Mal vorsichtig geschätzt: Ein Medaillenregen wird es nicht

Sie glauben, die Schweizer haben keine Medaillenchancen bei der alpinen Ski-WM in Schladming? Das stimmt vielleicht, aber lassen Sie sich ein bisschen Hoffnung machen. Ausserdem: Was es sonst noch gibt vor dem ersten Rennen am Dienstag (11.00 Uhr, Start verschoben), dem Super G der Frauen.

Volunteer Petra presents the official gold, silver and bronze medals for the upcoming Alpine Skiing World Championships in Schladming, Austria, Monday, Feb. 4, 2013. The Championships will start Feb. 5 and lasts until Feb. 17, 2013. (AP Photo/Matthias Sch (Bild: Keystone/Matthias Schrader)

Sie glauben, die Schweizer haben keine Medaillenchancen bei der alpinen Ski-WM in Schladming? Das stimmt vielleicht, aber lassen Sie sich ein bisschen Hoffnung machen. Ausserdem: Was es sonst noch gibt vor dem ersten Rennen am Dienstag (11.00 Uhr, Start verschoben), dem Super G der Frauen.

Lindsey Vonn (USA), Aksel Lund Svindal (Nor) und Dominik Paris (I) in den Speed-Disziplinen; Mikaela Shiffrin (USA), Tina Maze (Slo) und Marcel Hirscher (Ö) in den technischen Bewerben – die Favoritenrollen für die Ski-Weltmeisterschaften in Schladming sind klar verteilt. Nur die Namen von Schweizer Skifahrern werden selten genannt, wenn es um die Vergabe von Gold, Silber und Bronze geht.

Die Sterne
5 = Hat da einer was von Krise gesagt?
4 = Wir überlassen doch den Österreichern nicht kampflos den Berg!
3 = Gut gewachst, liegt Bronze drin
2 = Glaube, Liebe, Hoffnung
1 = Lohnt nicht, den Skisack aufzumachen

Wen wundert’s. Vor allem die Männer (zusammen 696 Weltcup-Punkte) präsentierten sich im WM-Winter bislang in erbärmlicher Verfassung. In der Nationenwertung liegt die Schweiz abgeschlagen an siebenter Position. Dabei liegt die Latte, die es in Schladming zu überspringen gilt, niedrig: Eine einzige Medaille, Silber durch Didier Cuche in der Abfahrt, war die magere Ausbeute der letzten WM 2011 in Garmisch/Partenkirchen.

Können die 21 Schweizer Frauen und Männer in Schladming die Scharte von Garmisch auswetzen? Haben sich die Schweizer Skifahrer ihre Kräfte für die Weltmeisterschaft aufgehoben? Und wie sieht’s überhaupt mit den Medaillenchancen aus? Die Prognose unseres wohlmeinenden österreichischen Korresponenten.

SUPER G, Frauen | Di, 5. Februar

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Je höher das Tempo, desto besser die Medaillenchancen der Schweizerinnen. Zwar lässt der erste Saisonsieg im Super G noch auf sich warten, doch die Schweizerinnen sind in dieser Disziplin Stammgäste in den Top Ten. Fabienne Suter hinterliess in den vier Saisonrennen den stärksten Eindruck. Ein dritter Platz in St. Anton und ein vierter Rang in St. Moritz machen die 28-Jährige zur aussichtsreichsten Kandidatin auf einen Podestplatz. Nicht zu vergessen: Suter hat drei ihrer vier Weltcupsiege im Super G gefeiert.

SUPER G, Männer | Mi, 6. Februar

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Die WM-Generalprobe in Kitzbühel – der beste Schweizer Sandro Viletta wurde 29. – machte einmal mehr deutlich: Die Schweizer Speed-Spezialisten können das Tempo der Konkurrenz nicht mithalten. Die vier Super-G-Rennen in diesem Winter geben keinen Anlass für berechtigte Medaillenhoffnungen. Ein zehnter Platz durch Patrick Küng war das Höchste der Gefühle. Eine Medaille käme einem kleinen Wunder gleich.

SUPER-KOMBINATION, Frauen | Fr, 8. Februar

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Klar, alles blickt auf die grossen Damen des Skisports, Tina Maze, Lindsey Vonn und Maria Höfl-Riesch. Aber aufgepasst auf Lara Gut: Die Tessinerin hatte schon 2009 bei der WM in Val d’Isere als 17-Jährige die Konkurrenz verblüfft und überraschend in der Super-Kombination Silber geholt. Der fünfte Platz bei der einzigen Kombination des Winters in St. Moritz macht die 21-Jährige zur Medaillenkandidatin. Allerdings braucht Gut dafür eine ausgezeichnete Performance in der Abfahrt.

