Langeweile in der Liga? «Hört auf damit!»

Nach Sevilla ist vor Sion, wo es für den FC Basel am Sonntag (16.00 Uhr) bei 13 ausstehenden Spielen darum geht, am letztlich grössten aller Ziele zu arbeiten. Das Ausscheiden in der Europa League nagt noch an FCB-Trainer Urs Fischer, und drei weitere Punkte im Wallis wären wahrscheinlich die beste Therapie.

Le president du FC Basel Bernhard Heusler, droite, et son entraineur Urs Fischer se serre les mains, apres la rencontre de 1/4 de finale de la Coupe Suisse de football entre le FC Sion et le FC Bale 1893 ce dimanche 13 decembre 2015 au stade de Tourbillon a Sion. (KEYSTONE/Alessandro della Valle).

(Bild: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE)

Nach Sevilla ist vor Sion, wo es für den FC Basel am Sonntag (16.00 Uhr) bei 13 ausstehenden Spielen darum geht, am letztlich grössten aller Ziele zu arbeiten. Das Ausscheiden in der Europa League nagt noch an FCB-Trainer Urs Fischer, und drei weitere Punkte im Wallis wären wahrscheinlich die beste Therapie.

Auch wenn das Verdikt von Sevilla eindeutig war, und obgleich der FCB-Trainer am Morgen danach die Bilder des Spiels nicht noch einmal konsultiert hatte: An Urs Fischer nagt das Ausscheiden in der Europa League. Er sagt sogar: «Es stinkt mir grausam.»

Sein Fazit nach der Nacht von Sevilla lautet: «Die Gegentore sind einfach schlecht verteidigt.» Der Hechtkopfball zum 1:0 auf einen Eckball? «Wie ist das möglich im Gedränge?» fragt sich der Trainer. Das 2:0 sei eine Frage, die richtige Entscheidung zu treffen. Sprich: Dass Renato Steffen gegen den durchgebrochenen Reyes ein Foul in Kauf nimmt.

«Und das dritte Tor ist die Krönung», so Fischer, der dem bedauernswerten Daniel Hoegh gar nicht allein die Schuld  in die Schuhe schieben will: Unnötig, sagt er, dass der Däne von einem Zuspiel von Goalie Tomas Vaclik erst in Bedrängnis gebracht worden sei.

«Habe es selbst erlebt, deshalb stinkt’s mir so»
Urs Fischer über falsche Entscheidungen, die man als Spieler auf dem Platz trifft

Den Ball raus aus der Gefahrenzone, auch auf die Tribüne zu hauen – das wäre eine Lösung gewesen. «Es ist zu einfach, nur auf den Gegner zu schauen», findet Fischer. Und erinnert sich an sein eigenes Innenverteidigerleben: «Ich habe es selbst erlebt, ich habe als Spieler die gleichen falschen Entscheidungen getroffen – und deshalb stinkt’s mir.»

Unter den FCB-Spielern herrschte bei der Rückreise aus Andalusien grössere Ernüchterung als beim Trainer. «Ich finde, wir können mit erhobenem Haupt aus den beiden Spielen gehen. Aber in Wahrheit hatten wir keine Chance», sagt Marc Janko, und Tomas Vaclik stellt fest: «Vom Tempo war das etwas ganz anderes als in Basel. Was Sevilla gezeigt hat, war hohe Fussballschule.» 

» Bilanz nach dem Aus in Sevilla: Die zwei Seiten einer Basler Europacup-Saison  

Daniel Hoegh ging am Morgen danach übrigens im Büsserhemd, im Bewusstsein, «dass es nicht mein bestes Spiel gewesen ist». Jeder Fehler sei umgehend bestraft worden, und natürlich sei es auch eine Frage seiner fehlenden Spielpraxis gewesen. Für den Moment ist dem Dänen bewusst: «Solche Spiele erhöhen meine Chancen beim Trainer nicht.» Aber der scheint ja nachsichtiger zu sein als der Spieler selbst.

Mit dem Nervenkitzel im Titelrennen ist es so eine Sache

Bei aller Angefressenheit: Fischer und sein Team haben es in der Hand, auf direktem Weg zurück ins europäische Rampenlicht zu gelangen und in knapp sechs Monaten als Schweizer Meister auf die grösste Bühne, die Champions League zurückzukehren. Fischer scheint jedenfalls Blut geleckt zu haben: «Die Europacupreisen haben es in sich. Das macht Spass.»

Zurück in der Schweiz ist es mit dem Spass so eine Sache. 14 Punkte Vorsprung des Ersten (Basel) auf den Zweiten (YB) versprechen für die Endphase dieser Saison ungefähr so viel Nervenkitzel wie eine zweite Halbzeit in Sevilla bei 3:0-Führung der Gastgeber.

