FCB-Valencia: Ein Viertelfinal der ganz besonderen Umstände

Nach 2006 erlebt Basel wieder ein Geisterspiel, ein Spiel, zu dem keine Zuschauer zugelassen sind. Das ist angesichts der sportlichen Affiche am späten Donnerstagabend (Anpfiff: 21.05 Uhr) schade, und man darf gespannt sein, wie sich der FC Basel und der Valencia CF, zwei aus unterschiedlichen Gründen angeschlagene Mannschaften, in ungewohnter Atmosphäre präsentieren werden.

02.04.2014; Basel; Fussball Europa League - Traininig FC Basel; Valentin Stocker mit Basketball (Andy Mueller/freshfocus) (Bild: Andy Mueller/freshfocus)

Nach 2006 erlebt Basel wieder ein Geisterspiel, ein Spiel, zu dem keine Zuschauer zugelassen sind. Das ist angesichts der sportlichen Affiche am späten Donnerstagabend (Anpfiff: 21.05 Uhr) schade, und man darf gespannt sein, wie sich der FC Basel und der Valencia CF, zwei aus unterschiedlichen Gründen angeschlagene Mannschaften, in ungewohnter Atmosphäre präsentieren werden.

Ein Spiel unter besonderen Umständen steht Basel bevor, eines, bei dem FCB-Präsident Bernhard Heusler gerne auf die ausserordentliche sportliche Affiche schauen würde, auf das zweite Jahr hintereinander, in dem ein Schweizer Club, sprich: der FC Basel in einem europäischen Viertelfinal steht. Das gab es noch nie in diesem kleinen Fussballland.

Aber die Partie gegen den Club de Futbol aus Valencia ist ein sogenanntes Geisterspiel, ein Spiel hinter geschlossenen Türen, ohne Zuschauer. Das hat die Uefa verfügt, weil FCB-Fans in Salzburg Gegenstände von der Tribüne aufs Spielfeld und in Richtung Schiedsrichterassistent und Salzburger Spieler geworfen haben. Der FC Basel hat nun die Konsequenzen zu tragen.

Der finanzielle Schaden – gegen zwei Millionen Franken zu veranschlagen – ist das eine. Die andere Seite seiner Gefühlslage beschreibt Heusler so: «Das Spiel wird überschattet vom Wissen, dass es ohne die Interaktion von Zuschauern und Spielern stattfindet. Und das wird zeigen, dass damit dem Fussball ein Teil seiner Seele fehlt.»

Geisterspiele? Für Pizzi nichts Neues

Die Beteiligten auf dem Spielfeld und am Rand richten sich ein auf eine ungewohnte Atmosphäre. Für Juan Antonio Pizzi ist ein Geisterspiel nichts Neues. Als Spieler wie als Trainer hat er solche Situationen erlebt. Was nicht weiter erstaunt, wenn man wie der 45-jährige Ex-Stürmer von Valencia aus Argentinien stammt, wo – geurteilt nach den einschlägigen Bilder aus Argentiniens Fussballstadien – ein paar geworfene Münzen, Feuerzeuge, Plastikfahnenstäbe und Getränkebeutel wahrscheinlich nicht mehr als ein müdes Achselzucken hervorrufen.

«Es ist für alle Beteiligten eine unangenehme Situation», sagt Pizzi, seit Januar Trainer in Valencia, zu den leeren Rängen, die ihn und seine Mannschaft am Donnerstag um 21.05 Uhr im St.-Jakob-Park erwarten. Der Valencia-Trainer sieht darin weder Vor- noch Nachteil für eines der beiden Teams, meinte am Mittwoch nach der Ankunft in Basel aber auch: «Wenn man mich gefragt hätte: Ich hätte die Fans gerne dabei.»

Basel und Valencia im Europacup seit 2002
Saison FC Basel Valencia CF
2002/03 CL, Zwischenrunde CL, Viertelfinal
2003/04 UC, 2. Runde UC, Sieger
2004/05 CL-Q + UC, 1/16 CL + UC, 1/16
2005/06 CL-Q + UC, 1/4 Intertoto, Final
2006/07 UC, Gruppenphase CL, 1/4
2007/08 UC, 1/16 CL, Gruppenphase
2008/09 CL, Gruppenphase EL, 1/16
2009/10 EL, Gruppenphase EL, 1/4
2010/11 CL, Gruppenphase + EL 1/16 CL, 1/8
2011/12 CL, 1/8 CL, Gruppenphase + EL 1/2
2012/13 CL-Q + EL 1/2 CL, 1/8
CL = Champions League, UC = Uefa Cup, EL = Europa League

Das geht Murat Yakin nicht anders. Der Trainer des FCB ging in der Medienkonferenz nicht gross auf das Thema leeres Stadion ein. Das einzige was fehlen werde am Donnerstag, sei der Lärm und die Stimmung. Besonders eingestimmt hat er seine Spieler nicht darauf. «Solche Situationen kann man nicht simulieren. Wir werden auf das Spiel konzentriert sein», sagt Yakin.

Die Alles-oder-Nichts-Situation für Valencia

Dieses Virtelfinal-Hinspiel bietet – die Umstände hin und her – eigentlich schon genügend Diskussionsstoff. Für Valencia bekommt nach zwei Niederlagen in der Liga und weit abgeschlagen in der Tabelle die Europa League eine Alles-oder-Nichts-Bedeutung. Ausserdem herrscht in der Stadt am Mittelmeer, die sich fussballerisch einst auf Höhe von Real Madrid und des FC Barcelona begriff, Unruhe um einen Wechsel der Besitzverhältnisse im Club.

