Im trüben Schalker Herbst 2013 sorgt Maximilian Meyer für Hoffnungsschimmer. Das 18-jährige Talent hat sich beim Gegner des FC Basel in der Champions League in die Herzen der Fans gedribbelt – und das, obwohl er einige Tabus der königsblauen Glaubensgemeinde bricht.
Als in der Arena auf Schalke zum letzten Mal so richtig Freude herrschte, hatte das auch mit einer Botschaft zu tun, die dem Schalker Publikum mit Hilfe eines eigens produzierten Filmchens überbracht worden ist. Stolz verkündete der Club am ersten Dezemberwochenende vor der Partie gegen den VfB Stuttgart auf seinem Videowürfel, dass der Vertrag mit Maximilian Meyer bis 2018 verlängert worden sei. Die Fans jubelten, und beflügelt von der guten Nachricht siegte die Mannschaft 3:0.
Die Champions-League-Partie am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen den FC Basel ist noch nicht ausverkauft. Für die bei internationalen Begegnungen 54’442 Plätze bietende «Veltins-Arena» bot Schalke 04 am Montag noch Restkarten an. An den FCB gingen auf dem offziellen Weg rund 2500 Tickets. Es wird aber damit gerechnet, dass deutlich mehr FCB-Fans die Mannschaft nach Gelsenkirchen begleiten werden.
Als Manager Heldt später auch noch schilderte, er könne «viele Jahre sehr gut schlafen», wenn er an die vertraglich vereinbarten Ausstiegsoptionen denke, war die Genugtuung umso grösser. Meyer wird noch lange für Schalke 04 spielen oder viel Geld einbringen, und das gefällt den Schalkern beinahe so gut, wie die leichtfüssigen Darbietungen des 18-Jährigen auf dem Rasen.
Meyer ist derzeit der Gelsenkirchener Sonnenschein. «Wenn man sieht, was er bewegt, ist das für sein Alter sehr enorm», sagt beispielsweise Trainer Jens Keller. «Max ist ein Typ, der macht sich keine Platte, der geht da ran und spielt einfach unbekümmert auf». Alleine diese Haltung macht den Teenager unermesslich kostbar im betrübten Gesamtklima. Manager Horst Heldt schwärmt von einem «begnadeten Spieler», der «immer eine Lösung nach vorne» suche, «nicht auf Sicherheit spielt» und eine «atemberaubende Entwicklung» hinter sich habe.
Es existieren bereits bleibende «Meyer-Momente»
Das sind grosse Worte über einen 1,73 Meter kleinen Fussballer, der in der Bundesliga erst seit wenigen Wochen zum Stammpersonal gehört. Er pausiert aufgrund seines Alters und seiner Fähigkeit, eine Partie als Einwechselspieler zu prägen, immer mal wieder. Insgesamt hat Meyer 17 Bundesligaspiele bestritten, hinzu kommen sieben Einsätze in der Champions League.
Umso erstaunlicher, dass bereits ganz besondere Meyer-Momente existieren, die kein Schalker so schnell vergessen wird. Im wohl wichtigsten Spiel der vergangenen Monate, als es in Saloniki um die Teilnahme an der Champions-League ging, wurde Meyer in der 61 Minute eingewechselt, spielte eine prächtige Vorlage zu Julian Draxlers kostbarem 1:2, und musste in der 70. Minute wieder ausgetauscht werden. Ein Platzverweis von Jermaine Jones machte diese taktischen Massnahme unumgänglich.
Mit 16 Jahren Meister bei der U19
Vor wenigen Wochen war Schalke praktisch chancenlos gegen den BVB. Bis Max Meyer kam. «Der hat richtig Betrieb gemacht, hat sich intelligent zwischen den Ketten bewegt», sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp danach. Meyer traf zum 1:2, für einen Moment schien es, als sei ein völlig unerfahrener Kerl in der Lage, den Verlauf des Revierderbys auf den Kopf zu stellen.
Nach diesem Spiel tobten wilde Gerüchte von interessierten Grossclubs wie dem Chelsea FC, die hohe Millionensummen bieten. Aber da war die Vertragsverlängerung auf Schalke schon längst in Arbeit. Den Abschluss hinzubekommen war ein hartes Stück Arbeit für den Manager. Denn Meyer, der Schalkes U19 vor 17 Monaten als 16-Jähriger zum deutschen Meistertitel schoss, wurde zwar im Ruhrpott, in Oberhausen geboren, er hat aber kein königsblaues Herz.
Als er 2009 vom MSV Duisburg in eine renommiertere Jugendabteilung wechseln sollte, war Mönchengladbach seine erste Wahl. «Da kannte ich mehr Spieler», sagt er. Ausserdem scheut er sich nicht, zuzugeben, dass er als Kind Bayern-Fan war und sein Vorbild Mario Götze ist. Das sind gleich mehrere Tabus für überzeugte Mitglieder der königsblauen Glaubensgemeinde.
Der Vergleich mit Messi
Meyer landete dann doch auf Schalke, und er erzählt seine Geschichte genauso unbekümmert, wie er die gegnerischen Verteidiger umspielt. Als er im Sommer 2012 nach Deutschlands zweitem Platz bei der U17-EM zum Spieler des Turniers gewählt wurde, fühlten sich viele Beobachter an Lionel Messi erinnert.
Belastet haben ihn solche Vergleiche bisher nicht. «Ich spiele einfach frei auf, ich kann diese Sachen meistens ausblenden.», sagt er. Horst Heldt hat festgestellt: «Er tritt nicht wie Graf Koks auf.» Bodenständigkeit scheint eine wichtige Komponente in Meyers Erfolgskonzept zu sein, und das ist ziemlich hilfreich, wenn einem die Rolle als Lichtblick im trüben Schalker Herbstgemälde zufällt.