«Ich wusste, wie stark Basel ist»

Nach der 0:2-Niederlage beim FC Basel loben die Spieler von Zenit St. Petersburg ihren Gegner und geloben Besserung fürs Rückspiel. Derweil die Gilde der Ex-Trainer in Russland Hochkonjunktur hat und fröhlich den schwachen Auftritt geisselt, freut sich FCB-Trainer Murat Yakin über die Entwicklung seiner Mannschaft.

Umstrittenes Verdikt: Der italienische Schiedsrichter Daniele Orsato zeigt Luis Neto Rot für eine Notbremse und entscheidet auf Elfmeter. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Nach der 0:2-Niederlage beim FC Basel loben die Spieler von Zenit St. Petersburg ihren Gegner und geloben Besserung fürs Rückspiel. Derweil die Gilde der Ex-Trainer in Russland Hochkonjunktur hat und fröhlich den schwachen Auftritt geisselt, freut sich FCB-Trainer Murat Yakin über die Entwicklung seiner Mannschaft.

Das Ich im ersten Satz schien gross geschrieben, als Luciano Spalletti spätnachts seine Antwort auf die Frage formulierte, ob sein Team von einem ausnehmend stürmischen FC Basel überrascht worden sei. «Ich wusste, wie stark Basel ist», sagte der Trainer von Zenit St. Petersburg nach der 0:2-Niederlage seiner Farben im Achtelfinal der Europa League, «ich bin mit der Leistung meiner Mannschaft nicht zufrieden.»

Sehr viel mehr sagte Spalletti nicht mehr, bevor er die offizielle Pressekonferenz nach dem Spiel schon fast fluchtartig verliess. Die Russen flogen noch in der Nacht zurück nach St. Petersburg und mussten darum vor Mitternacht im Flugzeug sitzen.

Zwei blieben in Basel zurück

Das war eine zeitliche Hürde, die nicht alle Zenit-Spieler packten. Roman Schirokow, der die einzige herausgespielte Torchance für Zenit vergeben hatte, und Igor Denissow wurden deswegen in Basel zurückgelassen. Die beiden waren zur Dopingprobe aufgeboten und folgten ihren Teamkollegen erst am Freitag nach.

Nun, eine Sorge war Spalletti in den Momenten des hektischen Aufbruchs los. Nach der eindrücklichen rotblauen Vorstellung hat sich auch bei seinen Spielern der Eindruck verfestigt, dass im Rückspiel gegen den FCB eine grosse Leistung nötig sein wird, um doch noch in die Viertelfinals einzuziehen. «Sie haben ganz stark gespielt», lobte Wiktor Faisulin, «dasselbe kann ich von uns leider nicht behaupten. Sie hatten ganz offensichtlich mehr Spass an diesem Spiel als wir.»

Der FCB: dem Ideal schon ziemlich nahe

Ein Satz, der Murat Yakin gefallen wird, entspricht er doch seiner eigenen Wahrnehmung. Es war zweifellos der bisher herausragende, der homogenste und spektakulärste Auftritt seiner Mannschaft seit seiner Amtsübernahme im Oktober. Aber als solitären Höhepunkt begreift Yakin diese Partie nicht: Spieler dächten vielleicht so, sagt er, der Chef an der Seitenlinie jedoch sieht es anders: «Es geht nicht um ein Spiel. Ein Trainer schaut auf die gesamte Entwicklung.»

Und die, so Yakin, funktioniere nicht von heute auf morgen. Was seine Mannschaft gegen St. Petersburg zeigte – ihre Präsenz, ihre Laufbereitschaft, ihr Pressing, ihr Zweikampfverhalten – das kommt dem Ideal von Yakins Fussball schon ziemlich nahe: «Das war, mit der Konstanz über das ganze Spiel, so, wie ich es gerne hätte.» Mal abgesehen, so nimmt man an, von der Effizienz im Abschluss.

Und das mit einer Startelf, die erneut ordentlich durchmischt war mit Rücksicht auf den Kräftehaushalt einzelner Spieler wie Valentin Stocker. Das Geheimnis der Erfolgswelle: die Breite des Kaders. «Es sind 20 gleichwertige Spieler, keiner hebt sich ab, keiner fällt ab», so Yakin.

Und dann muss noch die Strategie aufgehen. Was dem FCB-Coach bei der Analyse von Zenit aufgefallen war: Ein Gegner mit grossen Namen zwar, aber auch einigen Akteuren, die gerne für sich spielen, das immer gleiche Schema und ein Gefälle zwischen Verteidigung und Sturm. Mit der Yakinschen Devise des Miteinander, mit einem enormen Pensum, das die Spieler auf dem Platz abspulen, ging die Rechnung des Taktikers Yakin auf: «Wir waren in der Lage, sie dort zu stören, wo sie ihre Stärken haben – im Zentrum.»

