In Unterzahl – der FC Basel dreht das Spiel in Salzburg und steht im Viertelfinal

Bereits ab der zehnten Minute musste der FC Basel bei Red Bull Salzburg mit zehn Mann auskommen. Doch die Basler drehen das Spiel in der zweiten Halbzeit von einem 0:1 zu einem 2:1-Sieg. Marco Streller und Gaston Sauro trafen nach Eckbällen. Basler Anhänger hatten in Hälfte eins für 15 Minuten Spielunterbruch gesorgt.

epa04134287 Players of FC Basel (R) celebrate after scroring during the UEFA Europa League round of 16 second leg soccer match between Salzburg and FC Basel in Salzburg, Austria, 20 March 2014. EPA/KRUGFOTO (Bild: EPA/KRUGFOTO)

Bereits ab der zehnten Minute musste der FC Basel bei Red Bull Salzburg mit zehn Mann auskommen. Doch die Basler drehen das Spiel in der zweiten Halbzeit von einem 0:1 zu einem 2:1-Sieg. Marco Streller und Gaston Sauro trafen nach Eckbällen. Basler Anhänger hatten in Hälfte eins für 15 Minuten Spielunterbruch gesorgt.

Nach solchen Spielen wird häufig und gerne vom Charakter gesprochen. Wenn eine Mannschaft wie der FC Basel in Salzburg bereits nach zehn Minuten mit einem Mann weniger auf dem Platz steht, weil Marek Suchy nach einer völlig unnötigen, überharten Grätsche zurecht Rot sieht. Wenn sie danach in Rückstand gerät, wie es den Baslern bei Red Bull geschah. Wenn sie zeitweise wie ein wankender Boxer in den Seilen zu hängen scheint, bloss noch von der wagen Hoffnung auf den Lucky Punch auf den Beinen gehalten. Und wenn sie dann das Spiel 2:1 gewinnt, dann heisst es, hat die Mannschaft Charakter.

Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Salzburger allesamt charakterlos seien. Aber das sind sie nicht. Natürlich brauchte der FCB im Rückspiel des Achtelfinals der Europa League ein gerüttelt Mass an Zusammenhalt, an Solidarität auch. Aber diese Qualitäten hatten auch die Salzburger auf das Feld gebracht.

Kleine Dinge führen zum grossen Ganzen

Nein, diese Partie zwischen Salzburg und Basel, sie wurde nicht durch Charakter entschieden. Was am Ende eines langen Abends für den FCB und gegen Red Bull entschied, das war das, was gemeinhin internationale Erfahrung genannt wird. In den Worten von FCB-Trainer Murat Yakin heisst das dann: «Wir haben eine Mannschaft, die diese Situationen kennt – und damit umgehen kann.»

Es waren am Ende ein paar kleine Dinge, die zu einem grossen Ganzen führten. Hier die Salzburger, die sich mit der Wucht einer 22-beinigen Bullenstampede auf die Basler warfen. Die rannten, als gebe es kein morgen, die sich Chancen erspielten, die in handelsüblichen Europacupspielen für drei bis vier Siege reichen müssten.

Die aber hier eine Flanke einen halben Meter zu weit nach hinten spielten und da das Tor um ein paar Zentimeter verfehlten. Die mit Topskorer Jonatan Soriano selbst das leere Tor nicht trafen. Die immer wieder an Yann Sommer scheiterten – und die hinten schliesslich die entscheidenden zwei Kopfballduelle verloren.

Nach einer Stunde war der FCB auch im Spiel angekommen

Und da die Basler, die – Spielunterbruch einberechnet – eine Stunde brauchten, um endlich im Spiel anzukommen. Die sich gerade noch zum Seitenwechsel retteten. Die sich dort aber auch an den letzten beiden Szenen vor dem Pausenpfiff aufrichten konnten, die ihnen endlich mal gelungen waren. Und die mit Marco Streller einen Captain an Bord hatten, der das Schiff nicht nur mit seinem 1:1 auf Kurs hielt – sondern auch mit seiner ganzen Persönlichkeit.

