Fifa-Präsident Blatter: Machtmensch gegen jeden Widerstand

Wenn Sepp Blatter am Donnerstag seine erneute Kandidatur als Präsident der Fifa bekannt gibt, kann er sich seiner Sache sicher sein. Kein Skandal und keine Affäre haben dem Machtmenschen wirklich schaden können – und doch machen ihn viele persönlich für den schlechten Ruf des Weltfussballverbands verantwortlich.

Zeit zum Reinemachen: Fifa-Präsident Sepp Blatter, hier im Juli 2010 in Kapstadt im Nelson-Mandela-Zentrum. (Bild: imago sportfotodienst)

Wenn Sepp Blatter am Donnerstag seine erneute Kandidatur als Präsident der Fifa bekannt gibt, kann er sich seiner Sache sicher sein. Kein Skandal und keine Affäre haben dem Machtmenschen wirklich schaden können – und doch machen ihn viele persönlich für den schlechten Ruf des Weltfussballverbands verantwortlich.

Die Rede des Präsidenten ist gleich unter Tagesordnungspunkt eins aufgeführt. Es ist eine Rede, die Joseph Blatter gerne halten wird. Mit Pfiffen wie etwa bei seinen öffentlichen Auftritten während der Weltmeisterschaft in Brasilien ist im Kreis der Mächtigen auch nicht zu rechnen. Und Blatter hat etwas Wichtiges mitzuteilen. Wenn sich die Fifa-Exekutive ab diesem Donnerstag in Zürich trifft, wird Blatter seine erneute Kandidatur als Präsident des Fussball-Weltverbandes (Fifa) offiziell machen. Das hat er in den letzten Wochen immer wieder angekündigt, erst verklausuliert, dann sehr deutlich.

Blatter wird den Herren aus der Fifa-Regierung sagen, dass seine Mission noch nicht beendet ist. Dass es noch viel zu tun gebe und dass nur er, der 78-Jährige aus dem Wallis, den Verband durch die stürmischen Zeiten mit den umstrittenen Weltmeisterschaften 2018 in Russland und Katar 2022 führen könne. Dazu wird er sich weiter als Visionär loben und Reformen wie die Einführung des Videobeweises anstossen.

Ursprünglich hatte der Selfmademan auf dem Uefa-Kongress 2011 in Paris angekündigt, dass die anstehende seine letzte Amtszeit sei. Sein Wortbruch wird ihm intern nicht krumm genommen. Es hat schon weitaus schlimmere Vorfälle im Haus am Zürichberg gegeben.

Wiederwahl scheint Formsache zu sein

Seine Wiederwahl für eine fünfte Amtszeit auf dem Kongress am 29. Mai 2015 scheint reine Formsache zu sein. Der Franzose Jérôme Champagne, einst stellvertretender Fifa-Generalsekretär und rechte Hand von Blatter, tritt als Gegenkandidat auf. Chancen werden ihm aber nicht eingeräumt. Elf Jahre hatte Champagne für die Fifa gearbeitet, als «Aussenminister» war er für internationale Angelegenheiten zuständig. 2010 musste er aber gehen, Champagne soll selbst nach der Macht gestrebt haben. Das gefiel Blatter gar nicht. Champagne, der mehrere Sprachen fliessend spricht, glaubt selbst nicht richtig daran, dass er den allmächtigen Amtsinhaber schlagen kann.

Zur gleichen Erkenntnis war auch Uefa-Boss Michel Platini gekommen. Der frühere Weltklasse-Fussballer macht Blatter für den «fürchterlichen Ruf» der Fifa verantwortlich und wollte seinen einstigen Ziehvater eigentlich aus dem Amt jagen, auf eine Kandidatur verzichtete er dann aber. Platini weiss zu gut, dass er sich im direkten Duell mit Blatter eine blutige Nase geholt hätte.

