückspiel gegen Zenit St. Petersburg antritt, steckt in einem Eispanzer fest. Rundherum liegt die dick zugefrorene Newa, das Stadion liegt auf einer schmalen Insel im Fluss und ist nur über eine Brücke erreichbar.

Rasen wird aufgetaut

Am Abend vor dem Spiel mussten die FCB-Spieler noch aus Rücksicht auf das Wohlbefinden des Rasens draussen bleiben, was Trainer Murat Yakin mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen hatte, schliesslich sei die Matte nach dem Europa-League-Spiel gegen Liverpool doch ausgetauscht worden. Vor Ort klärte sich die Sache: Der Rasen ist steifgefroren und muss über Nacht von einem Batallion Heizlampen aufgetaut werden.

Also trainierten die Basler in der anliegenden «Kleinen Arena» auf Kunstrasen. Mit dabei war auch Mohamed Elneny, jener arme ägyptische Tropf, der während des Flugs einen Schwächeanfall erlitten hatte, weshalb der Flieger in Berlin zwischenlanden musste. Im Training war Elneny dann der einzige, der in der Eiseskälte mit Spass bei der Sache war.

Wage es bloss nicht!

Womöglich wird er sich die neugewonnene Freude wieder abgewöhnen. Das Petrowski ist ein sowjetisches Kolosseum der 1920er Jahre, liebloser Konstruktivismus, der mit jeder tragenden Säule sagt: Wage es bloss nicht, am Spiel Freude zu haben. Damit fügt sich das Stadion ins taktische Korsett der Basler.

Denn Freude ist nicht gefragt nach dem phänomenalen, durchaus lustvollen 2:0-Hinspiel-Sieg im St.-Jakob-Park. «Das wird brutaler Kampf», kündigte Innenverteidiger Aleksandar Dragovic an. Yakin versprach: «Wir werden den Kampf annehmen.»

Streller im Sturm

Dragovic würde eine Abwehrschlacht trotzdem gerne vermeiden. Er wünscht sich einen geordneten Ablauf des Spiels, nicht so wie in der letzten Runde der Europa League, als die Basler gegen Dnipropetrowsk ab und an in chaotische Zustände geraten sind. «Da hatten wir sehr, sehr, sehr viel Glück», erinnert der Österreicher.

Eine solide Defensive bilde die Basis, sagte Yakin, aber man wolle schon auch gegen vorne «richtig Gas geben». Seine Mannschaft sei immer für ein Tor gut. Die Aufstellung wird dabei leicht anders sein als im Hinspiel. Die Sturmspitze besetzt Marco Streller und nicht mehr der Kameruner Jacques Zoua.

Doch Rotation könne nie schaden, sagte Yakin, der in St. Petersburg auch ein bisschen Werbung in eigener Sache machte. Schliesslich habe er die Mannschaft vor dem Hinspiel umgestellt, was voll aufgegangen sei. Stürmer Streller stützt diese Wahrnehmung: «Der Zenit-Sieg war so wichtig. Da konnten Spieler, die sonst nicht so viel auf dem Platz waren haben, Selbstvertrauen gewinnen. Muri versteht es, die Breite des Kaders voll auszunutzen.»

Die wird auch gebraucht, um den gesperrten Geoffroy Serey Die zu ersetzen, was gemäss Yakin im Grunde unmöglich ist. «Serey Die ist der einzige unersetzbare Spieler in meinem Kader», adelte Yakin den Neuzugang. Und manch anderer Spieler dürfte aufgemerkt haben. Für Serey Die wird wohl Elneny auflaufen, sollte er bis dann voll auf der Höhe sein.

Einer reicht nicht für Hulk

Die Dichte des Mittelfelds könnte ausschlaggebend dafür sein, ob es Basel morgen gelingt, die Russen zu stoppen. Und dass die kommen, ist unbestritten. «Die ersten 20 Minuten müssen wir überstehen», sagt Dragovic. Eine Spezialbehandlung wird 55-Millionen-Euro-Stürmer Hulk erhalten. Der werde konsequent gedoppelt, so Dragovic.

Gegen Basel spricht die Statistik: Zenit St. Petersburg hat alle seine Heimspiele in der diesjährigen Europa League mit mindestens zwei Toren Unterschied gewonnen.

Auflaufen wird Zenit aber geschwächt, nicht nur der nach seiner Roten Karte im Hinspiel gesperrte Verteidiger Luis Neto fehlt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit muss Zenit auch ohne Stammtorhüter Wjatscheslaw Malafejew auskommen. Der 34-Jährige klagt über Rückenprobleme.

Aber vielleicht lösen sich die Beschwerden auch noch in Luft auf. Getreu der russischen Mentalität, die etwa dazu führt, dass die Fahrt vom Hotel zum Stadtion (4,7 Kilometer) mit 40 Minuten Fahrzeit bemessen wird. «Wir gehen halt immer vom schlimmsten aus», meint der Fahrer gleichmütig.

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