Kollektiver Leistungsabfall

So gut die erste Halbzeit des FC Basel in Thun war, so rätselhaft die Passivität nach Seitenwechsel. Neu zum besten Torschützen aufgeschwungen hat sich Dimitri Oberlin, Mohamed Elyounoussi läuft noch seiner besten Form hinterher und über Eder Balantas Ausfall tröstet hinweg, dass man von Léo Lacroix einen ersten, guten Eindruck gewinnen konnte. Die Einzelkritik. 

Kaltstart im Dress des FCB: Nach 58 Minuten musste Léo Lacroix für den angeschlagenen Eder Balanta einspringen und machte es beim Debüt für seinen neuen Klub gut.

Tomas Vaclik  |  Torhüter

Ohne Gegentor zu gewinnen – das war für den FCB vor der Winterpause fast schon zur Gewohnheit geworden. Dass es in Thun wieder so war, hatte die Mannschaft Tomas Vaclik zu verdanken, der nach relativer Unterbeschäftigung im ersten Durchgang erst eine erstklassige Parade bei Karlens Direktabnahme zeigte (69. Minute), sich dann unerschrocken Spielmann entgegenwarf (79.) und somit diesen Sieg für den FCB festhielt.

Michael Lang  |  rechter Aussenverteidiger

Nach bescheidenem Auftritt gegen Lugano ging der «Spieler des Jahres» in Thun voran, bearbeitete seine Seite mit dem gewohnten Vorwärtsgang, suchte den Abschluss und fügte seinem Scorerkonto mit der präzisen Flanke zum Führungstor einen Punkt hinzu. Für die zweite Halbzeit fand er spontan keine Erklärung und dürfte sich mit eingeschlossen haben in sein Fazit: «Das kann man besser machen.»

Marek Suchy  |  rechter Innenverteidiger

War ein schnörkelloser Abwehrchef, präsent im Zweikampf am Boden wie in der Luft. Hatte die heikelste Szene zu bewältigen, als Hunziker ihm entwischte, konnte sich aber auf seinen Landsmann im Tor verlassen. Trug auslösende Bälle in die Spitze bei und beschränkte sich in der zweiten Halbzeit auf den defensiven Beitrag sowie den Beistand für den Debütanten Lacroix.

Eder Balanta  |  linker Innenverteidiger

Von Beginn an ein sehr konzentriert auftretender Partner von Suchy, unterband die meisten Angriffsbemühungen der Gastgeber im Ansatz, (kopfball-)stark im Kampf gegen den Mann und erst noch bemüht um einen konstruktiven Spielaufbau, zu dem er ein paar schöne Diagonalpässe beitrug. Klagte schon in der Halbzeitpause über muskuläre Probleme und schied nach knapp einer Stunde deshalb aus. Es wäre ein Jammer, müsste der robuste Kolumbianer für den Dienstag und den Champions-League-Achtelfinal passen.

Raoul Petretta  |  linker Aussenverteidiger

Hatte auf seiner Seite steten Betrieb durch Tosetti und den vorstossenden Verteidiger Glarner. Spielte das nüchtern und klar, und ärgerte sich über den Schiedsrichter (der ihn verwarnte) sowie einen läppischen Fehlpass. Unter dem Strich liess Petretta nichts anbrennen.

https://tageswoche.ch/sport/live-der-fc-basel-in-thun-19-uhr/

Valentin Stocker  |  rechter Flügelspieler

Lief unrund, als er die Stockhorn-Arena verliess und deutete auf eine schmerzende rechte Hüfte. War vor allem in der Anfangsphase sehr präsent, steckte zum Beispiel gleich für van Wolfswinkels Chance nach nur 34 Sekunden durch und brachte auch beim 0:1 und einem schnell ausgeführten Einwurf seinen Fuss ins Spiel. Hatte gute und weniger gute Standards im Repertoire, erhöhte insgesamt seinen Einfluss aufs Spiel im Vergleich zum ersten Einsatz vor Wochenfrist – zumindest in der ersten Halbzeit. Machte nach 75 Minuten Platz für Bua.

Taulant Xhaka  |  zentraler Mittelfeldspieler

Lieferte sich nicht zum ersten Mal in seiner Super-League-Vita ein herzhaftes Duell mit Thun-Captain Hediger. Da prallten pure Physis und Behauptungswille aufeinander, und ein klarer Sieger kann nach diesen wechselhaften 90 Minuten gar nicht ausgerufen werden. Offensiv war Xhakas beste Tat ein Freistoss auf den Kopf von Wolfswinkel, eine der etlichen Basler Chancen im ersten Durchgang.

Bekam den Vorzug vor Fabian Frei und präsentierte sich zumindest 45 Minuten lang in Champions-League-Form: Geoffroy Serey Dié (links, hier gegen Sven Joss.