Pizzi hofft auf die «bestmögliche Lösung» für den finanziell in Bedrängnis stehenden Club, und weil die Nebengeräusche derzeit sehr laut sind, sagt der Trainer, dass sich die Mannschaft «ein bisschen abgekapselt hat» vom Drumherum. Zwar erläuterte Pizzi in blumigen Worten die Situation seines Teams («Wir sind gar nicht so schlecht, wie wir gemacht werden»), die Rolle Valencias im Vergleich mit Basel («Es liegt in den Augen des Betrachters, wer der Favorit ist») und die Prioritäten: «Man kann nicht sagen, dass die Mannschaft sich für einen Wettbewerb und gegen einen anderen entschieden hätte.»

Das ist natürlich ein wenig Augenwischerei: Valencia spielt nur dann nächste Saison international, wenn es die Europa League gewinnt. «In der Liga läuft es nicht wie gewünscht», räumt Pizzi ein, «aber wir fühlen uns stark genug, um die Reise durch Europa fortzusetzen.»

Pizzi muss auf nicht unwichtige Spieler verzichten: Stammgoalie Diego Alves und Innenverteidiger Victor Ruiz haben sich jüngst im Derby gegen Villareal verletzt und fehlen in Basel ebenso wie Captain Ricardo Costa. Er wird durch Philippe Senderos ersetzt, der zusammen mit dem Franzosen Jeremy Mathieu die Innenverteidigung bilden wird.

Yakin traut es dem jungen Embolo zu. Bringt er ihn auch?

Angesichts dessen hat Murat Yakin ein komplizierteres Personenpuzzle zusammenzusetzen. Acht Spieler stehen dem FCB-Trainer nicht zur Verfügung, und ein Grossteil davon war bei den jüngsten Basler Husarenritten im Europacup noch als unverzichtbar erschienen.

In der Abwehr kann der Ausfall von Ivan Ivanov, Arlind Ajeti und des gesperrten Marek Suchy immerhin kompensieren durch Fabian Schär. Für den Nationalspieler wird das Spiel zum echten Härtetest nach seinem Comeback. Weil Marco Streller ebenfalls verletzt und auch Giovanni Sio gesperrt ist, ist die offensive Besetzung das grösste Fragezeichen.

Breel Embolo of Switzerland's soccer team FC Basel arrives for a training session in the St. Jakob-Park training area in Basel, Switzerland, on Wednesday, April 2, 2014. Switzerland's FC Basel 1893 is scheduled to play against Spain's Valencia CF in an UE

Der Trainer würde es ihm durchaus zutrauen: Breel Donald Embolo – ein 17-Jähriger für die Startelf gegen Valencia? (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

«Das gibt eine Aufstellung, die sehr speziell ist», kündigte Yakin am Mittwochabend an und hatte zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch gar nicht entschieden, wen er im Angriff bringen wird. Breel Donal Embolo vielleicht? Es ist nicht so, dass Yakin dem jungen, unbekümmerten Mann aus dem FCB-Nachwuchs die Startelf nicht gönnen würde: «Ich lasse das offen, aber wir müssen vorsichtig sein und dürfen einen 17-Jährigen nicht verheizen», sagte Yakin. Um nachzuschieben: «Obwohl: Ich traue ihm das zu.»

Der FCB und der lateinische Fussballkulturkreis

Die Alternative wäre eine vordere Reihe mit Valentin Stocker sowie Matias Delgado oder Marcelo Diaz. Oder mit beiden Südamerikanern gemeinsam. Wie auch immer: «Wir haben genügend Spieler, die offensiv denken», sagt Yakin. Und der FCB hat seine Standardsituationen, mit denen er sich in den jüngsten Spielen mehrfach und insbesondere beim Weiterkommen in Salzburg über Wasser hielt.

#rotblaulive-Afficionado Yann Sommer zum Thema Europa League:

Die Partie wird ausserdem einen ersten Aufschluss darüber geben, ob die These, dass der FCB sich mit Gegnern aus dem lateinischen Fussballkulturkreis schwertut, aufrecht zu erhalten sein wird. Aber dies hat man von englischen Gegnern auch schon mal behauptet.

Ein Gegenüber aus Spanien hatte der FCB schon lange nicht mehr. 2002/03 ging es in der Champions League gleich viermal gegen Spanier: Gegen Deportivo La Coruna gab es Sieg und Niederlage (0:1, 1:0) und gegen dieses Valencia ein 2:2 daheim und eine derbe 2:6-Pleite im Estadio Mestalla, wohin der FCB kommende Woche zum Rückspiel zurückkehrt. Zuletzt, im Herbst 2008, wurde der FCB zuhause vom FC Barcelona mit 0:5 zerpflückt, um dann im Rückspiel gegen ein allerdings bereits qualifiziertes Barça ein viel beachtetes 1:1 zu erreichen.

Yakin: «Auf Resultat spielen – das können wir»

«Wir sind alle gespannt, wie wir uns verkaufen, wie wir auf eine lateinische Mannschaft reagieren und auf ein leeres Stadion ohne Publikum», sagt Murat Yakin. Und er ist überzeugt: «Auf Resultat spielen – das kann meine Mannschaft.» Welches Resultat das sein soll, das sagte der FCB-Trainer allerdings nicht.

 

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