Die regionalen Kandidaten für die Olympischen Sommerspiele 2012 im Interview. Teil 1 der TagesWoche-Serie mit Speerwerfer Nicola Müller.
Worin liegt die Essenz Ihrer Sportdisziplin – in zwei Sätzen?
Beim Speerwerfen geht es für mich um einerseits um Ästhetik und andererseits darum, zuzusehen, wie der Speer auf 70 bis 75 Meter fliegt. Bei der Weltspitze sogar noch etwas weiter auf bis zu 90 Meter.
Was ist Ihr grösster Erfolg?
Der Schweizermeister-Titel aus dem Jahr 2002. Da gelang mir ein Exploit. Ich war überhaupt nicht der Favorit und konnte Felix Loretz einen Strich durch die Rechnung machen.
Wo liegen Ihre Stärken, wo Ihre Schwächen?
Zu meinen Stärken zählt sicher mein Ehrgeiz. Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, will ich es auch erreichen. Dafür bin ich oft etwas ungeduldig. Wenn etwas nicht sofort klappt, beginne ich schnell zu hadern. Wobei ich in dieser Saison relativ gut damit umgehen kann.
Wie motivieren Sie sich, wenn es gerade nicht rund läuft?
Mit dem Training. Jetzt, wo es nicht so optimal läuft, ist dieser Aufbau eigentlich ideal. So kann man nochmals von null anfangen.
Was geben Sie für den Sport auf?
Sicher Freizeit. Viele Trainingseinheiten sind am Abend. Das heisst auch, dass man für viele Freunde weniger oder erst später Zeit hat. Aber auch finanziell gebe ich etwas auf, da ich nur noch 80 Prozent arbeite.
Was haben Sie in dieser speziellen olympischen Saison anders gemacht?
Ich habe eigentlich vor zwei Jahren angefangen, die Dinge anders zu machen. Dass ich damals ins Olympia-Team kam, hatte die Folge, dass ich bei der Arbeit auf 80 Prozent reduzierte habe und statt vier, sechs Trainings pro Woche absolvierte. Ich habe dann aber gemerkt, dass ich ziemlich «ausgelatscht» war nach einiger Zeit und habe deswegen auf diese Saison hin einen Trainerwechsel vollzogen. Im Kraftbereich arbeite ich zum Beispiel mit Jean-Pierre Egger, dem ehemaligen Trainer von Werner Günthör. Er hat die neuesten Technologien im Repertoire.
Was ist Ihr Ziel in London?
London ist sehr weit weg. Die Limit liegt bei 79.5 Metern. Dafür brauche ich einen absoluten «Lucky Punch». Die Chancen liegen etwa bei einem Prozent, dass das klappt.
Was ist Ihr grösster Traum?
In dieser Saison möchte ich einfach allen nochmals zeigen, dass ich es nochmals wissen wollte und dass ich das Richtige gemacht habe – auch mit der ganzen Umstellung, die ich letzten Winter vollzogen hatte.
Welche andere Sportart würden Sie ausüben, wenn Sie nicht Speerwerfer wären?
Handball habe ich schon mal gespielt. Aber was mich interessieren würde, ist Baseball. Zu sehen, was ich da drauf hätte als Pitcher. Moritz Lüscher, der Kanute, will mich auch immer dazu bringen, mal mit ihm zum American Football zu gehen und dort mein Glück als Quarterback zu versuchen.
Was machen Sie gerne, wenn Sie gerade nicht mit Sport beschäftigt sind?
Dann ist Erholung angesagt. Mit Freunden essen gehen, zu Hause Musik hören.
Wer ist für Sie der beste Sportler resp. die beste Sportlerin aller Zeiten?
Roger Federer. Wegen seines Auftretens und seines Umgangs mit Medien.
Wer ist es in Ihrer eigenen Sportart?
Andreas Thorkildsen. Er hat in den letzten fünf Jahren das Speerwerfen dominiert. Diese Saison hat er noch nicht ganz eingeschlagen, aber er ist ganz klar einer der Grössten.
Was ist der letzte Film, den Sie gesehen haben?
Kürzlich habe ich in einen der Läppli-Filme geschaut. Der, in dem er im Militär ist.
Was ist Ihr Lieblingslied?
Chris Brown – Beautiful People.
Kochen Sie selber?
Ja.
Was am liebsten?
Am liebsten asiatisch. Im Moment ist das Panang-Curry mein Favorit. Damit locke ich auch meine Freunde an. Oft gehe ich aber auch auswärts essen.
Was würden Sie gerne gefragt werden?
Ich werde immer wieder gefragt, was ich in meinem Alter noch mit diesem Sport am Hut habe.
Wie lautet Ihre Antwort?
Weil ich gesund bin und noch immer grosse Freude habe am Speerwurf. Es hat sicher auch etwas mit dem Privaten zu tun. Die letzten zwei Jahre war ich Single und da hatte ich viel Zeit für den Sport. Da geht man dann halt ins Trainingslager, anstatt gemeinsam in die Ferien.