Federer und der Davis Cup: Die Pflicht und Schuldigkeit ist getan

Mit einem scharfzüngigen Vortrag erteilt Roger Federer drei Monate nach dem Triumph im Davis Cup seiner Teilnahme am Nationen-Wettbewerb eine Absage. Das will er vor allem als Kritik an den Verbänden verstanden wissen und sagt: «Ich kann nach dem Titelgewinn tun, was ich will.»

epa04634260 Roger Federer of Switzerland returns the ball to Mikhail Youzhny of Russia during the first round of the Dubai Duty Free Tennis ATP Championships in Dubai, United Arab Emirates, 23 February 2015. EPA/ALI HAIDER (Bild: Keystone/ALI HAIDER)

Mit einem scharfzüngigen Vortrag erteilt Roger Federer drei Monate nach dem Triumph im Davis Cup seiner Teilnahme am Nationen-Wettbewerb eine Absage. Das will er vor allem als Kritik an den Verbänden verstanden wissen und sagt: «Ich kann nach dem Titelgewinn tun, was ich will.»

Die nette, harmlose Medienplauderei mit dem Sieger des Abends neigte sich schon fast ihrem Ende zu, als urplötzlich noch so etwas wie ein Donnerwetter im Presseraum der Dubai Tennis Championships ausbrach.

Federer in Dubai

In der zweiten Runde des 500er-Turniers in den Vereinigten Arabischen Emiraten trifft Roger Federer heute, Mittwoch (nicht vor 18 Uhr) auf den Spanier Fernando verdasco (ATP 31), gegen den Federer in fünf Aufeinandertreffen nur einen Satz abgegeben hat.

Das war genau in dem Moment, in dem Erstrundengewinner Roger Federer von einer britischen Journalistin ohne grössere Hintergedanken nach den Gründen für seinen Davis-Cup-Rückzug gefragt wurde. Federer atmete tief durch, dann legte er langsam, aber gewaltig los. Kernsatz seines minutenlangen, teils äusserst scharfen und scharfzüngigen Vortrags: «Ich kann nach dem Titelgewinn jetzt tun, was ich will im Davis Cup

Und was Federer in diesem Jahr nicht will, ist im Davis Cup zu spielen. Nicht in der ersten Runde, in Lüttich gegen Belgien (6. bis 8. März), aber auch nicht mehr danach, auch nicht in einem sich abzeichnenden Relegationsspiel im September.

Das Ende des Nationalspielers Federer?

War das also das Ende des Nationalspielers Federer, verkündet am Rande des Tennis-Millionenspiels in seiner Zweitheimat Dubai? Nicht ganz, aber doch fast. Denn fest steht: Federer glaubt, mit dem Titelgewinn des Jahres 2014 ein für alle Mal seine liebe Pflicht und Schuldigkeit getan zu haben.



Switzerland's Roger Federer (2ndR) and tennis team captain Severin Luthi (R) raise their trophies as they stand with teammates after winning the Davis Cup final at the Pierre-Mauroy stadium in Villeneuve d'Ascq, near Lille, November 23, 2014. Roger Federer beat Richard Gasquet on Sunday to give Switzerland their first Davis Cup title with a 3-1 victory over hosts France in the final. REUTERS/Charles Platiau (FRANCE - Tags: SPORT TENNIS)

Die glücklichen Davis-Cup-Tage von Lille: Am 23. November 2015 feierte die Schweiz einen der grössten Erfolge im Sport überhaupt. Von rechts: Team-Captain Severin Lüthi, Roger Federer, Stan Wawrinka, Marco Chiudinelli und Michael Lammer. (Bild: Reuters/CHARLES PLATIAU)

Der Davis Cup habe ihm mehr Schwierigkeiten und Probleme bereitet als nahezu alles andere im Tennis, sagte er auch in seinem Monolog: «Du stehst ständig in der Schuld von Verbänden, musst sehen, wie du mit den Terminen klarkommst.»

Warum er sich trotzdem immer mal wieder und im letzten Jahr dauerhaft zur Verfügung gestellt habe, erklärte Federer so: «Ich habe es vor allem für die Jungs getan, für Stan, für meine alten Kumpels Michael Lammer und Marco Chiudinelli. Es ging nicht um mich, um meinen Erfolg da.»

Federer dementiert Rücktrittsgedanken

Rücktritt aus dem Team Suisse demnach? Federer, noch einmal eigens dazu befragt, wehrte diese Schlussfolgerung kategorisch ab.

Logischerweise, denn der Tennis-Weltverband ITF macht den Start der Profis bei den Olympischen Spielen von Einsätzen im Davis Cup abhängig. Federer, aber auch sein Mitstreiter Stan Wawrinka, müssen noch mindestens ein Mal unter Schweizer Flagge antreten, um in Rio 2016 dabei zu sein.

In Federers Fall wäre das fast zwingend die erste Davis-Cup-Runde des kommenden Jahres, alternativ böte sich noch ein Wild-Card-Start an. Wawrinka, der auch bereits für das jetzt kommenden Match gegen Belgien abgesagt hat, könnte in einer möglichen Relegation im September antreten – oder eben auch 2016. «Ich hoffe, Stan spielt im Herbst, wenn es nötig wäre, den Abstieg aus der Weltgruppe zu verhindern», so Federer in Dubai.

Federer, ohnehin nie ein glühender Freund des Davis Cup, stimmte mit seiner Kritik in ein zuletzt wieder unüberhörbares Grundgeräusch in der Tennisszene ein – nämlich in die weit verbreitete These, wonach die Nationenwettbewerbe Davis Cup und Fed Cup in ihrer jährlichen Austragung nicht mehr in die moderne Tenniswelt hineinpassen.

Bissige Tiraden von Scharapowa-Agent Eisenbud

Zuletzt hatte sich auch der mächtige Agent von Maria Scharapowa, der Amerikaner Max Eisenbud, mit einer heftigen, aufsehenerregenden Tirade gegen die ITF zu Wort gemeldet. Es ging dabei um die Ansetzung des Fed-Cup-Erstrundenmatchs zwischen Polen und Russland in der Woche direkt nach den Australian Open. «Quatsch», «Unsinn», «Desaster» – das waren noch die harmloseren Anmerkungen Eisenbuds.

Vielen männlichen Profis passt nun auch ihr Erstrunden-Termin Anfang März nicht ins Konzept, unmittelbar vor der ohnehin strapaziösen Anreise zum Masters-Turnier im kalifornischen Indian Wells. «Insgesamt gehen in einer bis zum Finale durchgespielten Davis-Cup-Saison sechs bis acht Wochen für das Team drauf», sagt der Manager eines Top-Spielers, «das ist schon extrem viel.»

Der Weltverband lehnt Reformen ab

Und die Terminkalamitäten werden alle vier Jahre in einer Spielzeit mit Olympischen Spielen noch einmal schlimmer. So wie auch 2016, wenn in Rio um die Goldmedaillen gekämpft wird, aber auch alle anderen Turniere und Länderkämpfe stattfinden.

Unter der Regie des Italieners Francesco Ricci-Bitti hatte die ITF zuletzt allerdings allen Reformideen eine kategorische Absage erteilt, auch der Überlegung, den Davis Cup nur noch alle zwei Jahre in einem komprimierten Format auszutragen.

Er verstehe, dass viele Spieler Terminschwierigkeiten hätten, sagte der ITF-Boss noch am Rande des letztjährigen Finales in Lille, «aber die ITF steht für die wichtigen Werte im Tennis, und dazu gehört der Schutz des Davis Cup, der so viele Länder bewegt und zusammenbringt».

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