Federer bleibt erneut nur das Zuschauen

Am Ende steht eben doch Novak Djokovic im Konfettiregen. Dabei spielte er im Final in London nicht unbedingt überragend. Aber er blieb in den entscheidenden Momenten cooler als Roger Federer.

Not amused: Roger Federer wartet auf die Siegerehrung in der O2-Arena in London.

(Bild: AP Photo/Tim Ireland)

Am Ende steht eben doch Novak Djokovic im Konfettiregen. Dabei spielte er im Final in London nicht unbedingt überragend. Aber er blieb in den entscheidenden Momenten cooler als Roger Federer.

Genau um 20.43 Uhr stand Novak Djokovic an diesem Sonntagabend in London mal wieder im Regen. Genau gesagt: Im Konfettiregen. Das hat in dieser ungewöhnlichen Saison schon Tradition für den Capitano des Welttennis. Denn fast immer gewinnt Djokovic auch dort, wo er antritt in diesem Jahr, ob nun bei Grand Slam-Turnieren oder Masters-Wettbewerben. Oder nun auch bei der Weltmeisterschaft in der O2-Arena.

Zum vierten Mal hintereinander siegte er an diesem denkwürdigen 22. November 2015, und wie bei den letzten beiden Grand-Slam-Festivitäten in London und New York schaute schliesslich einer etwas traurig-versonnen den offiziellen Zeremonien zur Kür des Königs zu: Roger Federer, der älteste Mann aus der Elitetruppe, der 34-jährige Grandseigneur.

Doppelfehler besiegelt Federers Niederlage

6:3 und 6:4 schlug Djokovic den Schweizer Elder Statesman in einem Finale, das erst auf der Zielgeraden dramatische, mitreissende Momente bot und in vielem an das US-Open-Endspiel Anfang September erinnerte. Mit einem coolen, abgebrühten, selbstsicheren Djokovic. Und mit einem Federer, der viel zu viele Chancen ausliess und bei den Big Points nicht über jene zupackende Kraft verfügte, die ihn einst vom Rest der Kollegen trennte.

Roger Federer: «Novak spielt eine verdammt starke Saison. Verrückt, was er alles gewonnen hat.»

«Es ist die beste Saison meines Lebens. Eine unglaubliche Saison», sagte Djokovic noch auf dem Centre Court. Der Mann, der mit seinem insgesamt fünften WM-Titel gleichzeitig den elften Pokal in dieser Spielzeit holte und derzeit wie kein anderer Athlet überhaupt eine Einzelsportart dominiert. Federer war derweil der Ärger über die Niederlage noch sichtlich ins Gesicht geschrieben, als er in der Arena eine erste Lageeinschätzung abgab: «Es ist nie schön, als Verlierer bei so einer Ehrung dazustehen. Ich habe alles gegeben, aber es hat leider nicht gereicht», erklärte der Maestro, «Novak spielt allerdings auch eine verdammt starke Saison. Das ist schon verrückt, was er alles gewonnen hat.»

Wer nach Symbolik für diesen Abend suchte, wurde in den letzten Sekunden der Partie trefflich bedient: Denn schlussendlich war es ein Doppelfehler, der Federers glatte Zwei-Satz-Niederlage nach knapp anderthalb Stunden beendete. Zwar protestierte der Schweizer via elektronischer Linienüberwachung noch einmal gegen das Verdikt, doch dann tauchte auf der grossen Anzeigetafel in der Halle der Abdruck auf, der Federers Ende markierte.



«Es ist nie schön, als Verlierer bei so einer Ehrung dazustehen» – Roger Federer.

«Es ist nie schön, als Verlierer bei so einer Ehrung dazustehen» – Roger Federer. (Bild: EPA/Facundo Arrizabalaga)

Djokovic jeweils im richtigen Moment cooler

Es war der alles in allem 31. einfache, vermeidbare Fehler in diesem Endspiel, in dem Federer einfach die Solidität und Souveränität fehlten, die für einen Sieg gegen den Nummer 1-Spieler nötig gewesen wären. Djokovic spielte keineswegs überragend, aber mit den besseren Bällen in den richtigen Momenten – und mit der ruhigen Zuversicht, mit der er ein ums andere Mal in dieser Saison in allen brenzligen Situationen glänzte und noch jeden Rivalen wiederholt abprallen liess.

Die wenigen Breakbälle Federers wehrte Djokovic alle ab, nahm Federer seinerseits drei Mal den Aufschlag ab. Genau jene Spieler, die einst die Macht in der Tenniswelt inne hatten und unter sich aufteilten, nämlich Rafael Nadal und Roger Federer, schlug er somit in der Knockout-Phase von London noch einmal. Nadal im Halbfinale, Federer im Endspiel.

Federer schwankte zwischen Traumschlägen und Fehlern, die ihn selbst mit dem Kopf schütteln liessen. Es war ein Wiedererkennungseffekt, so hatte er zuletzt nur zu oft gegen Djokovic in den wirklich grossen Matches verloren, eben auch bei Grand Slams. Dass er Djokovic in der WM-Vorrunde schlug, nahm Federer selbst nicht wirklich überernst. Er wusste, dass die eigentliche Prüfung erst bei der Neuauflage in einem möglichen Finale kommen würde. Die kam dann auch. Und Federer konnte das Ergebnis nicht gefallen. Das Ergebnis, dass dieser Djokovic die schönsten aller Titel für sich reklamiert, mit anhaltendem Erfolg.

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