Europameister Kariem Hussein startet diesen Samstag in Basel mit klaren Vorstellungen in die Saison – auch wenn er nicht mehr dieselbe Spannung verspürt wie noch im Jahr der Heim-EM.
Nichts wecke mehr Emotionen, sorge für mehr Stimmungshochs und Medienhypes als erstklassige Leistungen von Schweizer Athleten, sagte Andreas Hediger als Co-Meeting-Direktor von Weltklasse Zürich am ersten Medientermin des weltbesten Leichtathletik-Meetings. André Bucher lieferte einen Beweis dafür, zuvor Werner Günthör, auch Anita Weyermann. Und letztes Jahr Kariem Hussein, der Europameister über 400 Meter Hürden.
Mit Hussein und der Sprint-Aufsteigerin Mujinga Kambundji auf Plakaten und Flyern wirbt Weltklasse jetzt schon für das diesjährige Meeting vom 3. September. «Und», so Hediger, «wir werden am Meeting-Abend Akzente setzen und Kariem zum Beispiel schon auf dem Einlaufplatz oder im Callroom begleiten, ihn ins Stadion projizieren, seinen Einmarsch zelebrieren und ihn nach dem Rennen sofort über den Stadionlautsprecher interviewen.»
«Zusätzliche Emotionen wecken», lautet die Absicht, die dahinter steckt. Und Hussein will dieser Aufmerksamkeit gerecht werden. «Ich bin überzeugt, meinen Weg in Richtung Weltspitze fortzusetzen», sagt der 26-jährige Thurgauer. Zwar räumt er ein, dass die Spannung nicht jener vor einem Jahr entspricht: «Vor den Heim-Europameisterschaften in Zürich war ich permanent geladen», sagt er. Diesen Zustand, gepaart mit enormer Vorfreude, verspüre er heute so nicht mehr. Hussein betont aber, dass dies weder nachteilig sei, noch ihm den Fokus genommen habe. «Etwas lockerer» fühle er sich, sagt er.
Noch bis Ende dieser Woche kann sich Hussein nicht voll und ganz auf den Sport konzentrieren. Das fünfte Jahr seines Medizinstudiums verlangt ihm ebenfalls viel Energie ab. Es sei «schier zu viel» gewesen, meint er rückblickend. Zumal er als Europameister auch anderweitig beansprucht werde. «Da kam das Private zeitweise zu kurz», sagt er.
Wenigstens hat Hussein sein Praktikumsjahr zugunsten der Leichtathletik auf zwei Jahre verteilen können. Den ersten Teil von fünf Monaten schliesst er nun ab und stellt bis zum Herbst den Sport in den Mittelpunkt. Damit ist Hussein in der Wettkampfsaison also Vollprofi. Danach nimmt er den Rest seines Praktikums in Angriff.
Trotz der hohen Belastung und «den vielen Stunden auf den Beinen» ist Hussein überzeugt: Fortschritte habe er in den Wintermonaten dennoch gemacht. «Die Erfahrung des letzten Sommers und die Leistungsentwicklung brachten mich weiter», sagt er. Und im Dialog mit seinem Trainer Flavio Zberg sei es ihm gelungen, neue Trainingsreize zu setzen. Solche, die «anschlugen», einige Details, die ihn davor bewahren würden, «in einen Trott» zu verfallen.
Die WM als Ziel
An Ambitionen mangelt es Hussein auch nach der Heim-EM-Saison nicht. Der vielseitig talentierte Sportler, der als 19-Jähriger noch als Teamcaptain und absolut zuverlässiger Penalty-Schütze auf dem Sprung in den Elite-Fussball gewesen ist, steuert heute die Leichtathletik-WM von Ende August an. «Der Final ist das Ziel», sagt er – ganz im Wissen, dass er als letztjährige Nummer 4 der Welt in Peking auch um eine Medaille mitreden könnte.
Diesen Höhepunkt im Visier, haben Zberg und Hussein einen etwas veränderten Weg eingeschlagen. «Von der Planung her bin ich derzeit etwas weniger weit als 2014», sagt Hussein. So laufe er erst seit zwei Wochen über Hürden, und zwar bislang höchstens über sieben hintereinander, sprich: über eine Distanz von 250 Metern. Das Gefühl aber passe. Leistungen wie im letzten Mai hält Hussein auch diese Saison für möglich. Der Einstand auf der Basler Schützenmatt-Anlage am Samstag wird ihm weitere Aufschlüsse liefern.