Die Tabellenspitze der Super League:

Den letzten Rest an Spannung hat die Liga mit der Ansetzung des Basler Nachholspiels in Lugano (Mittwoch, 13. April) zur christlichen Anspielzeit um 18.30 Uhr genommen, und jetzt fragt man sich höchstens noch gebannt, ob der amoklaufende Sion-Präsident Christian Constantin von Verband und Liga noch vor dem Kickoff am Sonntag um 16.00 Uhr aus dem Verkehr gezogen wird oder erst danach.

Der FCB müsste so oft verlieren wie seit 2009 nicht mehr

Von Ironie und gähnender Langeweile will Urs Fischer hingegen nichts wissen. «Hört auf damit!» entgegnete er nach Rückkehr in Basel am frühen Freitagabend den Journalisten, die ihn am Airport empfingen, «die Meisterschaft wird noch ein hartes Stück Arbeit.»

Wie man 14 Punkte noch verspielen soll, ist jedoch reichlich schleierhaft. Dazu müsste der FCB rein rechnerisch (und bei gleichzeitig makelloser Bilanz von YB oder GC) noch mindestens fünf weitere Spiele seiner verbleibenden 13 verlieren. Er käme dann auf insgesamt acht Niederlagen – etwas, was ihm über eine ganze Saison betrachtet zuletzt vor sieben Jahren passiert ist.

Vielleicht begegnet Fischer dieser Situation auch so übervorsichtig, weil es sein erster Meistertitel als Trainer wäre: «Ich glaube es erst, wenn es soweit ist.»

Das Restprogramm des FC Basel:

Der restliche Spielplan des FC Basel in der Übersicht.

(Bild: Screenshot sfl.ch)

Walliser Unappetitlichkeiten

Nach den unappetitlichen, von Christian Constantin orchestrierten Polemiken der vergangenen Tage darf man auf die Atmosphäre in Sion gespannt sein. Urs Fischer, der im Dezember eine herbe Viertelfinal-Niederlage nach Penaltyschiessen im Wallis wegstecken musste, ficht die Aufregung um die Schiedsrichter-Leistung in Bern und Constantin nicht an: «Wir werden sehen», sagt er nur, «das können wir nicht beeinflussen.»

Als Schiedsrichter wurde der Dienstälteste angesetzt: Nikolaj Hänni. Der 40-jährige Sarganser pfeift im Tourbillon sein 123. Super-League-Spiel, hat sich in der Vergangenheit beim FC Basel nicht immer nur Freunde mit seiner Spielleitung gemacht, zuletzt im August 2015 FCB-FCZ (3:1) ohne Beanstandung gepfiffen und war auch Unparteiischer beim diskussionslos verlorenen Cup-Final des FCB gegen Sion.

Das Fragezeichen hinter Lang: Der Club hat Vorrang

Während klar ist, dass Taulant Xhaka fehlt und seine letzte Spielsperre absitzen muss, steht das grösste Fragezeichen hinter Michael Lang. Der hat mit Aussenbandriss und Überdehnung am rechten Knöchel in Sevilla auf die Zähne gebissen. Schonung wäre eine Variante, dann müsste Fischer neben der Überlegung, Walter Samuel in der Innenverteidigung wieder Vorfahrt vor Hoegh zu geben, eine weitere Rochade vornehmen.

Denkbar wäre, dass Behrang Safari die Abwehrseite wechselt und für den Schweden auf links Adama Traoré zum Zug kommt.

Fischer weiss um die Bedeutung des Nationalmannschaftsaufgebots für Michael Lang so kurz vor der EM-Endrunde, macht aber auch klar: «Der Club steht an erster Stelle.» Gleiches gilt für Marc Janko, der in Sevilla einen schmerzhaften Stoss in die Nierengegend abbekommen hat.

» Zum Aufgebot der Nationalmannschaft und dem Verzicht auf Captain Gökhan Inler

Für die Test-Länderspiele der Schweiz am kommenden Freitag in Dublin gegen Irland und am Dienstag, 29. März, in Zürich gegen Bosnien-Herzegowina hat Nationaltrainer Vladimir Petkovic ausserdem Luca Zuffi, Breel Embolo und Renato Steffen nominiert.

«Sevilla aus den Köpfen bekommen»

Wie auch immer: Sion steht für Fischer unter dem Vorzeichen: «Ein schwieriges Spiel und wichtig für uns, um Sevilla aus den Köpfen zu bekommen.» Nach dem Verpassen der Champions League in Tel Aviv markierte das Wallis Mitte Dezember ein zweites Scheitern des FCB in dieser Saison: Das Ausscheiden im Schweizer Cup nach Elfmeterschiessen. «Auch das hat gewurmt», sagt Fischer, «kann man aber nicht mehr korrigieren.»

 

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