Die aktuelle Nummer 2 ist am Golf die Nummer 1: Roger Federer schlägt Novak Djokovic in zwei Sätzen deutlich und holt sich zum siebten Mal den Pokal in Dubai.
Ungefähr auf Höhe des Netzes hatten einige Schweizer Fans an diesem Finalabend in Dubai ein Transparent angebracht, auf dem zu lesen stand: «Roger, zeig‘ uns Deine Magie.» Als das Traumendspiel in der Zeltarena zwischen der Nummer 1 der Weltrangliste, Novak Djokovic, und der Nummer 2, eben Roger Federer, dann vorüber war, hätte besagter Federer seinen eisernen Anhängern gut und gerne zurufen können: Auftrag erfüllt, Mission vollendet, wieder einmal Tennis-König in der Wüste geworden.
Ein hochverdienter Sieger
Denn mit zauberhafter Eleganz und Power sicherte sich der 33-jährige Maestro seinen siebten Titel beim Millionenspiel am Golf, beim 6:3, 7:5-Sieg war er, der vierfache Familienvater, der klar bessere Mann, der hochverdiente Sieger, der Spieler, der sich aus allen brenzligen Situationen mit kühner und kühler Entschlossenheit befreite. «Das grösste Glück und die grösste Zufriedenheit spüre ich darüber, wie gut ich gespielt habe», sagte Federer, «ich war immer mit meinem besten Tennis da, wenn es zählte.» Djokovic, der geschlagene Weltranglisten-Frontmann, blieb da auch nur ein ehrliches Kompliment für den Gewinner: «Roger war der stärkere Spieler, keine Frage. Er hat alle, absolut alle Big Points gemacht.»
Djokovic wirkte ratlos
Als er später auf dem Centre Court gefragt wurde, warum er insgesamt sieben Breakchancen ausgelassen habe, wirkte Djokovic zuerst konsterniert, dann ratlos: «Ich glaube, die Frage werde ich heute auch noch von Boris Becker zu hören bekommen», sagte er dann, «aber ich konnte nicht viel machen.»
Noch präziser lautet die Antwort: Djokovic konnte diese Möglichkeiten, dreimal mit 15:40-Vorsprung, nicht verwerten, weil Federer auf diese Herausforderungen mit einer überragenden Coolness und Willenskraft antwortete, weil er, der 17-malige Grand Slam-Champion, in den Turbogang schaltete, Asse und Servicewinner vom Schläger zauberte. Und weil er gerade in diesen Situationen, als er sich aus höchster Not befreite, Djokovic den letzten Nerv und den Glauben raubte, diese Partie doch noch umdrehen zu können. «Der Aufschlag war gut. Aber es war noch besser, ihn in den richtigen Augenblicken perfekt eingesetzt zu haben», sagte Federer hinterher.
Federer schlug sein 9000. Ass
13 Asse schlug er in dem letzten Turnierspiel vor den 6500 Zuschauern im überfüllten Stadion, passierte damit auch die 9000 Asse-Marke in seiner Laufbahn. Symptomatisch war das Spiel im zweiten Satz bei einem 4:5-und 15:40-Rückstand, als Federer zunächst zwei Satzbälle abwehrte und dann zwei Aufschlag-Volltreffer ins gegnerische Feld knallte.
Da schüttelten Djokovic auf dem Platz und Trainer Becker auf der Tribüne parallel ziemlich ungläubig den Kopf. Und wie angeschlagen Djokovic war, zeigte sich schon im nächsten Spiel, da verspielte er eine 40:0-Führung zum vorentscheidenen 5:6-Aufschlagverlust, leistete sich bei Einstand sogar einen haarsträubenden Doppelfehler.
Federer schaut zuversichtlich in die Zukunft
Federer kam auch im letzten Spiel von einem Rückstand zurück, als wäre es an diesem Abend die leichteste Übung. 0:30 lag er hinten, hatte dann den ersten Matchball, vergab ihn – doch beim zweiten Siegpunkt liess er sich den siebten Pokalsieg in seiner zweiten Heimat am Golf nicht mehr nehmen. «Es ist eines der Turniere, das mir am meisten Spass macht. Auch, weil ich mich hier so wohl fühle», sagte Federer später, nunmehr mit 84 Titeln in seiner grossen Karriere ausgestattet.
Sein Eindruck von sich selbst und seiner Form hatte ihn nicht getäuscht vor diesem Turnier. «Grossartig» fühle er sich, hatte Federer da gesagt, er blicke mit «viel Zuversicht» auf die ATP-Woche in Dubai und die nächsten Monate im Frühling und Sommer. In Dubai war er schliesslich der Beste in einem Weltklassefeld, in dem vier der fünf nominell stärksten Spieler der Welt antraten. Auch anderswo könnte das demnächst der Fall sein, mit diesem ewigen und immer wieder starken Roger Federer, der auch in seinen Dreissiger Jahren noch immer für jeden Centre Court-Coup gut ist. «Ich bin immer noch hungrig», sagte Federer, «und ich kann es kaum erwarten, zum nächsten Turnier zu fahren.»