IHF-Präsident soll 602’000 Euro eingesteckt haben

Am Mittwoch durchsuchte die Polizei die Räume der Internationalen Handball-Föderation (IHF) in Basel, das Penthouse von IHF-Präsident Moustafa sowie Büros und eine Wohnung in Hamburg. Moustafa steht im Verdacht, 602’000 Euro Bestechungsgelder kassiert zu haben.

Gegen Hassan Moustafa, Präsident der Internationalen Handball-Föderation wird wieder ermittelt. (Bild: Keystone)

Am Mittwoch durchsuchte die Polizei die Räume der Internationalen Handball-Föderation (IHF) in Basel, das Penthouse von IHF-Präsident Moustafa sowie Büros und eine Wohnung in Hamburg. Moustafa steht im Verdacht 602’000 Euro Bestechungsgelder kassiert zu haben.

Nach den Durchsuchungen am Sitz der Internationalen Handball-Föderation (IHF) in Basel und des Privatwohnsitzes von IHF-Präsident Hassan Moustafa in Rheinfelden kommen weitere Details der offenbar grossangelegten Untersuchung ans Licht. Die federführende Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigt Informationen der TagesWoche, dass hinter der Razzia Vorwürfe zu Beraterverträgen von Moustafa stehen.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft teilt auf Anfrage mit: «Es geht um Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr wegen Unregelmässigkeiten bei der Vermarktung von Sportrechten. Es besteht ein begründeter Anfangsverdacht, dass aufgrund von zwei angeblichen Beraterverträgen im Jahr 2007 insgesamt 602’000 Euro an den Präsidenten des IHF geflossen sind.»

Auch in Hamburg führte die Polizei laut der Hamburger Staatsanwaltschaft Razzien durch. Neben einer Privatwohnung wurden zeitgleich mit der Aktion in der Schweiz am Mittwoch, die «Onlinereports» publik machte, auch die Büros zweier Sportmarketingunternehmen durchsucht. Die IHF wollte zu den Vorwürfen heute Donnerstag keine Stellung nehmen. Präsident Moustafa weilt offenbar aus familiären Gründen in Ägypten.

Beratervertrag mit Sportfive

Die Ermittlungen gegen Moustafa gehen auf seine umstrittene geschäftliche Verbindung mit der Sportrechte-Agentur Sportfive zurück. Im Januar 2010 hatte das Nachrichtenmagazin «Spiegel» enthüllt, dass Moustafa im Jahr 2007 als Besitzer der in Kairo ansässigen Firma Sport Group einen geheimen Beratervertrag mit Sportfive abgeschlossen hatte.

Laut diesem Vertrag erhielt Moustafa eine Million Schweizer Franken dafür, dass er in zwischen 2007 und 2009 für Sportfive im nordafrikanischen und arabischen Markt tätig sein sollte. Demnach war er beauftragt, seine «guten Beziehungen zu Sportorganisationen und ihren Entscheidungsträgern» zu nutzen. Er sollte seinem Geschäftspartner «nach besten Kräften in seiner Anstrengung unterstützen, sich die Vermarktungsrechte an bedeutenden Veranstaltungen zu sichern». Mindestens die Hälfte des Honorars, recherchierte der «Spiegel», floss auf ein Privatkonto Moustafas bei der Filiale der BNP Paribas in Dokki, einem Stadtteil Gizehs.

Gefeierter TV-Deal

Der Haken an der Sache: Moustafa hatte, in seiner Eigenschaft als IHF-Präsident, Sportfive für die Zeit zwischen 2006 und 2009 die TV-Rechte an allen IHF-Weltmeisterschaften verkauft. Diesen Vertrag hatte er im Januar 2006 stolz im St.-Jakob-Park präsentiert, am Rande der Handball-EM in der Schweiz, in Anwesenheit des Sportfive-Manager Robert Müller-von Vultejus. Das Volumen betrug laut Insidern rund 32 Millionen Schweizer Franken, davon allerdings waren neun Millionen als sogenannte Produktionskosten deklariert; es flossen also 23 Millionen Franken in die Kassen des Weltverbandes. Dafür liess sich Moustafa feiern, denn damit hatte er die Erlöse mehr als verdoppelt.

Vor dem Hintergrund dieses Kontraktes lag ein Verdacht auf der Hand: Der Vorwurf, dass der Beratervertrag aus dem Jahr 2007 nicht weniger darstellt als Schmiergeld oder Bestechungsgeld für den Vertrag aus dem Jahr 2006. Moustafa und auch Müller-von Vultejus haben das gegenüber dem «Spiegel» bestritten. Aber offenbar fand die Staatsanwaltschaft Hamburg die Erklärungen der Akteure nicht glaubwürdig.

Zumal die IHF für die Zeit zwischen 2009 und 2013 die TV-Rechte an die Hamburger Sportrechte-Agentur Ufa Sports verkaufte, die ehemalige Sportfive-Manager wie Müller-von Vultejus und Philip Cordes inzwischen wiederbelebt hatten. Hier soll der Preis nach einem Wettbieten zwischen Sportfive und Ufa Sports bei rund 65 Millionen Schweizer Franken gelegen haben.

Lange Liste der Skandale 

Der geheime Vertrag aus 2007 war nicht der einzige Skandal, den sich Moustafa leistete. Der Ägypter gilt als einer der umstrittensten Funktionäre des Weltsports. Als grösster Skandal gilt seine Beteiligung an der spektakulären Manipulation der asiatischen Olympia-Qualifikation 2007 in Toyota-City, als damals jordanische Schiedsrichter in filmreifer Manier Kuwait, das Team des Chefs der Asiatischen Handball-Föderation (AHF), im Spiel gegen Südkorea zum Olympiaticket pfiffen. Das Turnier musste später wiederholt werden, ein einmaliger Akt in der olympischen Geschichte.

Auch in finanziellen Dingen ist Moustafa schon auffällig geworden. So wurde ihm vorgehalten, seine Kosten für Flugreisen nicht mit Belegen abzurechnen, sondern aufgrund von Kostenvoranschlägen bei einem Reisebüro. 2009 musste sich Moustafa mit einem Ermittlungsverfahren der Schweizer Behörden wegen des Verdachts der «ungetreuen Geschäftsbesorgung» auseinandersetzen, weil Gelder, die eigentlich für das Gastgeber WM 1999 in Kairo gedacht waren, sich 2007 zumindest teilweise auf einem Strassburger Konto befanden. Dieses Verfahren wurde von der Staatswanwaltschaft Basel eingestellt, weil kein Nachteil für die IHF ersichtlich war.

Das aktuelle Verfahren steht also in einer Reihe von Vorwürfen. Doch, dass ausgerechnet Ermittlungen in Deutschland den mächtigsten Handballfunktionär der Welt bedrohen, ist eine besondere Wende. Deutschland, das war für Moustafa bislang ein gutes Pflaster. Moustafa hat zu DDR-Zeiten in Leipzig studiert – an der Deutschen Hochschule für Körperkultur und auch am Sportinstitut der Universität in Tübingen. Und hier begann seine steile Karriere im Sport, im Vertrieb für den Sportartikelhersteller Puma. Auch nach seiner Wahl zum IHF-Präsidenten im Dezember 2000 hat sich Moustafa stets mit Beratern aus dem Mutterland des Handballs umgeben.

Quellen

Artikelgeschichte

Überarbeitet am 10.11.2012, 15:15 Uhr nach Erhalt neuer Informationen der Staatsanwaltschaft Hamburg.

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