Millionenzahlungen und verwirrte Thesen

Daran hätte auch seine Hausmacht aus den europäischen Verbänden, die auf dem Fifa-Kongress in Sao Paulo offen auf Konfrontationskurs zu Blatter gegangen war, kaum etwas ändern können. Der Fifa-Boss sprach von einer «Respektlosigkeit», die er noch nie erlebt habe. Mit 54 Stimmen ist die Europäische Fussball-Union (Uefa) zwar die mächtigste der sechs Konföderationen, doch den Rest der 209 Verbandsvertreter weiss Blatter nahezu geschlossen hinter sich. Eine Stimme von Aruba oder Burundi ist schliesslich genauso viel wert wie die von Deutschland oder England.

Blatter mag – was wohl seinem Alter geschuldet ist – in der jüngeren Vergangenheit nicht immer den fittesten Eindruck hinterlassen haben. Man denke nur an seine verwirrenden Thesen von «interplanetarischen Wettbewerben» vor der WM. Wie er Mehrheiten hinter sich bringt, weiss der Machtmensch, der seit 1975 für die Fifa tätig ist, aber nur zu gut. Die Verbände verwöhnt er mit Millionenzahlungen aus der Fifa-Kasse.

Wie er Mehrheiten hinter sich bringt, weiss der Machtmensch nur zu gut.

Das kommt vor allem in Afrika gut an, entsprechend wollen die Verbände vom Schwarzen Kontinent geschlossen für Blatter stimmen. Mit der Unterstützung aus Afrika hatte er 1998 schon den Chefsessel bei der Fifa in einer Kampfabstimmung gegen Uefa-Präsident Lennart Johansson eingenommen.

Seitdem hat er mit Kalkül seine Macht zementiert. Viele Skandale um Korruption und Bestechung hat Blatter unbeschadet überstanden, während um ihn herum hohe Funktionäre wie Jack Warner, Mohamed Bin Hammam oder Ricardo Teixeira fielen. Auch die äusserst umstrittene Katar-WM 2022 kann Blatter wenig anhaben. Die Vergabe an das Emirat bezeichnete er bereits als Fehler.

In der Vergangenheit machte er dazu vage Andeutungen, dass es politischen Druck aus Frankreich und Deutschland gegeben habe. Das brachte seinen Gegenspieler Platini in Misskredit, der vor dem ominösen Wahltag mit dem Emir von Katar und dem damaligen französischen Staatschef Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast diniert hatte. Es ist bekannt, dass Platini für Katar gestimmt hat. Blatter gab diesbezüglich keine Angabe, er soll aber für den unterlegenen Bewerber USA (8:14 Stimmen) votiert haben.

«Im Fussball muss man auch lernen, mit Niederlagen umzugehen.»


Blatter ist für die stürmischen Zeiten wieder bestens vorbereitet. Daran ändert wohl auch der 430 Seiten starke Untersuchungsbericht von Fifa-Chefermittler Michael Garcia zu möglichen Korruptionsfällen rund um die WM-Vergaben 2018 und 2022 nichts. Der Münchner Richter Hans-Joachim Eckert hat als Vorsitzender der Ethikkommission ein Urteil für 2015 angekündigt.

Der ehemalige Fifa-Reformbeauftragte, Mark Pieth, forderte eine unverzügliche Veröffentlichung. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass dies erst nach Blatters Wahl geschieht. Die Austragung der WM in den beiden höchst umstrittenen Ländern stellt Blatter ohnehin nicht infrage, was gerade in England für grosse Entrüstung sorgt.

Den englischen Medien hatte Blatter wegen ihrer Berichterstattung «rassistisches Verhalten» vorgeworfen, womit er den Zorn von FA-Verbandschef Greg Dyke auf sich zog. England werde sich nicht mehr für eine WM bewerben, solange Blatter Fifa-Chef sei, erklärte Dyke. Das kann noch dauern. Blatter konterte: «Im Fussball muss man auch lernen, mit Niederlagen umzugehen.» Joseph Blatter selbst scheint nie zu verlieren.

Korruptionsvorwürfe, Machtspiele, und viel Geld. Der Fifa-Präsident im Videoporträt:

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