Mit den Millionen der Uefa enteilt der FCB der heimischen Liga

Allein seit 2008 hat der FC Basel für seine Europacup-Einsätze von der Uefa über 47 Millionen Euro an Prämien erhalten. Doppelt so viel wie alle anderen Schweizer Clubs zusammen. Das kann für die Liga zum Problem werden.

(Bild: Daniel Holliger)

Allein seit 2008 hat der FC Basel für seine Europacup-Einsätze von der Uefa über 47 Millionen Euro an Prämien erhalten. Doppelt so viel wie alle anderen Schweizer Clubs zusammen. Das kann für die Liga zum Problem werden.

Schnapsidee! Der Ton in der deutschen Bundesliga wurde letzte Woche wieder einmal etwas rauer. Wie eigentlich immer, wenn der FC Bayern München das Gefühl hat, jemand wolle ihm etwas wegnehmen, und Präsident Karl-Heinz Rummenigge (Kosename «Killer-Kalle») die Verteidigung übernimmt.

Diesmal war es Heribert Bruch­hagen, der Rummenigge in Rage brachte. Der Vorstandsvorsitzende der Eintracht aus Frankfurt hatte sich via «Sport Bild» Gedanken darüber gemacht, wie sich jene Gelder auf die deutsche Liga auswirken, die der ­europäische Fussballverband Uefa an die in der Champions League spielenden Clubs verteilt.

Mit Blick auf die rund 55 Millionen Euro, die die Bayern für ihre letzte Saison in der Champions League von der Uefa überwiesen erhalten haben, erkannte Bruchhagen eine Gefahr für die Ausgeglichenheit der Bundesliga. Also forderte er eine – kaum realisierbar scheinende – Solidaritäts­ab­gabe der international erfolgreichen Clubs an die nationale Konkurrenz: «Vereine wie Bayern müssten Teile der Champions-Lea­gue-Gelder an ihre Ligen abgeben.»

Auch die Super League kann aus der Balance geraten

An der Schweiz zieht die Diskussion praktisch spurlos vorüber, obwohl auch die Super League durch die Millionen aus der Champions League aus der Balance geraten könnte.

Natürlich bäckt der FC Basel im Vergleich mit den Bayern kleine Brötchen. Doch mit der erfolgreichen Qualifikation für die Champions League haben die Basler zum fünften Mal den Geldstrom der Uefa angezapft. 8,6 Millionen Euro beträgt die Antrittsgage in der Gruppenphase, dazu kommen die 2,1 Millionen, die der FCB für die gespielte Playoff-Runde erhält.

Knapp 13 Millionen Franken an Prämien der Uefa haben die Rotblauen für diese Saison bereits auf sicher. Das ist die Hälfte des durchschnittlichen Budgets eines Schweizer Super-League-Clubs. Dieses wird von der Swiss Football League bei 26 Millionen Franken angesiedelt.

Die Waage neigt sich immer weiter in Richtung FCB

Die Ticketeinnahmen während der Champions League mit eingerechnet kommt der FCB auf einen Brutto-Gewinn von rund 20 Millionen Franken. Das ist mehr, als so mancher Club in der höchsten Schweizer Liga während einer ganzen Saison einnimmt.

Der warme Geldregen der Uefa ist für die Basler schon beinahe zur Gewohnheit geworden. Seit 2002 wurden den Baslern Prämien in der Höhe von 61,5 Millionen Euro überwiesen. In derselben Zeitspanne erhielten alle anderen Schweizer Clubs zusammen 33,1 Millionen Franken. Und die Waage neigt sich in den letzten Jahren immer ­weiter in Richtung FCB.

Angesichts der zuletzt vier Basler Meistertitel in Serie wirkt es beinahe wie ein geschlossener Kreislauf: Der FCB verdient international viel mehr Geld als die Schweizer Konkurrenz, leistet sich damit die teuerste Mannschaft des Landes, die ihm na­tio­nale Erfolge bringt und damit die Chance auf weitere Millionen aus der Champions League, mit denen er sich wieder teure Spieler leisten kann, deren Transferwert sich bei starken Leistungen auf europäischer Bühne noch zusätzlich erhöht.