«Kann man geben, muss man aber nicht»

Aber natürlich werfen die Russen die Flinte noch nicht ins Korn. «Es steht bloss 2:0 – und nicht 5:0», stellte Luis Neto fest, «also ist noch alles möglich.» Der Portugiese wird nach seiner Roten Karte in der Nachspielzeit im Rückspiel allerdings bloss als Zuschauer dabei sein.

Jene Szene, die zum Elfmeter für den FCB und den Platzverweis gegen ihn geführt hatte, umschrieb Luis Neto stilsicherer, als er zuvor in vielen Szenen auf dem Feld gewirkt hatte. «Ich war mir sicher, dass ich den Ball erwische», sagte er über jene 93. Minute, in der er Mohamed Salah im russischen Strafraum zu Fall brachte, «ich berühre den Ball auch leicht, der Schiedsrichter muss aber sehr schnell entscheiden. Diesen Elfmeter kann man geben, muss man aber nicht.»

Sein Verteidigerkollege Milan Rodic, der gegen Basel erstmals in der Startformation gestanden war, skizzierte unterdessen schon einmal den Wunschverlauf des Rückspiels aus St. Petersburger Sicht: «Wenn wir ein frühes Tor schiessen, werden wir mit unseren Fans im Rücken noch stärker. Wir müssen ganz einfach eine Runde weiterkommen.»

«Basel hat keine Spieler, die sich wie Stars benehmen»

Während die direkt Involvierten also an die Wende zum Guten glauben, haben die russischen Medien die ehemaligen Fussball-Trainer, die bei ihnen ihre Expertenmeinung äussern, von der Leine gelassen. Bei «Gazeta.ru» stellt der momentan arbeitslose Trainer Aleksander Tarchanow einen wichtigen Unterschied zwischen dem FCB und Zenit fest: «Basel hat keine Spieler in der Mannschaft, die sich wie Stars benehmen, dafür spielt das Team sehr gut organisiert.» Für das Rückspiel gibt er St. Petersburg mit auf den Weg: «Natürlich kann Zenit zwei Tore schiessen. Aber vor allem brauchen sie jetzt viel Glück.»

Bei «Sowjetsport» ist es German Sonin, 1972 mal sowjetischer Nationaltrainer, der schwarz malen darf. «Ich weiss nicht, warum der Zenit-Vorstand so geduldig mit Spalletti ist. Das Team bereitet sich wochenlang auf das Spiel vor – und dann erarbeiten sie sich gerade mal eine Chance. Wenn Gott will, kann Zenit sein Spiel bis in einer Woche umstellen. Aber ich sehe beim besten Willen nicht, wie das geschehen soll.»

Am Sonntag gegen die Young Boys mit Alex Frei und Streller?

Er wird, wen wunderts, wieder umstellen, und vielleicht, sagt Murat Yakin, «kommt mir am Sonntag noch eine Blitzidee». Was er damit andeuten wollte: Marco Streller ist wieder im Training und warum, fragt der FCB-Trainer rhetorisch, sollte er es nicht mit dem einstigen Erfolgsgespann im Angriff versuchen? Also mit Alex Frei. «Den habe ich extra geschont für Sonntag», so Yakin.

Vor dem Gastspiel der Young Boys im St.-Jakob-Park (16.00 Uhr) ist so viel klar: Aleksandar Dragovic fehlt wegen seiner kuriosen Gelb-Roten-Karte aus Genf und Fabian Frei wegen der vierten Verwarnung, die er sich an selber Stelle einfing. Anstelle von Dragovic wird Gaston Sauro in der Innenverteidigung spielen; ausserdem kündigte Yakin den ausgeruhten Valentin Stocker für die Startelf an.

Bei Mohamed Salah muss nach wie vor erst einmal geschaut werden, wie er das letzte Spiel weggesteckt hat. Sicher fehlen wird der verletzte David Degen (siehe separaten Beitrag), und der Plan Yakins, den kommenden Donnerstag in St. Petersburg gesperrten Serey Die gegn YB noch einmal richtig heiss laufen zu lassen, dürfte durch die Muskelverhärtung beim Ivorer durchkreuzt sein. Stattdessen stünde jedoch Mohamed Elneny in den Startlöchern.

Gilles Yapi sitzt nach schwerer Grippe immerhin wieder auf dem Velosattel, und Raul Bobadilla hat nach seiner Knieverletzung ein leichtes Training aufgenommen. Spielberechtigt wäre der Argentinier nach Ablauf seiner Langzeitsperre inzwischen, doch mit einem Debüt ist erst nach der Länderspielpause zu rechnen, also frühestens am 1. April und dem Auswärtsspiel am Ostermontag in Luzern. (cok)

Nächster Artikel