Geoffroy Serey Dié  |  zentraler Mittelfeldspieler

Bekam den Vorzug vor Fabian Frei, was nach dem dezenten Debüt des Rückkehrers gegen Lugano nicht einmal überraschte. Der Trainer führte rein taktische Motive für den Wechsel ins Feld, verwies darauf, viele ausgezeichnete zentrale Spieler zur Verfügung zu haben und durfte sich bestätigt fühlen. Vor allem in der ersten Halbzeit zeigte Serey Dié so etwas ähnliches wie seine beste Champions-League-Form, sehr aufmerksam, zweikampfstark und mit sehr vernünftigen Beiträgen zum Spielaufbau.

Mohamed Elyounoussi  |  linker Flügelspieler

Läuft der grossen Form vor Weihnachten hinterher, darüber kann auch das 0:2, das er mit einem Rush und einem Querpass auf Bua vorbereitete, nicht hinwegtäuschen. Verzettelte sich immer wieder oder blieb am Gegenspieler hängen. Gab den ersten Schuss aufs Thuner Tor in Halbzeit zwei ab (88.) und schien bei einem ausgedehnten Solo eine Stadionbesichtigung unternehmen zu wollen. Die Aktion verpuffte jedoch wie viele andere auch. Allerdings: Mit wettbewerbsübergreifend zwölf Torvorbereitungen führt der Norweger teamintern deutlich (gefolgt vom Neo-Wolfsburger Steffen mit sieben).

Ricky van Wolfswinkel  |  Angriffsspitze

Auch nicht unerwartet kam, dass der Torjäger Ajeti ersetzte. Blieb zwar ohne persönliche Erfolgsmeldung, was auch am vom FCB ausgeliehenen Djordje Nikolic im Thuner Tor lag. Nach 36 Sekunden lenkte dieser den Abschluss van Wolfswinkels an den Pfosten, und in der 33. Minute sah der Holländer seinen Kopfball vom jungen Serben mit einer spektakulären Parade entschärft. Ansonsten machte van Wolfswinkel nach dem ausgestandenen Mittelflussbruch schon wieder einen guten Eindruck, arbeitete über das ganze Feld bis tief in die eigene Hälfte hinein.

Dimitri Oberlin  |  Angriffsspitze

Ein Prachtskopfball zum wegweisenden 0:1 schmückt seine gute erste Halbzeit. Es ist sein neunter Treffer (der vierte in der Super League) für den FCB, womit er im internen Ranking der beste Schütze ist. Im in Thun praktizierten 4-4-2-System leistete Oberlin seinen Anteil an Pressing sowie Gegenpressing und war an jeder gefährlichen Aktion beteiligt. Ein weiteres Tor verhinderte Glarner mit einer Rettungsaktion auf der Linie. So erfrischend Oberlins erste 45 Minuten waren, so wirr die zweiten, als er nicht mehr im Stande war, den Ball in vorderster Reihe einmal festzumachen. Versöhnlich war der Schlusspunkt, sein auslösender Pass in den freien Raum auf Elyounoussi vor dem 0:2.


Léo Lacroix  |  Innenverteidiger

Das einzig Gute an Balantas Ausfall: Man hat den erst vor zwei Wochen aus St-Etienne geholten Romand zu Gesicht bekommen. Und angesichts des Kaltstarts machte er seine Sache gut; sehr zur Zufriedenheit auch seines Trainers, der ihn als «sicheren Wert» bezeichnete. Mit seiner Leuchtturmgrösse (1,97 Meter) nimmt Lacroix in der FCB-Abwehr eine neue Dimension ein.

Vollendung eines Konters: Kevin Bua (Nummer 33) macht aus der Vorlage von Mohamed Elyounoussi (nicht im Bild) in der 90. Minute das 0:2 in Thun.

Kevin Bua  |  rechter Flügelspieler

Ersetzte in der 75. Minute Stocker, bekam auch gleich eine Chance serviert, die er sch mit einem Foul jedoch zunichte machte. Brachte in der druckvollen Schlussphase der Thuner auch nicht mehr viel an konstruktivem Spiel nach vorne zustande, markierte dann aber das von Elyounoussi auf dem Silbertablett servierte 0:2 – sein immerhin auch schon fünfter Saisontreffer.

Fabian Frei  |  defensiver Mittelfeldspieler

Wurde in der Nachspielzeit für van Wolfswinkel eingewechselt, unmittelbar vor dem zweiten Treffer. Fiel dadurch auf, dass er nebst den Thunern Hediger und Righetti der einzige Basler war, der in der kalten Oberländer Nacht kurzärmlig spielte. Eine Heldengeschichte resultiert daraus jedoch nicht – Frei durfte nur drei Minuten und eine kleine Jubelzeremonie vor den mitgereisten Fans später schon wieder ans Warme.

Nicht eingesetzt beim FC Basel: Mirko Salvi (Tor), Blas Riveros, Samuele Campo, Albian Ajeti. 

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