Hallo Welt: YB sucht einen Sportchef

Ilja Kaenzig ist als CEO bei den Young Boys Vergangenheit. Die Berner wollen sich neu aufstellen und suchen einen Sportchef. Und der FC Sion wechselt mal wieder den Trainer: Auf Michel Decastel folgt Pierre-André Schürmann.

Hatte in letzter Zeit mehr mässige als gute Spiele der Young Boys zu verfolgen und zu kommentieren: CEO Ilja Kaenzig, hier während des Europa-League-Qualifikationsspiels gegen Zimbru Chisinau im Juli. (Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)

Ilja Kaenzig ist als CEO bei den Young Boys Vergangenheit. Die Berner wollen sich neu aufstellen und suchen einen Sportchef. Und der FC Sion wechselt mal wieder den Trainer: Auf Michel Decastel folgt Pierre-André Schürmann.

15 Tage nach der unvermittelten Trennung des FC Basel von Trainer Heiko Vogel geht es in der Super League drunter und drüber weiter. Die Young Boys entlassen Ilja Kaenzig und strukturieren ihr Organigramm neu. Weit weniger spektakulär sind die Neuigkeiten aus dem Wallis: Christian Constantin wechselt den Trainer – zum zweiten Mal in der laufenden Saison nach der Entlassung von Sébastien Fournier (inzwischen in Lausanne) und zum 34. Mal in seinen zwei Amtszeiten seit 1992. Aber der Reihe nach.

Über Benno Oertig kann man sich gar nicht mehr wirklich lustig machen, er ist inzwischen ausgeschieden aus dem Reigen der YB-Mächtigen. Die vielzitierte «dritte Stufe» hatte Oertig im Sommer 2011 mit der Verpflichtung von Christian Gross im Stade de Suisse zünden wollen. Ein Rohrkrepierer ist dabei herausgekommen. Ein Dreivierteljahr später wurde der einstige Erfolgstrainer vorzeitig entlassen.

Kaenzig: Vom «Blick» zu YB

YB-Luzern Ende November

Die am Sonntag verschobene Partie der 14. Runde der Super League zwischen Young Boys und Luzern ist neu auf  Mittwoch, 28. November (20.15 Uhr) angesetzt worden. Das Spiel war abgesagt worden, weil der Rasen im Stade de Suisse in Bern am Sonntag aufgrund des starken Schneefalls nicht bespielbar war.

Im August 2010 hatten sich die Young Boys mit der Absetzung des populären Stefan Niedermaier und der Bestellung von Ilja Kaenzig als CEO bereits einem heftigen Gegenwind in der Bundesstadt ausgesetzt. Kaenzig kam mit der Referenz, bei Hannover 96 in der Bundesliga als Manager gewirkt zu haben, und vollzog einen  Wechsel vom Sportredaktionsleiter beim «Blick» auf den Chefsessel bei den Young Boys.

Gestern, nach knapp zweieinhalb Jahren als starker Mann bei YB, wurde Kaenzig der Stuhl vor die Tür gestellt. Er ist gescheitert mit der Mission, die Young Boys zur Nummer 1 in der Schweiz zu machen, den FC Basel zu überholen – oder zumindest endlich mal wieder einen Titel nach Bern zu holen.

An den finanziellen Möglichkeiten mangelte es Kaenzig in Bern nicht. Die schwerreichen Geldgeber, die Brüder Andy und Hansueli Rihs, sowie ein florierender Betrieb des Stade de Suisse ermöglichten es den Young Boys, in den vergangenen zwei Jahren kräftig in die Mannschaft zu investieren. Die Verpflichtung von Gross, eines Trainers mit glamourösem Namen, trug Kaenzig noch mit, aber schon bei der Ersatzlösung Rueda soll er andere Pläne gehabt haben, die er im Verwaltungsrat nicht verwirklichen konnte.

«Das Stadion ist keine Dekoration»

Am Dienstagmorgen nun hat man sich «anständig und in Frieden» wie es an einer Medienkonferenz hiess, vom 39-jährigen Kaenzig getrennt. Was Andy Rihs dazu sagte, ist unmissverständlich: «Unser Stadion ist nicht Dekoration. Wir wollen nicht nur etwas mitspielen in der Super League, wir wollen die Spitzenspieler sein.»

Nach der grossen Rochade von Niedermaier zu Kaenzig im August 2010 erkennen die YB-Gewaltigen nun einen Fehler im Schema: Kaenzig als CEO und Delegierter des Verwaltungsrates der über Stadion und Verein angesiedelten Holding sei nicht die richtige Organisation.

Neu steigt Werner Müller, bisher Präsident von YB, zum Vizepräsidenten der Holding  auf, und Hanspeter Kienberger zum Präsidenten. Der Wirtschaftsprüfer war erst im Juni dieses Jahres in den Verwaltungsrat eingetreten und soll, so Andy Rihs, lediglich interimistisch die «Steuerung der Reorganisation» vornehmen.

Sportchef kommt Schlüsselrolle zu

Das Ziel dieser Neuordnung ist eine Abkehr an das unter Kaenzig zementierte Modell: «Wir wollen trennen zwischen Sport und Kommerz», so Müller. Deshalb wollen die Young Boys einen neuen starken Mann im fussballerischen Bereich installieren, diesem käme eine «Schlüsselrolle» zu, heisst es, und soll spätestens zum Beginn der Rückrunde im Februar bestellt sein. «Das geht hinaus in die Welt», sagte Andy Rihs am Dienstag, «von heute an wird ein Sportchef gesucht, okay?»