Trotzdem sieht von den neun Basler Konkurrenten in der Super League nur der FC Aarau ein ernsthaftes Problem auf die Liga zukommen, sollte sich der FCB weiterhin regelmässig für die Champions League qualifizieren (siehe Umfrage unten).

Alle anderen loben die gute Basler Arbeit und betonen, wie wichtig die internationalen Erfolge des FCB für den Schweizer Fussball seien. Tatsächlich hat Basel seit 2002 über die Hälfte der Schweizer Punkte für den sogenannten Uefa-Koeffizienten gewonnen, der darüber bestimmt, wie viele Startplätze ein Land in europäischen Wettbewerben erhält.

Viermal mehr Punkte als der nächstbeste Club hat der FCB seit 2002 für den Schweizer Uefa-Koeffizienten gesammelt.

In den gesammelten Punkten für den Schweizer Koeffizienten sieht Bernhard Heusler denn auch den Solidaritätsbeitrag, den sein Club für die anderen Clubs leistet. «Ohne die Punkte des FCB läge die Schweiz in der Uefa-Tabelle nicht auf Platz 13 – sondern irgendwo bei Rang 27 oder 28», rechnet der FCB-Präsident vor.

Ein Zug ohne Lokomotive

Die Prämien, die sein Club in der Champions League verdienen kann, sind für Heusler keine Gefahr für die Ausgeglichenheit der heimischen Liga, sondern im Gegenteil unverzichtbar: «In einem Land, in dem die Vereine kaum Geld durch die TV-Vermarktung erhalten, brauchen die Spitzenclubs die Uefa-Prämien, um nachhaltig auf einem gewissen Niveau zu bleiben, das weitere Erfolge auf europäischer Bühne erlaubt.»

Für den aktuellen Uefa-Koeffizienten, mit dem die Schweiz die Nummer 13 in Europa ist, hat der FCB über die Hälfte der Punkte gesammelt.

Der Idee, die Uefa solle ihre Prämien an die Ligen auszahlen, die sie dann gerecht unter allen Vereinen aufteilen, kann Heusler nichts abgewinnen: «Wenn wir das Geld nach dem Giesskannenprinzip verteilen, haben wir irgendwann einen Zug ohne Lokomotive.»

Es ist dieselbe Argumentation wie jene der Swiss Football League. Zwar erkennt Pressesprecher Philippe Guggisberg in den Zahlungen der Uefa durchaus Gefahren: «Die Prämien der Champions League stehen in keinem Verhältnis zu den sonstigen Einnahmequellen in der Super League.» Aber er betont fast im selben Atemzug, wie wichtig ein Aushängeschild für den Schweizer Fussball sei: «Es braucht jemanden, der zieht, der auch Ansporn ist für die anderen.»

Das Geld kann auch versickern

Da ist er ganz bei Claudius Schäfer, CEO der Liga, der vor Saisonstart zwar anerkannte, die finanzielle Diskrepanz sei «für die anderen Mannschaften natürlich im nationalen Wettbewerb nicht einfach», der aber auch festhielt: «Mit den Einnahmen aus der Champions League muss man auch umgehen können.»

Das war in der Schweiz nicht immer der Fall. Die Grasshoppers stürzten in finanzielle Schwierigkeiten, obwohl ihnen die Champions League in den Neunzigern über 15 Millionen Franken eingebracht hatte. Der FC Thun sicherte sich 2005 neun Millionen Euro an Prämien und stieg danach gar ab. Und der FC Zürich, der in den vergangenen fünf Saisons immerhin 16 Millionen Euro erhalten hat, kämpfte zuletzt mit roten Zahlen.

Der FCB dagegen, stellt Präsident Heusler fest, habe sich derzeit «auf einem hohen Niveau stabilisiert». Das ist schön für die Basler. Für die Liga wird es dann zum Problem, wenn die Meisterschaft zur Monokultur wird. Vier Basler Meistertitel in Serie sprechen dafür, dass das geschehen könnte, drei Punkte Rückstand des FCB auf Leader YB in der laufenden Saison derzeit noch dagegen.

