Adi Hütter, der medienroutinierte Trainer der Young Boys, musste gleich zweimal nachfragen. Ein Journalist wollte nach dem Berner Sieg gegen Lausanne wissen, ob sich Hütter über den Totomat aus Sion informiert habe. Aber was war damit gemeint? Natürlich wusste der Österreicher, dass im Wallis der Verfolger FC Basel spielte. Nur verstand er ganz einfach das Wort «Totomat» nicht, diesen Schweizer Begriff für die Resultatübersicht einer Meisterschaftsrunde.
Albert Staudenmann, Medienchef und Vorstandsvorsitzender bei YB, klärte auf, Hütter schmunzelte und sagte: «Natürlich kriegt man das mit, aber ich habe mich auf unsere 90 Minuten konzentriert. Das Resultat aus Sion hat mich erst am Schluss interessiert.»
Drei Freinächte in Bern: eine für jedes titellose Jahrzehnt
Von Bedeutung war das Geschehen in Sion alleweil. Der FC Basel spielte 2:2 und die Young Boys bauten den Vorsprung wieder auf 13 Punkte aus. Die Gelbschwarzen sind am nächsten Samstag Meister, wenn sie ihr Heimspiel gegen den FC Luzern gewinnen; ganz egal, wie viele Punkte Basel gegen Thun am Tag danach holt. Hütter sagt: «Entscheidend ist, dass wir am kommenden Wochenende den ersten Matchball haben. Und den wollen wir natürlich nützen.»
Mit vier Toren gegen Lausanne hat sich YB also auf die Ziellinie geschossen. Zwei davon erzielte Christian Fassnacht, und der sagt zum anstehenden Titelgewinn: «Es ist unglaublich und ich weiss noch gar nicht, wie ich das einordnen soll. Wir haben jetzt eine Woche Zeit, um die Emotionen aufzubauen. Ich darf gar nicht an das kommende Wochenende denken.»
Er darf natürlich schon. Aber in Fassnachts Worten schwingt mit, welche sporthistorischen Momente den fussballinteressierten Teil von Bern momentan bewegen: Die Young Boys könnten nach 32 Jahren zum ersten Mal Meister werden. Und sie wären neben dem FC Basel (elf Titel) und dem FC Zürich (drei Titel) erst der dritte Champion seit Bestehen der Super League.
Macht YB in der 32. Runde den Sack zu, ist es zudem eine der frühesten Meisterschaftsentscheidungen der Super League. Nur der FC Basel hat den Titel früher gewonnen: zuletzt in den zwei Jahren unter Urs Fischer (31. und 30. Runde) und 2011/12 mit Thorsten Fink und später Heiko Vogel an der Seitenlinie (31. Runde).
Der Bundesstadt steht also die erste von drei Freinächten bevor. Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause, der bisher für Fussballfans wahrlich nicht immer nur Verständnis zeigte, bewilligt für jedes titellose Jahrzehnt eine Freinacht: die erste bei der spontanen Meisterfeier, also möglicherweise am Samstag, die zweite bei einem allfälligen Cupsieg (27. Mai) und die dritte bei der offiziellen Meisterfeier.