Kein Wunder, haderte Roger Schmidt nach dem Schlusspfiff mit dem Schicksal. «Wir haben heute eine sehr grosse Chance vertan», meinte der Trainer der Salzburger, «das Spiel hätte bereits sehr früh für uns entschieden sein müssen.» Er wollte aber auch festgehalten haben: «Es ist keine Schande, gegen Basel auszuscheiden. Man sieht, da ist Qualität in dieser Mannschaft.»

Links und rechts und rundherum

Tatsächlich schnürte Red Bull die Basler von Beginn weg in deren Platzhälfte ein. Yakins Beschreibung «die Startphase war nicht unsere beste» grenzte da schon fast an Geschichtsklitterung. Schon mit elf Mann hatte der FCB alle Füsse voll damit zu tun, die Gegner im Griff zu halten. Nach Marek Suchys Komplettaussetzer nur noch zu zehnt, herrschte zeitweise das reinste Chaos im und am Basler Strafraum.

Und hatte Marco Streller am Tag vor dem Spiel noch erklärt, er habe im Hinspiel keine weltbewegenden Angriffszüge der Salzburger erkennen können, so erlebte er in der 22. Minute einen von ganz nah. Mit neun Pässen jagten die Salzburger den FCB von links nach ganz rechts und wieder zurück. Am Ende stand Jonatan Soriano derart frei vor Yann Sommer, dass das 1:0 praktisch nicht mehr zu vermeiden war.

Ein Spiel kurz vor dem Abbruch

Es war der perfekte Spielzug gegen einen dezimierten Gegner. Und die Salzburger machten immer weiter so, ohne dass der FCB ein Mittel dagegen gefunden hätte. Nicht einmal die Zwangspause half den Rotblauen, als das Spiel in der 32. Minute für eine Viertelstunde unterbrochen wurde, als Basler Anhänger ein unrühmliches Kapitel der FCB-Reisegesellschaften schrieben. Weil mehrfach Münzen, Fahnenhalter und Feuerzeuge aufs Feld geworfen wurden, stand die Partie kurz vor dem Abbruch.

Doch auch wenn es österreichische Journalisten anders sehen wollten: Die wirklich wichtigen Umstellungen im Basler Spiel fanden nicht in jener Zwangspause statt. Erst in dem Moment, als Yakin von einer Dreier- auf eine Viererkette umstellte und dazu auch noch David Degen durch Naser Aliji ersetzte, bekam der FCB Zugriff auf die Partie.

Zeit für Ausflüge nach vorne

Als er in der Defensive nach dem Seitenwechsel endlich etwas sicherer stand, fand der FCB auch endlich Zeit für ein paar Ausflüge in die gegnerische Platzhälfte. Es waren kleine Aktionen, die andeuteten, dass da noch etwas gehen könnte.

Und wie da noch etwas ging! Zwei Tore erzielten die Basler. Sie drehten die Partie mit zwei Eckbällen. Sie drehten sie, weil sich Streller beim 1:1 gleich gegen zwei Gegenspieler durchsetzte. Sie drehten sie, weil Gaston Sauro nach einem Prellball am schnellsten reagierte. Und sie drehten sie im Stil einer auf europäischer Ebene eben ganz abgefuchsten Mannschaft.

Irgendwie erinnerte die Partie in ihrem Charakter auch an Spiele, in denen der FC Basel in früheren Jahren im Europacup gescheitert war. Hier ein Team, das über lange Strecken überlegen wirkt, die vielleicht auch etwas naiv anrennt und vorne die nötige Effizienz vermissen lässt sowie hinten einen, zwei Fehler zu viel macht. Und dort eine Mannschaft, die nicht immer überzeugend auftritt, die aber im entscheidenden Moment zuschlägt.

Früher war es oft an den Baslern, sich über solche vergebenen Chancen aufzuregen. Heute ist es mit Murat Yakin der FCB-Trainer der nach einer heissen Europacupnacht sagen darf: «Wir waren nicht die bessere Mannschaft. Aber die cleverere.»

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