Monsieur Yakin gibt sich souverän

Nach dem Interview des Sportdirektors am Sonntag ist vor dem Cup-Viertelfinal in Le Mont am Mittwoch: FCB-Trainer Murat Yakin lässt die Aufregung um seine Person an sich abperlen und zieht sich auf seine Formel zurück: «Ich habe es eigentlich schlimmer erwartet.». Aber was könnte brenzliger sein als eine Trainerdiskussion?

26.11.2013 Basel Fussball Herren Champions League Saison 2013/2014 St.Jakob Park FC Basel - FC Chelsea Bild zeigt Coach Murat Yakin/ Praesident Bernhard Heusler (FC Basel) Foto (c) Anton Geisser (Bild: Anton Geisser)

Nach dem Interview des Sportdirektors am Sonntag ist vor dem Cup-Viertelfinal in Le Mont am Mittwoch: FCB-Trainer Murat Yakin lässt die Aufregung um seine Person an sich abperlen und zieht sich auf seine Formel zurück: «Ich habe es eigentlich schlimmer erwartet.». Aber was könnte brenzliger sein als eine Trainerdiskussion?

Um es vorweg zu nehmen: Murat Yakin findet nichts, was gegen ihn gerichtet wäre. Die Wellen, die ein Interview mit Sportdirektor Georg Heitz in der «NZZ am Sonntag» geworfen hat, prallen am FCB-Trainer ab. «Er hat nichts Falsches gesagt», sagt Yakin zwei Tage später, «es kommt darauf an, was jemand herausliest.»

Gesagt hat Georg Heitz unter anderem:

«Man sollte aber nicht alles auf den Trainer reduzieren – wenn’s gut läuft nicht, und wenn’s schlecht läuft nicht. Der Trainer ist wichtig, aber nicht alles.»
«Überraschend ist einzig, dass Murat Yakin so viel Erfolg hat.»
«Wir müssen nicht Ringelreihen tanzen und einander spüren. Fussball kann knallhart sein.»
«Yakin bleibt Yakin – mit allen Stärken und Schwächen.»

Vom Störgeräusch zur Kakophonie

Diese und weitere kluge Sätze hat Heitz zur Situation beim FC Basel gesagt. Und in dem Interview Stellung bezogen zu den Spekulationen und Einschätzungen. Was er auch gesagt hat zur aktuellen Gemengelage: Diese Saison sei ungewöhnlich, «weil sich viele Spieler anonym in den Medien beklagen».

Spieler, von denen der Trainer verlangt, «dass sie Vollgas geben und mit Herzblut für den FCB dabei sind».

Aus Gesprächen mit Spielern hat auch die TagesWoche bei einer Lagebeurteilung Ende Oktober geschöpft: Unter dem Titel «Störgeräusche auf der Erfolgswelle» wurden Vorbehalte gegen den Erfolgstrainer und seine Distanz zum Team thematisiert, eine «latente interne Unzufriedenheit, die etwas Diffuses hat». Aus den Störgeräuschen ist im Schweizer Medienorchester eine veritable Kakophonie geworden.

Unterdessen eilt der FC Basel, von ein paar Unentschieden abgesehen, weiter von Erfolg zu Erfolg. Und Murat Yakin stellt sich alle drei Tage den Medien. Er macht das wie ein Monsieur, auch nach den Schlagzeilen vom Tag, vom Vortag, vom Sonntag. Das gehört zum Job, der siebenstellig versilbert wird.

«Ohne Risiko gewinnt man nichts»

Am Dienstag ging es bei der obligatorischen Medienrunde erst einmal ausführlich um den Cup-Viertelfinal und das Spiel am Mittwoch beim Erstligisten Le Mont (19.30 Uhr, Ticker bei der TagesWoche und Livebilder bei football.ch). Murat Yakin wird sein Team ungeachtet der Tatsache, dass die Young Boys kürzlich bei den Romands mit Pauken und Trompeten 1:4 untergingen, auf etlichen Positionen umstellen, er kündigt «Überraschungen» in der Startelf an und sagt: «Ich liebe das Risiko. Ohne Risiko gewinnt man nichts.»

Dass Gefahren lauern in Le Mont sur Lausanne, auf 700 Metern, wo den FCB ein gefrorenes, unebenes Terrain und ein mit Super-League-Erfahrung gespickter Gegner erwartet, sieht Yakin wohl. Aber von seiner Mannschaft wird eh lediglich erwartet, dass sie weiterkommt. Danach folgen noch drei Highlights im ausklingenden Fussballjahr und dafür will er ein paar Stammkräfte schonen.

«Anerkennung lenkt ab, das stört nur»

Nach Le Mont kommt die Sprache auf ihn, den Trainer, das Interview, die Aufregung. Ob ihn das Interview gestört habe? Das Medienecho darauf?
«Ich kann kommentieren, was sportlich läuft», sagt Yakin, «wir sind gut drauf, sind Tabellenführer und in der Champions League dabei – besser kann es gar nicht laufen. Alles andere kann ich nicht kommentieren.»

