Manchester steht unter enormem Erfolgsdruck

Die «roten Teufel» haben zuletzt einen Dämpfer gegen Shaqiris Stoke City hinnehmen müssen. Trainer José Mourinho gibt sich vor dem Spiel gegen die Gäste aus Basel demonstrativ gelassen.

Mann für grosse Gesten: José Mourinho weiss, wie man den Gegner auch abseits des Platzes an der Nase herumführt. (Bild: EPA/PETER POWELL)

Selbstverständlich war das kein Zufall. Während sich Manchester United vor der Zweitrundenpartie der Premier League in Swansea aufwärmte, nutzte José Mourinho die Gelegenheit, um eine Botschaft an die Konkurrenz zu senden. Medienwirksam legte er vor den Augen und den Kameras der Medienleute zwei Finger auf seine Lippen – und führte sie langsam und wie in Zeitlupe in einem hohen Bogen von sich weg. Durch den Mund stiess er genüsslich Luft aus, die Augen hatte er halb geschlossen. Das Rauchen einer imaginären Zigarre sollte zeigen: alles easy bei ManUnited.

Der Premier League geht es bei der Produktion vorwiegend darum, dem Publikum rund um das Spiel ein unterhaltsames Paket aus Geschichten zu schnüren. Jede Anekdote, die über die Dramaturgie der Partie hinausgeht, ist herzlich willkommen. Und Mourinho kennt das Geschäft, der Portugiese absolviert seine neunte Saison auf der Insel, seine zweite bei Manchester United.

Seit dem Startschuss Tabellenführer

Die Partie in Swansea gewann Mourinhos Team ebenso, wie es den Heimauftakt gegen West Ham mit 4:0 gewonnen hatte. Vom Start weg haben sich die Red Devils an der Spitze der Premier League eingenistet. Einen leichten Dämpfer gab es am vergangenen Wochenende gegen Xherdan Shaqiris Verein Stoke City (2:2).

Xherdan Shaqiri und seine «Potters» von Stoke City konnten Manchester United als bislang einziges Team ein Bein stellen.

Dem FC Basel sollte dieses Missgeschick den Mut verleihen, am Dienstag (20.45 Uhr) im ersten Spiel der Gruppenphase keinesfalls als Bittsteller im Old Trafford anzutreten – zumal der Favorit wegen Spielsperren mit Eric Bailly und Phil Jones auf seine nominell beste Innenverteidigung verzichten muss. 

Rekordmeister ohne Köningsklasse: Eine schmerzhafte Erfahrung

644 Tagen ist es her, seit Manchester United seine letzte Begegnung in der Champions League bestritt. In der vorletzten Saison scheiterte der ruhmreiche Klub als Tabellendritter hinter Wolfsburg und Eindhoven bereits in der Gruppenphase der Königsklasse. Und in der abgelaufenen Saison war der englische Rekordmeister lediglich in der Europa League vertreten, dort allerdings mit Erfolg: Manchester krallte sich den Titel.

Dennoch: Die Schmach, 21 Monate lang in der Königsklasse nur zugeguckt zu haben, war für die Mancunians im roten Teil der Stadt eine schmerzhafte Erfahrung. 

Die abgelaufene Spielzeit beendete Manchester auf Platz 6, nur der Gewinn der Europa League katapultierte das Team noch in die Königsklasse. Doch was war, ist Vergangenheit: Mit der Mannschaft der letzten Saison hat das aktuelle Aufgebot von Machester United bloss noch einige Spieler gemeinsam; die Leistung allerdings, die ist signifikant gestiegen. 

Pogba aus dem Dornröschenschlaf erwacht

Nach wie vor mischt etwa Superstar Paul Pogba mit, seine Produktivität unterscheidet sich jedoch markant von den Auftritten aus der vergangenen Spielzeit. Den Ballast der Ablösesumme von 105 Millionen Euro konnte der französische Mittelfeldspieler zunächst nicht ablegen. Das Etikett des teuersten Profis der Welt stellte ihn ins Zentrum der Öffentlichkeit; erst Neymars Wechsel für 222 Millionen Euro von Barcelona nach Paris nahm ihn aus dem Schaufenster.

Hinter diesem Weltrekordtransfer konnte Manchester United die eigene Planung im Sommer ohne allzu grosses Aufsehen vorantreiben. In seiner Debütsaison im Nordwesten Englands hat Mourinho das Team zurück ins Gleichgewicht gebracht und nun in der Vorbereitung wieder zu einem gefürchteten Gegner geformt. Einen wesentlichen Anteil daran hat sein Lieblingsschüler Nemanja Matic im Mittelfeld, den Mourinho von seinem ehemaligen Arbeitgeber Chelsea losgeeist hatte. 

Zwischentief nach Fergusons Abgang scheint überwunden

Zwischenzeitlich war die Balance bei den «Red Devils» nach dem Rücktritt von Sir Alex Ferguson im Sommer 2013 gänzlich verloren gegangen, die kurzen Intermezzi mit den Nachfolgern David Moyes und Louis van Gaal brachten dem Verein oft mehr Irritationen als Punkte. 

Louis van Gaal verpasste der Mannschaft immerhin eine Statik, auf der Mourinho aufbauen konnte. Dem Holländer gelang es ausserdem, das heimische Nachwuchstalent Marcus Rashford (19) bei den Profis zu etablieren. Rashford gilt zusammen mit Harry Kane von den Tottenham Hotspurs als einer der Himmelsstürmer im englischen Fussball.

So gross und so stark: Marcus Rashford (links) und Romelu Lukaku.

Die Verantwortung fürs Torschiessen kann Rashford bei United trotzdem mitunter auf Romelu Lukaku abladen, der jüngst für knapp unter 100 Millionen Euro aus seinem Vertrag beim FC Everton herausgekauft wurde. Insgesamt unterstützte der Verein die Vorhaben Mourinhos seit dessen Amtsantritt mit Ablösezahlungen im Wert von ungefähr 350 Millionen Euro. 

Eine Mannschaft mit physischer Resistenz

Das Geld setzte der streitbare Portugiese gezielt für Transfers ein, die sich nahezu ausschliesslich auch als Verstärkungen erweisen sollten. Die aktuelle Mannschaft definiert sich, wie üblich unter Mourinho, über eine strukturierte Abwehrarbeit und physische Resistenz. Für Glanzmomente in der Offensive setzt Mourinho dann meist auf die individuelle Qualität der vorhandenen Einzelkönner. Mit dem momentan am Kreuzband verletzten Zlatan Ibrahimovic hat ManUnited eine weitere Option für die Rückrunde in Aussicht.

https://tageswoche.ch/sport/vielleicht-geht-ja-doch-noch-etwas-auf-dem-transfermarkt-streller-vor-dem-spiel-in-manchester/

Um in Old Trafford zu bestehen, gilt es für den FC Basel, sich von der Atmosphäre keinesfalls einschüchtern zu lassen. Die Red Devils sind in der Bringschuld, für ihr eigenes Selbstverständnis auf Anhieb ein Resultat zu erzielen, das international den Eindruck vermittelt: alles easy bei Manchester United.

» Die Ergebnisse und die Tabelle der Premier League nach dem vierten Spieltag.

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