ABFAHRT, Männer | Sa, 9. Februar

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Von Bernhard Russi bis Pirmin Zurbriggen, von Peter Müller bis Bruno Kernen – die Liste der Schweizer Abfahrtsweltmeister ist lang, auch wenn der letzte Titel (1997. Kernen) längst verjährt ist. Ein Nachfolger scheint weit und breit nicht in Sicht, in den Abfahrten dieses Winters reichte es gerade einmal zu einem zehnten Rang von Didier Défago in Beaver Creek. Was Hoffnung macht? Vielleicht dass niemand die Schweizer auf der Rechnung hat; dass die Schweiz immer noch den amtierenden Abfahrtsolympiasieger (Défago) stellt; und dass bei Grossereignissen dann und wann auch Aussenseitern die grosse Stunde schlägt: Urs Lehmann, der Präsident von Swiss Ski, gewann in seiner Karriere ein Rennen. 1993 die WM-Abfahrt in Morioka.

ABFAHRT, Frauen | So, 10. Februar

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Zusammen mit dem Super G der Frauen die grösste Chance auf eine Schweizer Medaille. Gleich drei Läuferinnen fuhren in diesem Winter in der Königsdisziplin auf das Siegespodest: Marianne Kaufmann-Abderhalden (Lake Louise) und Nadja Kamer (Val d’Isere) reisen mit jeweils einem dritten Rang nach Schladming. Und Lara Gut sorgte eben in der Abfahrt von Val d’Isère für den bislang einzigen Schweizer Sieg in diesem Winter. Normalerweise sollte einer aus diesem Trio die Fahrt in die Top 3 gelingen.

SUPERKOMBINATION, Männer | Mo, 11. Februar

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Der Kreis der Medaillenanwärter ist riesig, und auch ein Schweizer darf sich dazuzählen. Carlo Janka mag zwar über weite Strecken der Saison enttäuscht haben, aber in der einzigen Superkombination stellte er seine Fähigkeiten als Allrounder unter Beweis. Der dritte Rang in Wengen – übrigens der einzige Podestplatz der Schweizer Männer in diesem Winter – macht den 26-Jährigen zu einem berechtigten Hoffnungsträger. Allerdings nur dann, wenn wie in Wengen einige Favoriten straucheln und auf der Strecke bleiben.

TEAMWETTBEWERB | Di, 12. Februar

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Sie & Er-Lauf wird der Mannschaftsbewerb mitunter verächtlich genannt, doch die Medaillen glänzen hier genauso wie in den Einzeldisziplinen. Der Charakter des Teamwettbewerbs – gefahren wird ein kurzer Parallel-Riesenslalom, je zwei Frauen und Männer am Start – ermöglicht auch nominell schwächeren Nationen die Chance auf den WM-Titel. In keinem anderen Rennen kann die Papierform so über den Haufen geworfen werden wie im Mannschaftsbewerb, bei dem eine gute Starttechnik genauso gefragt ist wie eine perfekte Aufstellung. Die Nationenwertung stempelt die Schweiz zwar nicht zum Favoriten, aber eine Goldmedaille ist durchaus möglich.

RIESENSLALOM, Frauen | Do, 14. Februar

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Zwei vierte Plätze durch Lara Gut und Dominique Gisin – das ist die Ausbeute in den Riesenslaloms der Saison. Die Schweizerinnen sind also auf Tuchfühlung zu den Medaillenrängen, die absoluten Top-Favoritinnen sind allerdings andere. Eine Ausgangsposition, die gar nicht einmal unbedingt die schlechteste sein muss.

RIESENSLALOM, Männer | Fr, 15. Februar

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Träumen ist zwar erlaubt, aber realistisch betrachtet ist die Chance auf Edelmetall gleich null. Die Top Ten waren für die Schweizer Rennläufer in diesem Winter mit einer einzigen Ausnahme (Défago war Fünfter beim Gletscherrennen in Sölden) eine Tabuzone, ansonsten fielen die Läufer meist nur durch horrende Rückstände auf. Negativer Höhepunkt: In Alta Badia verloren Marc Berthod und Carlo Janka in einem Durchgang auf Sieger Ted Ligety mehr als sieben Sekunden.

