In der kommenden Saison spielt kein regionales Männerteam in der Nationalliga A. Ein Zustand, der sich nicht so bald ändern dürfte. Die regionalen Clubs wollen nämlich ihre Kräfte nicht zusammenlegen, sondern versuchen allesamt ihr Glück auf eigene Faust.
Der Vergleich drängt sich auf. Alex Ebi, Präsident des RTV Basel und Gesicht des städtischen Handballvereins, kocht in einer Sendung von Telebasel eines seiner Lieblingsgerichte: Plätzchen mit Kartoffelstock und Gemüse. Für das Kartoffelpüree rührt er die Flocken aus dem Alubeutel mit Milch und Wasser an, die Erbsli und Rüebli nimmt er pfannenfertig aus der Dose, bei der Glacé zum Dessert reisst Gastgeberin Tamara Wernli den Deckel gleich selbst von der Verpackung.
Auf die Situation des Handballsports in der Region Basel übertragen, widerspiegeln die Kochkünste Ebis die Vorwürfe, die Vertreter anderer Clubs gegen ihn erheben: Der RTV hole von den anderen Vereinen fertige Spieler und baue damit seine Mannschaft zusammen – anstatt in einer eigenen Juniorenabteilung eigene Spieler auszubilden.
Daran lässt sich schnell erkennen: Bei den Männerteams der regionalen Handball-Szene bestimmen weiterhin persönliche Animositäten das Tagesgeschäft. Das Menü, das sich daraus ergab, war letzte Saison wenig schmackhaft: Wenigstens in Möhlin blüht der Handball weiterhin. Doch die Region Basel ist seit dem Abstieg des RTV in der vergangenen Spielzeit nicht mehr in der Nationalliga A vertreten. Und die beiden ambitionierten 1.-Ligisten TV Birsfelden und HSG Leimental haben den Aufstieg in die NLB verpasst.
Nur der RTV hat Interesse an einer Zusammenarbeit
Gerne hätte Ebi mit Birsfelden und Leimental zusammengespannt. Er sagt, es habe ein grundsätzlicher Konsens über die Bildung einer gemeinsamen Mannschaft bestanden. Doch wenn es ihn gab, dann ist er nun Makulatur. «Es ist schwer verständlich, dass man auf der Juniorenstufe und im Frauenhandball zusammenarbeitet, bei den Herren aber nicht», klagt der RTV-Präsident.
Für ihn ist eine starke Basler NLA-Mannschaft nur dann möglich, wenn die besten regionalen Spieler in einer Mannschaft vereint antreten. Schon nur aus finanziellen Gründen: «Mit einem Budget von unter einer Million Franken kannst du in der NLA nicht mithalten.»
Trotzdem scheint Ebi mit seinem Wunsch nach einem gemeinsamen Regio-Team allein zu sein. Weder der TV Birsfelden noch die HSG-Leimental können sich momentan für die Idee begeistern. Vom RTV komme zuwenig, vor allem im Juniorenbereich, sagt Thomas Reichmuth, der Trainer der Birsfelder. Und er präzisiert: «Eine Zusammenarbeit mit dem RTV müsste für beide Seiten profitabel sein.»
Birsfelden sucht das Glück allein
Vorerst aber sucht Birsfelden das Glück allein. «Wir wollen in die NLB aufsteigen», sagt Reichmuth unumwunden. Dafür werden sich die Birsfelder neu in der Gruppe 2 der 1. Liga (v.a. mit Aargauer und Innerschweizer Teams) durchsetzen müssen – und treffen somit nach zwei Jahren Pause wieder auf den TV Pratteln, der die Gruppe bereits auf die Saison 2011/12 hin gewechselt hat.
Für den Aufstieg in die NLB wird die Mannschaft des TVB umgebaut: Vom RTV stossen der luxemburgische Nationalspieler Michael Gulbicki sowie Roman Brunner zu den Birsfeldern. Für Letzteren ist es eine Rückkehr dahin, wo er bereits vor seinem einjährigen Gastspiel als Verteidigungsspezialist beim RTV gespielt hatte. Ebenfalls zum TVB gewechselt hat der über 2 Meter grosse Rückraumspieler und ehemalige RTV-Akteur Tomislav Sladoljev, der letzte Saison in der NLB beim HSC Suhr/Aarau engagiert war.
Den Neuzugängen steht unter anderem der Abgang von Max Gerbl gegenüber. Er wechselt nach Deutschland zur Meistermannschaft der Füchse Berlin in die A-Jugend-Bundesliga. Gerbl dürfte der gewichtigste Abgang des TVB sein, den mit Richard und Andreas Huber (beide Rücktritt) und Dominik Dietler (Studium) drei weitere Spieler verlassen.
Auch Leimental mit Ambitionen
Nicht gleich ganz so hoch hinaus wie Birsfelden will die HSG Leimental. Aber auch hier werden durchaus Ambitionen angemeldet. «Wir wollen wieder die Aufstiegsrunde in die NLB erreichen», sagt Francesco Monteleone, Präsident der HSG-Leimental.
Mit Max Dannmeyer, der letzte Saison mit einer Doppellizenz auch beim RTV in der NLA spielte und nun nach Deutschland zurückkehrt, wird den Leimentalern dafür ein starker Aufbauer weniger zur Verfügung stehen. Dazu verlassen Yanick Schläpfer (STV Baden) und Philipp Braun (Möhlin) die HSG in Richtung NLB. Vielleicht auch wegen dieser Abgänge wird der Aufstieg nicht als Ziel formuliert.
Der RTV noch ohne Trainer
Weil die beiden stärksten 1.-Ligisten der Region selbst ihren Zielen nachgehen wollen, wechseln auch keine Spieler aus ihren Kadern zum RTV. Das ist ein Problem für die Realturner, die gleich reihenweise Spielerabgänge kompensieren müssen und überdies derzeit offiziell noch ohne Trainer da stehen. Allerdings dürfte laut «Basler Zeitung» (online nicht verfügbar) Dragomir Cmiljanovic ein Comeback auf der Trainerbank geben. Er war vor zwei Jahren nach der Ankündigung, um den Meistertitel spielen zu wollen, nach zwei (!) Ligaspielen wieder abgesetzt worden.
Dass dem Verein mit Pascal Stauber, dem ehemaligen Nationaltorhüter, Igor Stamenov und Marko Vukelic drei erfahrene Spieler erhalten bleiben, ist damit um so wichtiger. Dazu kommt die Rückkehr Ivan Golubovics vom TV Möhlin. Der ehemalige Junior des TV Birsfelden spielte bereits zwischen 2008 und 2012 beim RTV. Ausserdem kommt der Kubaner Henry Martinez aus Herzogenbuchsee zurück, wo er zuletzt in der 1. Liga gespielt hat.
Stauber, Stamenov und Vukelic dürften in der kommenden Saison das Gerüst der Mannschaft der Stadtbasler bilden. Und obschon die Realturner mit Stauber und Vukelic über international erfahrene Spieler verfügen, ist der direkte Wiederaufstieg nicht das Saisonziel. «Wir werden eine Übergangssaison erleben», sagt Ebi, der erst in zwei Jahren wieder angreifen will: «Dann wollen wir wieder um den Aufstieg in die NLA spielen.»