Federer gibt Forfait – Verletzungsgefahr zu hoch

Roger Federer sagte den Final an den ATP-Finals in London ab und gibt Forfait. Dabei wäre das Spiel gegen Novak Djokovic ein Highlight gewesen. Er sei nicht fit genug, sagte der 33-Jährige am Sonntagabend.

Ausstieg in letzter Sekunde aus den ATP-Finals: Roger Federer will sich nun auf den Davis Cup konzentrieren. (Bild: TIM IRELAND)

Roger Federer sagte den Final an den ATP-Finals in London ab und gibt Forfait. Dabei wäre das Spiel gegen Novak Djokovic ein Highlight gewesen. Er sei nicht fit genug, sagte der 33-Jährige am Sonntagabend.

Spät am Samstagabend war er noch am grössten WM-Spiel dieses Jahres beteiligt. Mit unerschütterlicher Moral und riesigem Kampfgeist machte Roger Federer da das schier Unmögliche doch noch möglich, ein wahrer Houdini-Akt war der 4:6, 7:5, 7:6-Halbfinalsieg über seinen Landsmann Stan Wawrinka – mit imponierenden Aufholjagden gleich mehrfach und mit vier abgewehrten Matchbällen.

Achtzehn Stunden später allerdings war klar, dass dieses nervenzehrende Duell der beiden Schweizer Freunde und Weggefährten nicht etwa das Vorspiel zu etwas noch Grösserem bei diesem Championat war – sondern schon das Ende, ein Pyrrhussieg. Statt sich dem Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic zum Showdown um den WM-Pokal stellen zu können, trat Federer um 17.30 Uhr Ortszeit zerknirscht vor die erwartungsfreudigen Zuschauer in der O2-Arena und verkündete seinen Rückzug aus dem Endspiel.

«Ich bin nicht fit genug, um ein Match gegen Novak spielen zu können», sagte der 33-Jährige, «es tut mir so leid für Sie alle, für die Tennisfans hier in London.» Es gab milden Applaus für Federer, der danach noch Dutzende Autogrammwünsche erfüllte – und dann durch jenes Tor den Hallenpalast verliess, aus dem die Gladiatoren gewöhnlich zum Duell eingelassen werden.

Es war der Rücken

Nichts war also mehr Roger – und alles vorbei für ihn, den Mann, der in den letzten Monaten gemeinsam mit dem kampflos zum Sieger erklärten Djokovic dem Geschehen im Welttennis den prägenden Stempel aufgedrückt hatte. «Ich bin todunglücklich. Das ist schon ein harter Schlag für mich», sagte er. Spät in der Partie gegen Wawrinka habe er sich am Rücken verletzt und nicht regenerieren können, so Federer, «es wäre einfach sinnlos gewesen. In meinem Alter kann ich keine Risiken eingehen.»

Damit erlebte eine ohnehin schon schwache Weltmeisterschaft, die meist nur Schlagzeilen wegen der eintönigen und einseitigen Spiele geliefert hatte, auf dem Zielstrich einen negativen Höhepunkt, mit dem ersten Finale, das ohne einen einzigen Punkt auf dem Centre Court entschieden wurde. «So zu gewinnen, ist überhaupt nicht schön. Ich weiss, dass Roger sich das nicht einfach gemacht hat», sagte Djokovic später bei einer schmucklosen Siegerzeremonie.

Bitter waren die unerfreulichen Ereignisse vor allem für Wawrinka, den Verlierer der dramatischen Halbfinalpartie des Samstags. Zum ersten Mal war der Australian Open-Champion dicht an einem grossen Sieg über sein Idol dran gewesen, speziell bei einer 4:2- und 30:0-Führung im dritten, entscheidenden Akt. Anderntags, nach Federers Verzicht, schien es dann, als verlöre Wawrinka das Spiel gleich noch einmal, und zwar noch grausamer. «Federer und Wawrinka kommen mir vor wie zwei Formel-1-Fahrer, die in einer der letzten Kurven kollidierten und einem lachenden Dritten Platz machten», sagte bei der BBC der ehemalige Profi Andrew Castle.

Fest den Davis Cup im Blick

Federers Verzicht war allerdings auch nicht zu trennen vom Davis Cup-Finale am kommenden Wochenende, bei dem er, Wawrinka und die Schweizer Mannschaft erstmals die hässlichste Salatschüssel der Welt im französischen Lille gewinnen können. Kaum auszudenken, welche Reaktionen Federer bei einem Start im WM-Finale, aber dann einem Rückzug für den Nationenwettbewerb heraufbeschworen hätte.

«Ohne den Davis Cup hätte Roger es sicher probiert», sagte Mats Wilander, der frühere Weltranglisten-Erste aus Schweden. Viel Zeit, um wieder fit zu werden, bleibt Federer allerdings nicht, schon am Freitag stehen in Nordfrankreich auf Sand die ersten Einzel an. Federer, das war bisher jedenfalls die Idealvorstellung im Schweizer Team, könnte an zwei, wenn nicht gar drei Davis Cup-Tagen als Punktlieferant im Einsatz sein.

Ganz tennisfrei blieb der Finalabend in der O2-Arena übrigens nicht. Der längst ausgeschiedene Lokalmatador Andy Murray spielte zunächst einen Trainingssatz gegen  Djokovic, danach traten Murray, John McEnroe, Pat Cash und Tim Henman noch zu einem Showdoppel an. Nicht alle Fans besänftigte das: An den Informationsständen der O2-Arena gab es teils lautstarke Proteste, kein Wunder bei Preisen von 150 bis 600 Euro für das Endspiel. Die ATP gab bekannt, sie werde in den nächsten Tagen ein Entschädigungsmodell vorlegen.

Nächster Artikel