Vier Kinder hat Roger Federer mittlerweile – welche Auswirkungen das auf seine Karriere hat, und weshalb er niemals einen wie Roger Federer beraten könnte, erzählt er im grossen Gespräch vor der Rasensaison.
Roger Federer, wie leicht oder schwer ist es, mit nun vier Kindern den Tenniscircuit zu bereisen?
Es ist viel leichter als ich gedacht habe. Natürlich gibt es hier und da Problemchen, aber andererseits weiss ich: Ohne meine Familie würde ich gar nicht mehr Tennis spielen, da wäre ich jetzt nicht mehr unterwegs. Wir sind ein eingespieltes Team, in dem meine Frau natürlich die Hauptlast mit den Kindern trägt. Dafür bin ich ihr jeden Tag dankbar, dass sie mir so den Rücken freihält. Früher hatte ich immer nur die Vision, als Tennisspieler mit einem Coach unterwegs zu sein. Erst viel später kam der Wunsch, mit einer Familie durch die Welt reisen zu können. Deshalb ist das jetzt auch ein ganz anderes Leben, ein ganz anderer Abschnitt für mich. Die ersten zehn Jahre auf der Tour waren total anders als die letzten sechs.
Wie erleben Ihre schon etwas älteren Töchter diese Reisen?
Es ist für sie eine grosse Freude, umherzureisen. Sie haben mittlerweile überall auf der Welt ihre Freundinnen und Freunde, wissen auch meistens, was sie an den Schauplätzen zu erwarten haben. Es ist insgesamt sehr schön, was sie so alles in einem Jahr erleben können: Die Kulturen, die Sprachen, die vielen Eindrücke.
Gibt es Orte, wo die Kinder sagen: Nein, da will ich nicht hin?
Es ist eher so, dass sie sagen: Müssen wir hier schon wieder weg? Oder: Wann fahren wir wieder nach Australien? Dann sage ich: in neun Monaten. Dann sagen sie: Nein, wir wollen da aber jetzt hin. Eigentlich gefällt es ihnen aber überall gut.
Wie schauen Sie auf Paris zurück, Sie verloren im French-Open-Viertelfinale gegen Stan Wawrinka.
Er war der bessere Mann, so wie er später auch der bessere Mann im Final gegen Djokovic war. Den Titel hat er sich redlich verdient. Für mich gilt ja immer: Scheide ich bei einem Turnier aus, wünsche ich keinem den Titel mehr als Stan.
Wie zufrieden sind Sie eigentlich mit der Zusammenarbeit mit Stefan Edberg, Ihrem Berater?
Zufriedenheit ist das falsche Wort. Ich bin dankbar, dass er sich Zeit für diese Partnerschaft nimmt. Wichtig sind mir einfach die gegenseitigen Gespräche, dieser Meinungsaustausch. Das ist eine wunderbare Erfahrung. Wir reden über vieles, über Gott und die Welt sozusagen. Tennis spielt gar nicht mal die Hauptrolle.
Was ist mit Rio 2016? Und in welchen Wettbewerben wollen Sie da starten?
Das ist noch offen. Martina Hingis hatte mich schon im Frühjahr gefragt, wie es im Mixed aussähe. Aber da ist die Frage: Will ich in drei Wettbewerben spielen? Einzel, klar. Doppel, da würde ich ja auch gerne mit Stan antreten. Und Mixed? Es wäre viel Tennis. Aber es ist natürlich immer ein Genuss, mit Martina Matches zu bestreiten.
Wundert es Sie, dass Sie diese Ziele überhaupt in Angriff nehmen können?
Ich bin ja schon einer der Veteranen auf der Tour, einer der Ältesten. Aber eben auch noch sehr rüstig. Mein grösstes Glück war immer, von üblen Verletzungen verschont geblieben zu sein. Aber ich habe auch viel für meinen Körper getan, trainiere heute härter und effektiver denn je.
«Ganz am Anfang fuhr ich noch mit dem Auto von Basel nach Halle rüber.»
Am Wochenende beginnt nun wieder die Rasensaison in Halle, wo Sie bereits sieben Mal gewonnen haben.
Ich bin ja wirklich ein alter Bekannter in Halle, ich habe dort schon gespielt, bevor ich meinen grossen Durchbruch erlebte. Es ist schon verblüffend, was dort über die Jahre entstanden ist. Inzwischen kommt ja auch der ganze Federer-Tross mit, sehr gerne auch. Ganz am Anfang fuhr ich noch mit dem Auto von Basel nach Halle rüber, das war irgendwie entspannend. Aber das geht heute nicht mehr.
2015 erlebt das Rasentennis einen Höhepunkt seiner Renaissance, mit einer jetzt dreiwöchigen Vorbereitungszeit auf Wimbledon. Wie bewerten Sie das?
Es ist nur gerecht so. Man muss sich einfach daran erinnern, dass früher drei Grand-Slam-Turniere auf Rasen entschieden wurden, auch bei den US Open und den Australian Open. Heute gilt das nur noch für Wimbledon. Stattdessen wird vom späten Sommer bis in den Frühling der nächsten Saison auf Hartplätzen gespielt. Es war richtig, dass Wimbledon irgendwann ein Zeichen gesetzt und gesagt hat: Wir spielen bei uns eine Woche später, machen so den Weg frei für eine verlängerte Rasensaison. Ich bin glücklich über diese Entwicklung.
Erwarten Sie insgesamt eine grössere Qualität, jetzt, wo einfach länger auf Rasen gespielt wird.
Ich bin sicher, dass das Niveau der Matches besser wird. Ja, ganz klar. Die Spieler werden an den verschiedenen Standorten eine bessere Vorbereitung haben. Sie werden in vielen Fällen auch eine grössere Pause zwischen Sand- und Rasensaison haben. Und sie werden mehr auf Rasen spielen. Für mich sind diese Rasenwochen das absolute Highlight, die schönste Zeit.