«Ich kann am Tag X richtig beissen»

Mit Daniela Ryf geht die nächste Vertreterin des Team Basel4Olympia in London an den Start. Die Triathletin ist im Wettkampf von heute Samstag zwar als Helferin für die Schweizer Medaillenkandidatin Nicola Spirig eingeplant. Aber Ryf träumt trotzdem von einer Medaille (ab 10 Uhr Schweizer Zeit).

Mit Daniela Ryf geht die nächste Vertreterin des Team Basel4Olympia in London an den Start. Die Triathletin ist im Wettkampf zwar als Helferin für die Schweizer Medaillenkandidatin Nicola Spirig eingeplant. Aber Ryf träumt trotzdem von einer Medaille (ab 10 Uhr Schweizer Zeit).

Es war knapp, verdammt knapp. Dass Daniela Ryf überhaupt an den Olympischen Spielen darf, hat sie nur den taktischen Überlegungen des Schweizer Triathlonverbandes zu verdanken. Nach einer lange Zeit rätselhaften Viruserkrankung hätte ihre Saison den Anforderungen von Swiss Triathlon nicht genügt. Doch weil der Verband die Mitfavoritin Nicola Spirig nicht alleine ins Rennen um die Medaillen schicken wollte, wurde Ryf als Helferin für London 2012 selektioniert.

Die 24-jährige Solothurnerin startet für die Wildcats Basel, wurde vom Kanton Basel-Stadt im Rahmen des Programms «Basel4Olympia» unterstützt – und darf darum auch ein wenig als regionale Vertreterin gelten.

Worin liegt die Essenz Ihrer Sportart – in zwei Sätzen?

Dazu brauche ich nur drei Wörter: Leidenschaft, Kraft, Leistung.

Welches ist Ihr bisher grösster Erfolg?

Der Gewinn der U23-WM und der siebte Platz an den Olympischen Spielen 2008.

Wo liegen Ihre Stärken, wo Ihre Schwächen?

Meine Stärke ist mein Durchhaltewille, meine Schwäche die fehlende Geduld. Das klingt vielleicht, als würden sich die beiden Dinge widersprechen. Aber mit Durchhaltewille meine ich, dass ich am Tag X richtig beissen kann und über mich hinauswachsen. Die Geduld fehlt mir zum Beispiel, wenn es mir gesundheitlich nicht gut geht und ich einfach warten müsste, bis es besser wird. Wobei ich diese Fähigkeit im letzten halben Jahr wegen einer Viruserkrankung trainieren konnte.

Wie motivieren Sie sich, wenn es nicht läuft?

Indem ich ein Ziel vor Augen habe. Keines, das in weiter Ferne liegt – etwa die Olympischen Spiele. Sondern kleine, konkrete und erreichbare Ziele, die ich mir im Training stecke.

Was geben Sie für den Sport auf?

Das Sozialleben leidet sicher. Ich bin viel unterwegs, da sehe ich die Familie und die Freunde nicht so oft, wie ich möchte. Ausserdem bist du ja 24 Stunden am Tag Athletin. Ich kann nicht einfach wie andere aus dem Büro gehen und meinen Job hinter mir lassen. Auch wenn ich in den Ausgang gehe, bin ich noch immer Athletin, die auf ihren Körper achten muss. Das kann schon auch anstrengend sein.

Was haben Sie in dieser olympischen Saison anders gemacht als sonst?

Eigentlich nichts. Die Olympischen Spiele sind ein Rennen wie jedes andere – ausser dass alle durch ihre Motivation schneller sind. Aber gross anders trainieren kannst du nicht. Meistens klappt es sowieso nicht, wenn du unbedingt schneller sein willst. Ich wurde lange durch meine Krankheit zurückgeworfen. Aber seit Mai läuft es wieder – also hoffe ich, dass ich vielleicht genau zum richtigen Zeitpunkt in Höchstform komme.

Was ist Ihr Ziel in London?

Ich werde ja als Helferin für Nicola Spirig mitgenommen. Darum ist mein Ziel, zusammen mit ihr ein super Resultat zu erreichen. Wir sind beide auf dem Velo richtig gut, also wollen wir da Party machen, die anderen auf der Fahrradstrecke zermürben. Wenn alles stimmt kann auch für mich vieles passieren. Aber im Moment bin ich einfach happy, dass ich dabei sein darf.

Was ist Ihr grösster Traum?

Dass Nicole und ich beide eine Medaille holen. Das ist schon etwas unrealistisch. Aber Träume dürfen ja unrealistisch sein, oder?

Welche Sportart würden Sie ausüben, wenn Sie nicht Triathletin wären?

Skifahren. Ich bin jetzt zwar fast zehn Jahre lang nicht mehr auf Skiern gestanden. Aber als Kind war ich richtig gut. Gut möglich, dass ich Skirennfahrerin geworden wäre, wenn ich in den Bergen und nicht im Flachland aufgewachsen wäre. Seit ich Triathlon-Profi bin, bin ich bewusst nicht mehr Skifahren gegangen, weil ich keine schwere Verletzung riskieren wollte. Aber im Winter nach den Olympischen Spielen werde ich wieder mal gehen.

Was machen Sie gerne, wenn Sie nicht mit Sport beschäftigt sind?

Käffele mit Kolleginnen. Oder gemütlich einen Film schauen. Shoppen gehe ich eigentlich auch gerne, aber meistens sind meine Beine zu schwer. Im September sind Rennen in den USA, dort shoppe ich sowieso am liebsten, also werde ich die dann die Gelegenheit nutzen.

Wer ist für Sie der beste Sportler, respektive die beste Sportlerin der Geschichte?

Jetzt muss ich fast Roger Federer sagen. Früher war ich grosser Fan von Lance Armstrong. Aber bei ihm weiss man inzwischen nicht mehr, was man über seine Leistungen denken soll.

Wer ist es in Ihrer eigenen Sportart?

Schwierig. Bei den Frauen gibt es drei, die mich geprägt haben. Lisa Nordén, sie hat mir gezeigt, wie weit man mit Arbeit kommt. Laura Bennett hat mir den Spass am Triathlon beigebracht. Und bei Emma Moffatt habe ich gesehen, dass man trotz einer grossen Leichtigkeit im Training weit kommen kann.

Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?

«In Time» mit Justin Timberlake. Er spielt in einer Welt, in der man nicht mit Geld sondern mit Lebenszeit bezahlt wird. Den habe ich richtig gut gefunden.

Welches ist Ihr Lieblingslied?

Um zu trainieren: «Good Feelings» von Flo Rida. Sonst finde ich es schwierig, mich hier zu beschränken. Ich mag soviele Lieder.

Kochen Sie selber?

Ja.

Was am liebsten?

Um ehrlich zu sein, backe ich fast lieber. Brownies zum Beispiel oder Rüeblitorte – so ungesundes Zeug halt (lacht). Wenn ich koche, ist es häufig Hühnchen mit Gemüse im Wok.

Was würden Sie am liebsten gefragt werden?

Ich glaube, mein Mitteilungsbedürfnis ist befriedigt (lacht).

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