SLALOM, Frauen | Sa, 16. Februar

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Heimlich, still und leise hat sich Wendy Holdener in diesem Winter in der Slalom-Elite etabliert. Die 19-Jährige fährt in ihrer ersten Weltcup-Saison beständig unter die ersten 15 und überzeugte zuletzt bei der WM-Generalprobe im Parallelslalom von Moskau mit Rang vier. Für eine Medaille kommt die WM in Schladming vermutlich noch etwas zu früh, aber Holdener gehört in Slalom und Riesenslalom die Zukunft.

SLALOM, Männer | 17. Februar

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Markus Vogel lässt zwar immer wieder mit starken Teilzeiten aufhorchen, doch der sechste Platz im Slalom von Madonna di Campiglio war ein einmaliger positiver Ausrutscher. Doch im Slalom sind schon etliche Sensationen passiert, auch wenn Überraschungs-Weltmeister à la Urs Lehmann doch eher die Ausnahme bilden.

42. Ski-WM in Schladming

Zum neunten Mal finden alpine Ski-Weltmeisterschaften in Österreich statt. In Schladming haben die Gastgeber noch etwas gutzumachen: Die verregneten Titelkämpfe 1982 sind die schlechtesten von der Medaillenausbeute her (einmal Gold und Bronze).
50 Zentimeter Neuschnee im Startbereich der Planai fielen übers Wochenende, im Zielbereich regnete es. 240 Arbeiter machten sich am Montag auf der Strecke zu schaffen, und das Bundesheer hat sein Kontingent verdoppelt. Für den Super G am Dienstag ist in der Steiermark Sonnenschein vorhergesagt.
180‘000 Tickets haben die Veranstalter bisher verkauft, 10‘000 für den Frauen-Super-G am Dienstag, das Doppelte für Mittwoch und den Männer-Super-G. Jeweils 30‘000 Tickets werden für die elf Wettbewerbe angeboten; Abfahrt, Riesenslalom und Slalom der Männer sind so gut wie ausverkauft.
Mit einer Neuerung wartet der übertragende Sender ORF auf: In der zweiten Woche werden einzelne Fahrer mit einer wenige Gramm schweren Kamera am Helm fahren und damit Livebilder aus neuer Perspektive bieten.

Die Eröffnungsfeier wird am Montag, 4. Februar, von 18.20 Uhr an in ORF1 gezeigt. «Terminator» Arnold Schwarzenegger und «Herminator» Hermann Maier präsentieren das Gastgeberland, dazu treten ein paar Lipizzaner auf und einige der Helden-Barden der Alpenrepublik, so Wolfgang Ambros mit – «Skifoan».

Das Programm von Dienstag, 5. Februar bis Sonntag, 17. Februar.
Der Stand im Ski-Weltcup – alle Sieger und Platzierten des Winters.
Der ewige WM-Medaillenspiegel – mit der Schweiz, festgenagelt auf Platz 2.
Die erfolgreichsten Teilnehmer aller Weltmeisterschaften.

Das Aufgebot von Swiss Ski
Männer (13 Fahrer): Marc Berthod (Jahrgang 1983, St. Moritz), Gino Caviezel (1992, Beverin GR), Didier Défago (1977, Morgins VS), Carlo Janka (1986, Obersaxen GR), Marc Gini (1984, Valbella GR), Marc Gisin (1988, Engelberg OW), Patrick Küng (1984, Obstalden GL), Vitus Lüönd (1984, Sattel SZ), Reto Schmidiger (1992, Hergiswil NW), Sandro Viletta (1986, La Punt GR), Markus Vogel (1984, Beckenried NW), Ramon Zenhäusern (1992, Visp), Silvan Zurbriggen (1981, Brig).

Frauen (8 Fahrerinnen): Fränzi Aufdenblatten (1981, Zermatt/Zürich), Dominique Gisin (1985, Engelberg), Michelle Gisin (1993, Engelberg), Lara Gut (1991, Comano TI/Arth SZ), Wendy Holdener (1993, Unteriberg SZ), Nadja Kamer (1986, Schwyz), Marianne Kaufmann-Abderhalden (1986, Krinau SG), Fabienne Suter (1985, Sattel). (cok)

Wie der Steirer sich einstimmt auf seine WM – das Video von der Homepage:

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