Umfrage unter den Konkurrenten des FC Basel
Hat die Super League ein Problem, wenn sich der FC Basel regelmässig für die Champions League qualifiziert, weil mit den verdienten Uefa-Prämien die Stärkeverhältnisse in der Liga zementiert werden?

FC Zürich
Ancillo Canepa, Präsident: «Dass der FC Basel dank seinen sportlichen Erfolgen auf europäischer Ebene wesentliche Mehreinnahmen generieren kann, verdient unsere volle Anerkennung. Natürlich katapultiert er sich damit finanziell in eine einsame Höhe. Aber, und das beweisen auch unsere drei Titel in den vergangenen sieben Jahren: Geld allein kauft keine Titel. Wir vom FCZ müssen versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten optimale Arbeit zu leisten und die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht zu verlieren.»

FC Aarau
Roger Geissberger, Vize-Präsident: «FCB-Erfolge sind gut für den Schweizer Fussball und das Renommee. Nicht aber für die Liga, weil der FCB die Konkurrenz mittels seiner monetären Ressourcen schwächen und mitten in der Saison die besten Spieler der Konkurrenz kaufen kann. Diese Entwicklung schwächt die Konkurrenzfähigkeit der anderen Clubs und ist für den Verlauf der Meisterschaft sehr negativ.»

Grasshoppers
Dragan Rapic, Sportchef: «Sportlich ist ein gutes Abschneiden des FCB für die Schweiz und den Uefa-Koeffizienten extrem wichtig. Betrachtet man die regelmässige Teilnahme des FCB an der Champions League aus finanzieller Sicht, ist allerdings eine Zementierung in diesem Bereich nicht wegzudiskutieren. Sie zwingt die Konkurrenz dazu, noch besser zu arbeiten, um auf dem Platz konkurrenzfähig zu bleiben.»

FC Luzern:
Thomas Schönberger, CEO: «Ich sehe es als Glücksfall, wenn die Super League regelmässig einen Vertreter in der Champions League hat. Nur so wird der Schweizer Fussball in ­Europa und gar darüber hinaus wahrgenommen. Seit einigen Jahren holt der FCB die meisten Punkte in der Uefa-Wertung. Auch davon profitieren wir anderen Clubs.»

Lausanne-Sport
Alain Joseph, Präsident: «Es ist in der heutigen Zeit so, dass wer besser ist auch mehr bekommt. Diese Spielregel muss man akzeptieren. Basel verdient mit guten Leistungen, was es erhält. Diese Einnahmen werden dem FCB helfen, immer stärker zu werden. Aber glücklicherweise garantiert Geld nicht alles.»

FC Sion
Nicolas Pillet, Pressechef: «Europäische Erfolge des FCB verbessern das Image des Schweizer Fussballs. Aber die Gefahr besteht, dass sich ein finanzieller Graben auftut, der nicht gut ist für die Ausgeglichenheit der Liga. Eine Möglichkeit wäre, mehr Prämien an jene Clubs zu zahlen, die junge Talente spielen lassen. So wie es derzeit Sion tut.»

FC St. Gallen
Daniel Last, Pressechef: «Der FCB hat massgeblich dazu beige­tragen, dass der Stellenwert der Schweizer Clubs international gestiegen ist. Dass er durch die Mehreinnahmen ­finanziell in einer eigenen Liga spielt, ist Fakt. Aber dies sollte vielmehr ­Ansporn für die anderen Clubs sein als Grund zu lamentieren.»

FC Thun
Andres Gerber, Sportchef: «Der FC Basel hat sich diese Einnahmen erarbeitet. Eine problematische Entwicklung für den Schweizer Fussball sehe ich darin nicht. Der FCB muss ja jedes Jahr auch viel Geld investieren, um dieses Niveau zu halten. Er hat also grosse Einnahmen, aber auch grosse Ausgaben.»

Young Boys
Albert Staudenmann, Pressechef: «Neid wäre völlig fehl am Platz. Vielmehr sollte der FC Basel für die anderen Vereine ein Ansporn sein. Und man darf nicht vergessen, dass die Schweiz im Uefa-Ranking in erster Linie dank den Baslern derart gut platziert ist.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 30.08.13

Der Punkteabstand zu YB wurde am 3. September 2013 angepasst – von sechs auf drei.

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