FCB–GC: Eine Nullnummer mit gewisser Logik

Weil im Spitzenkampf zwischen dem FC Basel und den Grasshoppers keine Tore fallen, bleibt es bei vier Punkten Rückstand des Titelverteidigers auf den Tabellenführer der Super League.

FC Basel's (FCB) Geoffrey Serey Die (L) is challenged by Nzuzi Bundebele Toko of Grasshopper Club (GC) during their Swiss Super League soccer match in Basel February 24, 2013. REUTERS/Arnd Wiegmann (SWITZERLAND - Tags: SPORT SOCCER) (Bild: Reuters/ARND WIEGMANN)

Weil im Spitzenkampf zwischen dem FC Basel und den Grasshoppers keine Tore fallen, bleibt es bei vier Punkten Rückstand des Titelverteidigers auf den Tabellenführer der Super League.

Wenn eine der wenigen aufregenden Szenen eines Spiels kurz vor Ablauf einer dreiminütigen Nachspiel in einer Rudelbildung besteht, für die es nicht einmal einen triftigen Grund gab – dann kann das in vielerlei Hinsicht interpretiert werden. War es nicht verbrauchte Energie, die raus musste? Wollte man wenigstens im Gockelgehabe der Sieger sein? Oder suchte sich die aufgestaute Konzentration, mit der beide Seiten erfolgreich ein Tor verhindert hatten, ein Ventil?

Sicher ist nur: Nach dem weitgehend ereignislosen, an Torchancen armen Gipfeltreffen ist man keinen Schritt weiter, hat sich weder GC einen Vorteil verschafft, noch der FCB etwas eingebüsst im Titelrennen. Die beiden Spitzenteams der Super League haben aber eines unterstrichen: Meister 2013 wird wohl einer von beiden werden. Auch wenn der FC St. Gallen ein Zeichen von sich gab, ist mit den Ostschweizern nicht bei der Titelvergabe zu rechnen, und der FC Sion scheint sich am Sonntag mit dem 0:4 in Thun mal wieder von seinen Ambitionen verabschiedet zu haben.

93 Minuten neutralisiert

Das torlose Spiel in Basel entspringt einer gewissen Logik. Zwei Mannschaften trafen aufeinander, die für defensive Stabilität stehen. Hier die Grasshoppers, die jetzt zwölf Mal zu Null gespielt haben in dieser Saison, und dort der FC Basel, der über alle Wettbewerbe gesehen im achten Heimspiel unter Trainer Murat Yakin zum achten Mal ohne Gegentor blieb.

Zieht man dann noch in Betracht, dass die Basler erst Freitagmittag aus der Ukraine von einem ihrer grössten Europacup-Erfolge zurückgekehrt waren, dass sie aus der zweiten englischen Woche kommen und drei weitere vor sich haben, und dass die Grasshoppers erstmals in dieser Saison ohne ihre Teamstützen Stéphane Grichting (gesperrt) und Veroljub Salatic (verletzt) auskommen mussten, dann lässt sich eine gewisse Müdigkeit auf der einen und eine gewisse Vorsicht auf der anderen Seite nachvollziehen. Da neutralisierten sich zwei Teams 93 Minuten lang weitestgehend.

Forte: «Damit können wir leben»

«Es hat uns der letzte Zwick vor dem Tor gefehlt», konstatierte FCB-Goalie Yann Sommer, der einen Spätnachmittag ohne grosse Herausforderungen erlebte. Und GC-Trainer Uli Forte, der nach der 0:4-Klatsche im November an selber Stelle glücklich ist, wie sich seine Mannschaft diesmal geschlagen hat, machte nur eine kleine Einschränkung beim Rundum-Kompliment: «Das einzige, was gefehlt hat, war, dass die Mannschaft nicht bis zuletzt an den Siegtreffer geglaubt hat.»

