Kriselnder BVB Dortmund grübelt über seine Zukunft

Nicht nur der Klassiker gegen den FC Bayern heute Samstag, auch die weitere Zukunft wird eine Herausforderung für den zehntplatzierten BVB Dortmund.

Trainer Jürgen Klopp juckts im Auge während des Spiels gegen Augsburg im Februar. Doch der Schuh drückt den Verein noch ganz anderswo. (Bild: Keystone/ROLAND WEIHRAUCH)

Nicht nur der Klassiker gegen den FC Bayern heute Samstag, auch die weitere Zukunft wird eine Herausforderung für den zehntplatzierten BVB Dortmund.

Die Worte, die Hans-Joachim Watzke wählt, klingen in diesen Tagen etwas anders, aber im Prinzip bleibt seine Botschaft unverändert. «Bei aller gebotenen Demut, wenn Du an zehnter Stelle stehst, glaube ich schon, dass das Spiel des BVB gegen Bayern die deutsche Fussballgemeinde deutlich mehr interessiert, als wenn Wolfsburg gegen Bayern spielt», sagt der Geschäftsführer von Borussia Dortmund vor dem Klassiker zwischen seinem kriselnden Revierklub und dem Rekordmeister.

Im Prinzip betrachten sie sich also immer noch als Nummer Zwei in der deutschen Klublandschaft, wie in den guten Zeiten, als Watzke das Bild vom BVB als «zweitem Leuchtturm», neben den Bayern prägte. Und dafür gibt es gute Gründe.

Zwar stehen der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen oder auch Schalke 04 in der Tabelle deutlich besser da, der mit Abstand aufregendste Klub im grossen Bundesligatheater war aber auch in dieser Saison der BVB. Viele Spiele wurden zu atemberaubenden Dramen, und der Absturz war mitreissend, spektakulär, rätselhaft.

Europacupplätze immer noch im Blick

Mit einem Sieg gegen die Bayern könnten sie nun endgültig den Klassenerhalt schaffen und das Ziel Europa League ins Auge fassen. «Wir alle im Klub sind uns im Klaren darüber, dass jeder Punkt, den wir gegen Hinten sammeln, wenn es denn rechtzeitig geschieht, uns diese Möglichkeit gibt», sagt Jürgen Klopp.

Und über den Pokal kann der BVB, der immerhin zu den vier besten Teams der Rückrunde zählt, ebenfalls den internationalen Wettbewerb erreichen. Noch bedeutsamer für die Zukunft sind aber die Entscheidungen, die in diesen Tagen hinter der Ziegelfassade der Geschäftsstelle am Rheinlanddamm getroffen werden.

Das Heimspiel für Dortmund gegen den FC Bayern geginnt am Samstag, 4. April, um 18:30 Uhr. Zur Bundesligatabelle

Dort stellen Watzke, Klopp und Sportdirektor Michael Zorc die Weichen für die kommenden Jahre, und das ist eine viel grössere Herausforderung als so ein Spitzenspiel gegen den FC Bayern. Beschlossen haben sie bereits, dass es keinen Trainerwechsel geben wird, nun wird an der Mannschaft der Zukunft gebastelt.

Der BVB hat mehr in Spieler investiert als Bayern

Das Fachmagazin «Kicker» hat ausgerechnet, dass die Dortmunder seit dem grossen Champions-League Finale von 2012 115,2 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben haben, mehr als der damalige Gegener aus München (110 Millionen). Und trotzdem versanken sie ganz tief im Abstiegssumpf. Noch sei es «zu früh für eine abschliessende Analyse», sagt Zorc zwar, aber klar ist, dass Fehlentscheidungen getroffen wurden. Und natürlich wissen sie längst, was sich ändern muss.

Mit den Abgängen von Mario Götze und Robert Lewandowski wurden die Dortmunder ihrer wichtigsten Ausweichstrategien zum klassischen Balleroberungsfussball beraubt. Götze ist in der Lage, ohne viel Platz und praktisch aus dem Stand Räume gegen tief stehende Gegner zu öffnen. Und Lewandowski kann mit dem Rücken zum Tor lang geschlagene Bälle verarbeiten, die die Dortmunder gerne spielen, wenn ein Gegner presst.

Passender Ersatz wurde trotz der enormen Investitionen nicht gefunden. In dieser Saison haben die Dortmunder immer dann Probleme, wenn Gegner wie der Hamburger SV oder der 1. FC Köln tief stehen. Oder wenn eine Mannschaft weit vor dem eigenen Tor hohen Druck auf den Dortmunder Spielaufbau ausübt.

Flexibleres Spiel muss her

Diese Eindimensionalität des BVB-Fussballs ist unabhängig von den vielen Verletzungen im Kader eine grosse Schwäche. Daher wird die anstehende «Neujustierung», von der Geschäftsführer Watzke spricht, im Kern darin bestehen, das Spiel wieder flexibler zu machen. Das Problem ist nur, dass die gewünschten Umbauten am Kader nicht so einfach durchgeführt werden können.

Am Saisonende läuft nur der Vertrag von Sebastian Kehl aus, alle anderen Spieler, die der BVB eventuell loswerden möchte – spekuliert wird über Mkhitaryan, Weidenfeller, Immobile, Großkreutz, Jojic, Ramos, Piszczek und Schmelzer –, müssen einem Wechsel zustimmen. Und Leute wie Mats Hummels oder Ilkay Gündogan werden möglicherweise von sich aus auf einen Abschied drängen.

Zwar wären einige dieser Spieler für sich genommen ein Verlust, aber viel Bewegung im Kader könnte der Schlüssel für eine Rückkehr in die Champions League sein. Denn nach allem, was die Mannschaft durchgemacht hat, braucht das Team nicht nur neue fussballerische Lösungen, sondern auch einen neuen Geist, der nicht den süssen Jahren 2011, 2012 und 2013 nachhängt, sondern einen Glauben an die Zukunft verkörpert.

Wenn die Dortmunder nämlich nicht schnell in die Tabellenspitze zurückkehren, könnten die Duelle der Münchner gegen Wolfsburg bald doch mehr Fans elektrisieren als der Klassiker vom Samstagabend.

Die Bundesliga-Tabelle vor der 27. Runde:

(Bild: Screenshot kicker.de)

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