Geballte Basler Ohnmacht

Sie hatten sich so viel vorgenommen, die Spieler des FC Basel für ihre Partie auf Schalke. Und dann diese Entscheide des Schiedsrichters! Nach dem 0:2 und dem Ausscheiden aus der Champions League waren die meisten Basler schlicht fassungslos.

Basel's disppointed players leave the pitch after an UEFA Champions League group E group stage matchday 6 soccer match between Germany's FC Schalke 04 and Switzerland's FC Basel 1893 at the Veltins-Arena in Gelsenkirchen, Germany, on Wednesday, December 1 (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Sie hatten sich so viel vorgenommen, die Spieler des FC Basel, für ihre Partie auf Schalke. Und dann diese Entscheide des Schiedsrichters! Nach dem 0:2 und dem Ausscheiden aus der Champions League waren die meisten Basler schlicht fassungslos.

Ganz zum Schluss flüchtete sich Bernhard Heusler in Sarkasmus. Er sei nicht ganz sicher, ob das zweite Schalker Tor Abseits gewesen sei, sagte der Präsident des FC Basel mit bitterem Lächeln und verschwand hinter der Werbewand, die in der Arena auf Schalke die Pressezone vom Garderobentrakt trennt.

Später, in Essen, wo die Basler ihr Hotel bezogen hatten, richtete Heusler beim inzwischen traditionellen Dinner nach dem Spiel die Worte an seine Spieler. In erster Linie wollte der Präsident nach dem 0:2 gegen Schalke 04 seiner Mannschaft danken.

Danken für eine Gruppenphase in der Champions League, in der sie zweimal den englischen Riesen Chelsea geschlagen hatte. In der sie aber auch zweimal nicht über ein 1:1 gegen die Rumänen von Steaua Bukarest hinaus gekommen war. Und in der das Ende aus Basler Sicht kaum schmerzhafter hätte kommen können: mit zwei Schiedsrichter-Entscheiden, die die Rotblauen mit dem Gefühl der Hilflosigkeit zurück liessen.

Heusler ist ein guter Redner, der ein Publikum gewinnen kann. Aber es darf bezweifelt werden, dass seine Worte den Weg in die Köpfe seiner Spieler wirklich gefunden haben. Zu sehr waren die Basler mit der Art und Weise beschäftigt, mit der das Aus in der Champions League gekommen war.

«Und dann kommt noch dieses 2:0»

Fabian Schär etwa stand auch noch über eine Stunde nach Spielschluss als Mensch gewordene Fassungslosigkeit in der Interviewzone. Der Blick leer, die Stimme ruhig, aber getragen von einem Grundton des Staunens. «Dann kommt noch dieses 2:0», sagte Schär, «und du stehst da und denkst: Das kann ja eigentlich gar nicht sein.»

Ja, über die rote Karte gegen Innenverteidiger Ivan Ivanov, da mochte es noch geteilte Meinungen geben. Der Basler hatte sich von Adam Szalai übertölpeln lassen, klemmte den Arm des Gegners etwas zu lange ein, um auf unschuldig plädieren zu können. Was er allerdings gar nicht tat. Der Bulgare bewies in der Interviewzone Sprinterqualitäten und zeigte sich als Freund des französischen Abgangs.

Für Schär war die Sache klar: «Ich wäre sicher noch in den Zweikampf gegen Szalai gekommen. Darum hätte es sicher keine rote Karte geben dürfen.» Für den Schalker Sportchef Horst Heldt war die Lage ebenso klar, einfach um 180 Grad gedreht: «Das war eine richtige Entscheidung. So, wie es auch korrekt war, Benedikt Höwedes nur Gelb zu zeigen.»

Höwedes hätte sich selbst auch Gelb gezeigt

Damit sprach Heldt jene Szene zwei Minuten vor Ivanovs Platzverweis an, die für FCB-Trainer Murat Yakin «den selben Stil» hatte. Marco Streller hatte Höwedes den Ball abgeluchst, war von diesem in der Folge in Rugby-Manier zurückgerissen worden. Doch der Deutsche wurde dafür nur mit Gelb bestraft.

Dass Höwedes danach meinte, er selbst hätte sich «auch Gelb gezeigt», wird nicht als neutralste aller Meinungen in die Geschichtsbücher eingehen. Doch es gab wenigstens ein paar Argumente, die den Entscheid von Paolo Tagliavento für Höwedes und gegen Ivanov zumindest nicht als komplett unvertretbar erscheinen liessen: Dass Szalai beim Foul näher am Strafraum war als Streller auf der anderen Seite, dass Schär als Absicherung weiter weg schien als Felipe Santana bei Höwedes’ Foul.

Überhaupt keine Grundlage für eine Debatte bot dann das zweite Schalker Tor, jenes, nach dem FCB-Verteidiger Kay Voser wusste: «Jetzt haben wir verloren.» Vier Schalker standen im Abseits, als Tagliaventos Pfeife stumm blieb. Und auch wenn sich der Schalker Heldt nicht entschuldigen mochte («das müssen wir nicht»), so schien er beinahe etwas zerknirscht darüber, wie die Entscheidung gefallen war: «Das tut mir leid für die Basler – ob sie mir das jetzt glauben oder nicht.»

Dieses Tor, es gab den Baslern allen Grund, sich über die himmelschreiende Ungerechtigkeit zu beklagen, mit Gott, dem Schicksal und italienischen Schiedsrichtern zu hadern. So, wie Geoffroy Serey Die, der gleich dreimal nichts über den Schiedsrichter sagen wollte. Nichts, bis auf: «Die Schiedsrichter führen sich auf wie Gott. Und wir Spieler dürfen nichts sagen. Das tut im Herzen weh.»

Zu früh für aufbauende Worte

Der Ivorer bildete damit zusammen mit Trainer Yakin («das hat mit Spitzenfussball nichts zu tun») das Basler Duo, das aus seinem Herzen am wenigsten eine Mördergrube machte. Beim Rest waren entweder die Selbstbeherrschung oder der Schockzustand grösser als die Lust auf ein wütendes «J’accuse…!» Es war mehr die geballte Basler Ohnmacht, die da im Bauch der Arena auf Schalke sichtbar wurde.

Und es gab sogar Spieler, die sich zur Selbstkritik aufrafften. Kay Voser etwa, der rundweg zugab, sein Team sei «schlicht chancenlos gewesen nach der roten Karte». Aufbauende Worte seien nach dem Schlusspfiff in der Kabine keine gesprochen worden, erzählte Voser dann noch: «Dafür war es einfach noch zu früh.»

Irgend jemand wird sie allerdings finden müssen bis am Samstag, wenn der FC Luzern zum letzten Spiel des Jahres in den St.-Jakob-Park kommt. Gegen die Luzerner geht es für den FCB vordergründig darum, als Leader zu überwintern. Viel wichtiger aber wird es für den gesamten Verein sein, nicht mit einem negativen Grundgefühl in die Weihnachtsferien reisen zu müssen.

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