Schöner kann es eigentlich gar nicht angerichtet sein: Gegen den lange Zeit – und wohl auch künftig – ambitioniertesten Widersacher kann der FC Basel heute seine sechste Meisterschaft en suite perfekt machen. Paulo Sousa und Shkelzen Gashi sehen dem mit grösstmöglicher Selbstbeherrschung entgegen.
Eines kann man dem FC Basel wahrlich nicht unterstellen: Dass künstlich irgendwelche Dramatik in das Saisonfinale projiziert wird. Im Gegenteil: Dass ihm dieser Titel – der sechste in Reihe – nicht mehr zu nehmen ist bei elf Punkten Vorsprung und vier verbleibenden Spielen, dieses Gefühl entspringt ja nicht Hochmut, sondern nüchterner Betrachtung der Lage.
So nüchtern, wie es zum Beispiel Trainer Paulo Sousa und sein Topscorer Shkelzen Gashi auftraten, als sie am Freitag 55 Stunden vor dem Anpfiff gegen YB zur Medienrunde Platz nahmen.
Paulo Sousa etwa gab Auskunft über zwei trainingsfreie Tage und wie wichtig Pausen für Köpfe und Füsse der Spieler seien. Er pries den Gegner und dessen Qualitäten, mit denen die Young Boys es seiner Mannschaft in jedem Aufeinandertreffen schwer gemacht hätten, hielt in seinem Gesamturteil jedoch auch fest: «Wir waren stärker als sie – und das soll auch so bleiben.»
Shkelzen Gashi sollte dann erzählen, ob und wie er von Meisterschaftsfeier-erfahrenen Kollegen auf den Besuch des Balkons über dem Barfüsserplatz vorbereitet worden sei. Und Gashi wäre nicht Gashi, hätte er sich nicht eine knappe Formel auf diese erwartbare Frage zurechtgelegt und diese trocken vorgetragen: «Ich lasse das alles auf mich zukommen und freue mich darauf. Aber zuerst müssen wir die drei Punkte holen.»
Man hätte ihm zurufen können: einer, Shkelzen, ein Punkt reicht schon!
Bekenntnisse des Paulo Sousa
Schwer aus der Reserve zu locken ist auch Paulo Sousa, das ist eine der Erfahrungen dieser Saison, in der der FC Basel mit dem vierten Trainer der Nach-Gross-Ära der sechsten Meisterschaft entgegenstrebt.
Seine Vorfreude verpackt Sousa in eine weitschweifende Betrachtung des Grossen und Ganzen:
«Man kann mal gut spielen, man kann besser sein als die anderen – aber was am Ende bleibt, ist das, an was man sich erinnert. Wir sind die ganze Zeit über auf den Entwicklungsprozess fokussiert, individuell und kollektiv, und das ermöglicht es uns, unsere Hauptziele zu erreichen – und bis jetzt haben wir es uns auch verdient.»
Das klingt beim Portugiesen, der als Spieler zweimal Meister wurde mit Benfica (1991) und Juventus Turin (1995) und als Trainer vor einem Jahr mit Maccabi Tel Aviv, immer etwas technokratisch.
Mehr Selbstbeherrschung geht kaum, und man hätte ihm am liebsten zugerufen: Freut euch einfach!
An den Barfi verschwendet der Trainer keine Zeit
Ob ihm Marco Streller erklärt habe, was ihn auf dem Barfi erwarten würde am Sonntag? «Ich verschwende damit keine Zeit», sagt Paulo Sousa, und weil er merkt, dass das in einer Stadt wie Basel womöglich erklärungsbedürftig ist, holt er zu einer Bemerkung in eigener Sache aus:
«Sie müssen wissen, und Sie haben mich ja nun erlebt: Ich bin der Typ, der sehr auf seine Arbeit fokussiert ist – mit grosser Liebe, mit viel Leidenschaft und Freude. Ich bin konservativ, was die tägliche Arbeit anbelangt. Und es ist ein harter Job.»