So aber ist es ein torloses Unentschieden geworden, das für die Zuschauer von bescheidenem Unterhaltungswert war. Auf einem gut bespielbaren Platz im Joggeli, der am Sonntagmorgen zweimal von einer dünnen Schneeschicht hatte befreit werden müssen. «Es ist ein guter Punkt, mit dem ich sehr gut leben kann», meinte Forte, der es nach wie vor vermeidet, das Wort Meister in den Mund zu nehmen. «Es ist ein weiterer Schritt in Richtung …», setzte der GC-Coach an, stockte ganz kurz und fuhr fort: «… in Richtung Saisonende.»

Forte will realistisch bleiben, findet, der 2. Juni und die letzte Runde seien noch weit weg. Schon am Mittwoch will er in Aarau im Cup weiterkommen («Das wird der noch viel schwierigere Match»), und deshalb findet er: «Wir haben keine Zeit, Luftschlösser zu bauen.»

GC-Reifeprüfung und Strellers Expressheilung

Jedoch: Seine Mannschaft legte in Basel eine Reifeprüfung ab. Die umformierte Abwehr mit Aussenverteidiger Michael Lang im Zentrum neben Milan Vilotic liess auch ohne den Routinier Grichting so gut wie nichts zu. Und im zentralen Mittelfeld hatten die jungen Nzuzi Toko (23) und Amir Abrashi (22) phasenweise mehr Zugriff aufs Spiel als ihre Gegenüber. Und das ohne den Strategen Veroljub Salatic, der allen Nebelkerzen zum Trotz, die während der Woche vom GC-Campus in Niederhasli geworfen worden waren, nicht schneller als erwartet in die Mannschaft zurückkehrte.

Die Überraschung lieferte vor dem Anpfiff nicht GC mit seiner Aufstellung, sondern Murat Yakin: Marco Streller, vor Wochenfrist in Lausanne verletzt ausgeschieden und am Montag noch mit der Prognose einer mehrwöchigen Pause von der Reise nach Dnipropetrowsk freigestellt, stand nach genossener Fasnacht mit einhergehender Expressheilung in der Startelf für das Gipfeltreffen. Dies, nachdem die Ärzte am Sonntagmorgen grünes Licht gegeben hatten.

Der Captain biss mit überdehnten Bändern im Knie auf die Zähne, konnte zwar nicht Entscheidendes bewegen, sorgte aber dafür, dass der Alarmzustand in der GC-Defensive bis zum Schluss aufrechterhalten wurde.

Beiden Teams fehlt die klare Linie

Die zweite, eher etwas befremdende Entscheidung war, dass Yakin erstmals Mohamed Elneny für die Startelf nominierte. «Er war gut drauf im Training», erklärte der Trainer. Der Ägypter fand in einem neuformierten Mittelfeld an der Seite des diesmal fehlerhaften Cabral und des erst in zweiten Halbzeit verbesserten Serey Die nicht wirklich ins Spiel, zumal die Mannschaft anfangs fast in einem 4-3-3 agierte. Der Trainer war mit dem Debütanten dennoch zufrieden: «Er hat gute Ansätze gezeigt, und wir werden noch Freude an ihm haben», versprach Yakin, nachdem er Elneny in der 55. Minute gegen Landsmann Salah ausgetauscht hatte.

Das Gipfeltreffen war da schon zu einem fussballerischen Schachspiel erstarrt, ein intensiv geführtes Spiel zwar, in dem viel gelaufen, gekämpft und gegrätscht wurde, ein Spiel aber auch, dem die klaren Linien fehlten, die grossen Torraumszenen und die klaren Chancen. Zu aufmerksam wurde auf beiden Seiten verteidigt und die Räume versiegelt. Erst verlegten sich die Grasshoppers auf eine nadelstichartige Taktik mit Betonung auf die Defensive. Später, als einige FCB-Akteure die schwindenden Kräfte nicht kaschieren konnte, war es der Gastgeber, der zum Kontern ansetzte.