«Was geschrieben wird, müssen wir ausblenden», sagt Yakin und erklärt, warum er in dieser Phase keine Interviews gibt: «Irgendetwas kann immer falsch verstanden werden.»

Ob er irritiert ist, dass die Clubleitung sagt, sie sei überrascht vom Erfolg mit dem Trainer Yakin?
«Ich habe es so gelesen, wie ich es verstehen muss», sagt Yakin etwas kryptisch dazu. Man müsse am besten noch einmal Georg Heitz fragen: «Er ist mein Chef, er darf sagen was er will.»

Ins Grübeln kommt er bei der Frage, ob ihm die Chefs ausreichend Anerkennung angedeihen lassen: «Das ist noch eine interessante, spannende Frage», sagt er und findet: «Anerkennung lenkt ab, das stört nur.»

«Wir haben das nötige Vertrauen»

Das hat er schon vor sieben Wochen in der Zeitung «Schweiz am Sonntag» so formuliert. In einem Gespräch, das ebenso interessant ist wie jenes von Heitz am Sonntag in der NZZ. In dem der Sportdirektor eines zwischen den Zeilen transportierte: Dass sie beim FC Basel nicht mehr bereit sind, ihren Trainern einen Sockel für ein Denkmal aufzustellen.

So wie das oftmals praktiziert wird im Fussball-Business. Ehe diese Denkmäler nach zwei Niederlagen ohne mit der Wimper zu zucken wieder gestürzt werden. Wenn diese Trainer nicht schon vorher mit dem nächsten verlockenden Angebot weitergezogen sind.

Murat Yakin hat am Dienstag oft das Wort Vertrauen in unterschiedlichen Zusammensetzungen gebraucht:
«Wir haben das nötige Selbstvertrauen», sagt er über seine Mannschaft.

«Man muss nicht jedes Detail kommentieren, solange ich das nötige Vertrauen spüre von Präsident und Sportdirektor.» Bernhard Heusler kennt Yakin seit zehn Jahren, Georg Heitz seit 20. Der ehemalige Journalist ist Mitverfasser einer Biografie über die Yakin-Brüder. «Wir haben das nötige Vertrauen», sagt Yakin, «und wir wissen, was wir zu tun haben.»

All die Nachfragen lässt Murat Yakin scheinbar an sich abperlen. Mit der ihm eigenen Gleichmütigkeit, der Yakinschen Höflichkeit und Souveränität, die manchmal gar nicht so souverän wirkt. Seit Wochen zieht er sich irgendwann auf eine Formel zurück: «Ich habe es eigentlich noch schlimmer erwartet.»

Was könnte schlimmer sein als eine Trainerdiskussion?

Was könnte denn noch schlimmer sein als eine Diskussion um den Trainer? Auch wenn sie primär von aussen geführt wird und sich vielleicht nicht ganz so dramatisch darstellt, wie es die «Basler Zeitung» tut. Von Innen wird dezidiert nicht Gegensteuer gegeben: «Wir haben vier wichtige Spiele vor der Brust, der Club muss seine ganze Energie darauf verwenden. Es gibt auch kein Machtwort zu sprechen, weil ich keinen Anlass sehe», hat Bernhard Heusler dem «Blick» gesagt, «und wenn, dann würde ich das nicht öffentlich tun.»

Was kann sich Murat Yakin also noch schlimmer vorstellen? Er kramt für eine Antwort in seinem Erfahrungsschatz und erinnert sich an ein Praktikum beim FC Barcelona im Jahr 2010: «Es war Januar und Meisterschafts-Heimspiel. Sie haben die sechs Pokale, die sie in einer Saison gewonnen haben, am Mittelkreis aufgestellt. Pep Guardiola stand immer in der Kritik, sobald seine Mannschaft nicht 70 Prozent Ballbesitz hatte und den Gegner nicht mit mindestens 4:0 abgefertigte. Aber sie haben sechs Titel geholt. Ich weiss nicht, wo da hingeschaut wurde.»

Und was war damals die Lehre für den Trainer-Novizen Yakin?
«Dass mich nicht überrascht, was gerade passiert.» Er vermutet, den Medien könnte es vielleicht zu langweilig sein. Ganz so einfach ist es allerdings nicht.

«Ich habe genügend Selbstvertrauen», hat Murat Yakin auch noch gesagt, «und ich weiss, das es immer weiter geht.»

Georg Heitz, Sportdirektor FC Basel, rechts, referiert neben Bernhard Heusler, Praesident FC Basel, Mitte, und Trainer Murat Yakin, links, anlaesslich der Medienkonferenz zur Bilanz der ersten Saisonhaelfte des FC Basel, am Montag, 10. Dezember 2012, im S

Das FCB-Dreigestirn: Georg Heitz, Bernhard Heusler und Murat Yakin (von rechts). (Bild: Keystone/PATRICK STRAUB)

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