Paulo Sousa hat dann noch geschildert, welche Aufgaben ein Trainer heutzutage hat, dass man sich auch um die Erziehung der Spieler zu kümmern habe, weil das soziale Verhalten die anderen beeinflussen kann, vor allem die Jüngeren. «Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, wie wir uns benehmen. Das spricht nicht gegen eine Party, aber man kann auf verschiedene Arten Feiern.»
Paulo Sousas Botschaft: «Wenn man die Ziele erreicht hat, dann ist der Moment, um zu geniessen.» Letzter Versuch: Welche Partytyp er denn sei? «Kommt auf die Party an», entgegnet Sousa.
Allerletzter Versuch: Wird er sich bei der Meisterfeier auf Deutsch ans Volk wenden?
Das Deutschdiplom fällt aus
Sousa wäre nicht Sousa, wenn er die Gelegenheit nicht beim Schopf packen würde, um sein einst leichtfertig gegebenes Versprechen, Deutsch lernen zu wollen, elf Monate später zu kassieren:
«Ich muss Ihnen etwas sagen: Ich spreche fünf Sprachen, Portugiesich, Spanisch, Italienisch, Französisch und Englisch, nicht alle perfekt, aber ich kann kommunizieren. Wenn man einen neuen Prozess in einem Club beginnt, dann ist das sehr fordernd, tagtäglich. Und dann ist es schwer, eine komplett neue Sprache zu lernen, die noch dazu keine einfache ist.»
«Und wenn ich spreche, zumal öffentlich, dann will ich klare Sätze sagen, gut konstruierte Sätze, aber dafür hätte ich mich auf das Erlernen konzentrieren müssen, und diese Zeit habe ich nicht gehabt.»
Die offene Rechnung mit den Young Boys
Fussball gespielt wird heute gegen die Young Boys auch noch. Aus Bern heisst es, man wolle beim Hegemon in Basel den Partykiller geben, mit einem Sieg quasi schon einmal den Tarif für die kommende Saison durchgeben. So angriffslustig hat man in den vergangenen Jahren noch selten einen Gegner gehört.
Und dann trifft im fast vollbesetzten St.-Jakob-Park noch der beste Torschütze (Shkelzen Gashi) auf den zweitbesten (Guillaume Hoarau). Vier Treffer mehr hat Gashi, und der wäre nicht Gashi, wenn er nicht sagen würde: «Es interessiert mich nicht, wer bei den anderen spielt oder die Tore schiesst.» Es sei ihm ausserdem egal, wenn ihn Hoarau oder sonst jemand noch in der Torschützenliste überholt: «Wichtig ist, Meister zu werden.»
Eingeladen nach Basel für eine Party am Sonntagabend hat Gashi natürlich niemand, «weil das respektlos dem Gegner gegenüber wäre». Jetzt muss erst einmal der Sack zugemacht werden, und dafür, sagt Gashi, «kommt YB genau im richtigen Moment. Wir haben das letzte Spiel gegen sie verloren, da ist noch eine Rechnung offen, und wir wollen zeigen, was wir drauf haben.»
Die stolze Serie gegen die Young Boys
Eine Rechnung zu begleichen hiesse auch, eine stolze Serie fortzusetzen. 2009, in der ersten Saison unter Thorsten Fink und in der achten Runde, verlor der FCB daheim gegen die Young Boys, dann noch einmal im unbedeutenden Saisonabschlussspiel der Saison 2011/12, als der FCB schon in der 31. Runde als Meister festgestanden hatte. Die restlichen neun Heimspiele gegen die Young Boys in den vergangenen fünf Jahren hat der FCB samt und sonders gewonnen.
Damit es nicht unterschlagen wird: An irgendeiner Stelle hat Shkelzen Gashi noch gesagt: «Die Vorfreude ist riesig.» Also: geht doch.