Keiner sucht Sieg auf Teufel komm‘ raus

Es gab einige gefährliche Distanzschüsse, Michael Lang hatte auf einen Eckball die beste GC-Chance vor der Pause, Nassim Ben Khalifa nach einem schönen Durchspiel mit Ngamokul seine kurz nach Seitenwechsel. Der FCB drang ein paar Mal in die gefährliche Zone ein, die ganz klare Möglichkeiten entsprang seinen Bemühungen aber nicht.

Der starke – am vergangenen Donnerstag spielfreie, weil gesperrte – Philipp Degen hatte mit einem Solo eine glänzende Szene, die aber auch nicht in eine klare Chance mündete, und in einer der vielversprechendsten Situation wählte Fabian Frei den Abschluss, statt Philipp Degen in aussichtsreicher Position zu lancieren. Da waren bereits 80 Minuten gespielt und nicht wenige unter den offiziell 27’653 Zuschauer hatten wohl den Eindruck gewonnen, dass hier keine der beiden Mannschaften mehr auf Teufel komm‘ raus den Siegtreffer sucht.

Showdown am 26. Mai im Letzigrund

Es blieb bei der von beiden Seiten als leistungsgerecht empfundenen Punkteteilung. Und somit beim Vier-Punkte-Abstand zwischen GC und dem FCB. Wohl kann man behaupten, dass Titelverteidiger Basel nicht aus eigener Kraft Meister werden kann. Aber es sind noch 15 Runden zu spielen, in denen 45 Punkte vergeben werden, und deshalb ist es müssig, eine Deutungshoheit zu diesem Remis zu beanspruchen. «Es ist nichts entschieden», stellte Murat Yakin unwidersprochen fest.

Philipp Degen wird recht haben, dass GC «hochzufrieden» mit dem Punkt ist; GC-Goalie Roman Bürki meinte, man müsse zufrieden sein mit dem Remis («Basel ist im Moment die Mannschaft der Schweiz, auch auf europäischer Ebene») und sprach von einem gewonnenen Punkt. Alle anderen Interpretationen der vier Längen Vorsprung bezeichnet Bürki als «zu früh – vor allem für uns». Und Yann Sommers Einlassung, GC agiere am Limit, ist wohl eher der psychologischen Kriegsführung zuzuschreiben.

Es sieht danach aus, dass die Grasshoppers am 26. Mai, in der drittletzten Runde, den FCB im Letzigrund zu einem Spiel erwarten werden, in dem die beiden Teams den Meister untereinander ausmachen. Und diese Perspektive ist weit mehr, als es sich der Rekordmeister vor noch nicht allzu langer Zeit auszumalen gewagt hätte.

Super League, 21. Runde
FC Basel–Grasshoppers 0:0
St.-Jakob-Park. – 27¨653 Zuschauer. – SR Hänni.

Verwarnungen: 17. Ben Khalifa (Foul), 21. Dragovic (Foul), 27. Abrashi (Foul), 61. Hajrovic (Foul), 66. Cabral (Foul), 82. Streller (Reklamieren), 93. Schär (Unsportlichkeit – im nächsten Spiel gesperrt), 93. Zuber (Unsportlichkeit – im nächsten Spiel gesperrt).

FCB: Sommer; P. Degen, Schär, Dragovic, Park; Cabral, Elneny (55. Salah); F. Frei (83. D. Degen), Serey Die, Stocker (68. Zoua); Streller.
GC: Bürki; Xhaka, Lang, Vilotic, Pavlovic; Toko, Abrashi; Hajrovic (77. Brahimi), Ben Khalifia (67. Gashi), Zuber; Ngamokul 84. Feltscher).

Bemerkungen: FCB ohne Bobadilla (verletzt/gesperrt), Jevtic (verletzt) und unter anderen Alex Frei (ohne Aufgebot). – GC ohne Grichting (gesperrt), Salatic (verletzt), Rocha (verletzt).

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