Gleichzeitig trennten sich die Young Boys auch von ihrem Finanzchef Daniel Seiler. Dafür wird Alain Kappeler, bisher Leiter Verkauf und Marketing und zuvor operativer Chef in der Arena Thun und beim FC Thun, in den Rang eines COO erhoben.

Andy Rihs bekannte sich am Dienstag einerseits dazu, zusammen mit seinem Bruder weiterhin als Investor und Garant zu YB zu stehen, auch dazu, ein Banause zu sein, was Fussball anbelangt («Davon habe ich keine Ahnung»), schätzt die Qualität der Mannschaft aber hoch genug ein, um in der Super League oben mitzuspielen: «Am Ende des Tages wollen wir einen hoch erfolgreichen Fussballverein haben, der nicht nur Bern sondern der ganzen Schweiz Freude bereitet.»

Schürmann setzt sich in Sion auf Schleudersitz

In Sion ging derweil am Dienstag mal wieder die Zeit eines Trainers zu Ende. Diesmal für Michel Decastel nach nur 57 Tagen. «Als Folge der mittelmässigen Resultate der letzten Wochen hat Christian Constantin kürzlich die Profis getroffen. Dabei konnte er Meinungsverschiedenheiten und Spannungen zwischen Team und Trainer Michel Decastel feststellen», begründete der Verein den zweiten Trainerwechsel der Saison auf seiner Website.

Nachdem Sion unter Sébastien Fournier blendend in die Saison gestartet war, der Trainer sich aber mit seiner Mannschaft überwarf, holte Decastel nur noch neun Punkte aus sechs Spielen und entkam im Cup in Richemond (1:0) nur knapp einer Blamage. Zuletzt wurden Decastel zwei 1:1-Unentschieden zum Verhängnis.

Als 27. Trainer seiner beiden Amtszeiten beim FC Sion – er selbst als mehrfach interimistischer Coach eingerechnet und eingedenk der Tatsache, dass verschiedene Trainer sich mehrfach von ihm engagieren liessen – präsentiert Christian Constantin den 52-jährigen Pierre-André Schürmann, den ehemaligen Trainer der Schweizer U21-Nationalmannschaft.

Halbwertszeit eines Sion-Trainers: Sechs Monate

Schürmann, 2002 mit der U17 Europameister, hatte in der Super League bis April 2010 Xamax Neuenburg trainiert. Zuletzt arbeitete er in der Ukraine beim Erstligisten Tawrija Simferopol als Nachwuchscoach. Dass er sich im Wallis auf einen Schleudersitz begibt, wird Schürmann, einst Spieler beim FC Sion, bewusst sein: Die Halbwertszeit eines Trainers beim FC Sion unter dem Präsidenten Constantin beträgt durchschnittlich sechs Monate. 

Die Trainer unter Christian Constantin als Präsident des FC Sion

Trainer von–bis Dauer in Monaten
Erste Präsidentschaft
Jean-Paul Brigger Juli 1992–Januar 1993 7
Claude Andrey Januar 1993–Juli 1993 6
Umberto Barberis Juli 1993–Oktober 1994 16
Jean-Claude Richard Oktober 1994–Juli 1995 10
Michel Decastel Juli 1995–August 1996 12
Jean-Claude Richard interimistisch August 1996 1
Alberto Bigon August 1996–September 1997 13
Zweite Präsidentschaft
Charly Rössli März 2003–Juli 2003 5
Didier Tholot Juli 2003–Mai 2004 11
Guy David November 2003–Mai 2004 (mit Tholot) 7
Admir Smajic Mai 2004–August 2004 4
Christian Zermatten interimistisch August 2004 1
Gilbert Gress August 2004–Juli 2005 12
Gianni Dellacasa Juli 2005–Oktober 2005 4
Christophe Moulin Oktober 2005–Mai 2006 8
Nestor Clausen Juni 2006–Oktober 2006 5
Christophe Moulin interimistisch Oktober 2006 1
Marco Schällibaum Oktober 2006–November 2006 3
Pierre-Albert Chapuisat November 2006–Februar 2007 4
Alberto Bigon Februar 2007–Dezember 2007 10
Charly Rössli und
Maurizio Jacobacci
Dezember 2007–März 2008 4
Alberto Bigon März 2008–Mai 2008 3
Uli Stielike Mai 2008–Oktober 2008 6
Christian Constantin Oktober 2008–Dezember 2008 3
Umberto Barberis und
Christian Zermatten
Dezember 2008–April 2009 5
Christian Constantin interimistisch April 2009 1
Didier Tholot April 2009–Mai 2010 15
Bernard Challandes Mai 2010–Februar 2011 10
Laurent Roussey Februar 2011–April 2012 15
Sébastien Fontbonne und
Rolland Courbis
April 2012–Mai 2012 2
Vladimir Petkovic Mai 2012 1
Sébastien Fournier Juni 2012–September 2012 4
Michel Decastel September 2012–Oktober 2012 2
Pierre-André Schürmann Oktober 2012–?  

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